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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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und hätte das allerbeste Motiv auf dieser Welt. Dann würden sie sie nie wieder in Ruhe lassen. Möglichkeit Nummer eins schien ihr der bessere Weg zu sein. Auch deshalb, weil so niemand herausfinden würde, dass sie Prozac nahm. Oder warum. Sonst würde alles wieder von vorne beginnen.
    Sie sah McCallum nach, wie er ins Auto stieg, wegfuhr und nach weniger als fünfzig Yards vom Nichts verschluckt wurde.
    Der Nebel war wieder da. Er war so dicht wie in ihrem Traum. Er kam vom Meer, das nur gute zweihundert Yards von Minas Haus entfernt war. Der Nebel war weiß und dicht wie Watte und schluckte jedes Geräusch. Die Schreie der Möwen klangen, als seien die Vögel mit Mina zusammen in einem engen, kleinen Raum. Die ganze Welt schien verschluckt. Nur noch dieser enge, kleine Raum existierte. Ihr Haus und fünfzig Yards um das Haus herum. Dahinter: nichts.
    Eine große Krähe landete auf dem Hausdach gegenüber. Mina rannte ins Haus zurück und warf die Tür zu.

BERLIN, NOVEMBER 1948

    »Wenigstens hast du heute mal nicht geweint«, sagte er. »Verstehst du eigentlich, was ich sage? Du verstehst mich nicht richtig, stimmt’s?«
    Sie schwieg und zog sich den Strumpfhalter zurecht. Schob den Rock über ihre Hüften, strich ihn glatt.
    »Das mag ich an dir. Du stellst keine Fragen, du zierst dich nicht, du gehorchst und machst keine Probleme. So hab ich das gerne.«
    Sie ordnete ihr Haar, ohne sich sehen zu können. Es gab keinen Spiegel in seinem Raum. Nur einen Schreibtisch und Stühle und Schränke und das Sofa.
    »Gehorchen könnt ihr ja gut.« Er zündete sich eine Zigarette an.
    Sie machte einen Knicks, wie er es ihr gezeigt hatte, und ging.

8.
    St. Andrews war kein Ort, an dem man sich verstecken konnte. Dazu war es viel zu klein. Im Wesentlichen bestand es aus drei Straßen, in denen die meisten Geschäfte und Pubs, das Kino und zentrale studentische Einrichtungen angesiedelt waren: South Street, Market Street und North Street. Sie verliefen parallel zueinander und waren durch enge Seitenstraßen und winzige Gässchen miteinander verbunden. Im Osten endeten sie an den Ruinen der einstigen Kathedrale und dem Friedhof. Westlich und südlich lagen die moderneren Wohngebiete. Modern konnte in St. Andrews allerdings durchaus noch viktorianisch bedeuten.
    Direkt an der Nordseesteilküste, parallel zu diesen drei Straßen, war The Scores. Dort war in beeindruckend verwinkelten alten Anwesen die Mehrzahl der geisteswissenschaftlichen Institute untergebracht. In einigen Häusern wohnten auch Privatleute. Filmstars, munkelte man. Popstars. Amerikanische Ölmilliardäre. Cedric wusste nicht, ob das stimmte. Er wusste nur, dass die Besitzer sehr reich sein mussten. The Scores wurde eingerahmt von dem Castle im Osten und dem Golfplatz im Westen. In dessen Nachbarschaft hatten sich unzählige Bed and Breakfasts und Hotels angesiedelt. Schon während der Hauptsaison kostete eine Übernachtung dort Unsummen, während der Golfturniere jedoch wurde dieser Teil von St. Andrews zu einer wahren Goldgrube.
    Der Royal and Ancient Golf Club, zu dessen Clubhaus Frauen keinen Zugang hatten, entschied über die Golfregeln in der ganzen Welt (die   USA   bildeten lange Zeit eine Ausnahme, mittlerweile sprach sich aber auch die United States Golf Association mit dem R & A ab). Der Old Course war der älteste Golfplatz der Welt. Man redete sich gerne ein, er sei durch seine Lage an der Nordsee auch der schönste. In jedem Fall war es der begehrteste. Hier hatten sich schon Staatspräsidenten (amerikanische) in die Hose gemacht. Vor Angst, den Ball zu verschlagen.
    St. Andrews hatte noch weitere Superlative zu bieten. Dazu gehörte die älteste und prestigeträchtigste Universität Schottlands, die Pubs bestanden darauf, zu den besten des Landes zu gehören, oder wenigstens die besten Biere der Welt auszuschenken, und viele der kleinen Geschäfte im Zentrum warben damit, die besten Was-auch-immer-Einzelhändler zu sein. Superlative waren wichtig. Cedric, der hier seit fünf Jahren lebte, fand heute einen neuen Superlativ: St. Andrews war der öffentlichste Ort auf den britischen Inseln.
    Er hatte sich bisher wohlgefühlt. Die Überschaubarkeit, die Berechenbarkeit des Lebens in einer Kleinstadt mit zehntausend Einwohnern und siebentausend Studenten hatte ihm Sicherheit gegeben. Nur, dass jetzt nach dem Mord alles anders war.
    St. Andrews war kein Ort, an dem man sich verstecken konnte. In St. Andrews kam alles irgendwann ans Licht. In

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