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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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blieb bei seiner Aussage, dass Sandra Robertson ihn quicklebendig verlassen hatte. Und Isobel wollte alles richtig machen. Selten genug, dass Brady ihre Leine so lang ließ. Das musste sie ausnutzen, denn sie wollte nicht ewig Sergeant bleiben. Und ewig in Fife bleiben wollte sie auch nicht. Fife war nicht London, dachte sie nicht zum ersten Mal und träumte fünf Sekunden lang ihren Kindheitstraum von Scotland Yard, von dem sie wusste, dass er eine Seifenblase war.
    Sie blieb vor Sheldons Hotel stehen und sah durch die Scheiben in den Barbereich: nur Männer, zwar aus allen Altersklassen, aber nur aus höheren sozialen Schichten. Isobel würde einen Kredit aufnehmen müssen, um im Sheldons auch nur ein Mineralwasser trinken zu können. Bei ihrem Spaziergang waren ihr Ehepaare entgegengekommen. In den Hotelbars hatte sie noch keine gesehen. Wer um diese Zeit noch trank, war ohne nörgelnde Ehefrau unterwegs. Erschreckend, wie wahr Klischees sein konnten.
    Isobel ging weiter die North Street hinauf. Dieser Teil von St. Andrews gehörte ganz den Golfern. Es schien eine unsichtbare Grenze zu geben, wo das Golferviertel aufhörte und die Universität begann.
    Eine Gruppe von fünf Männern kam Isobel entgegen. Sie sahen so aus, als hätten sie keine Lust, für sie auf dem Gehweg Platz zu machen. Im Gegenteil, sie musterten sie mit geweiteten Augen und zuckenden Mündern. Isobel blieb stehen und sah in das Schaufenster eines Golfartikelladens, um ihnen den Rücken zuzudrehen.
    Sie hörte, wie die Männer über sie tuschelten. Aber sie waren zu höflich, zu gut erzogen, um sie anzusprechen. Isobel entspannte sich erst, als sie gute fünfzig Yards von ihr entfernt waren. Da erst fiel ihr auf, dass in dem Schaufenster etwas anders war. Nicht, dass sie sich in der Vergangenheit für die Schaufenster der Golfläden interessiert hätte, aber dies hier hatte sie wahrgenommen. Letzte Woche hatte es als Hintergrunddekoration noch ein großes Poster von einem strahlenden Matthew Barnes gehabt. Heute grinste ihr Tiger Woods entgegen, das Schlageisen in beiden Händen über der linken Schulter balancierend, so als hätte er gerade einen Ball geschlagen.
    Matthew Barnes hatte ausgedient. So schnell war es geschehen. Nächstes Jahr würde man ihn vergessen haben. Er war ein Spitzensportler gewesen, aber eben nur die Nummer zwei. Wo auch immer Matthew Barnes es hingeschafft hatte, Tiger Woods war schon vor ihm dort gewesen. Und er war nicht nur im Golf, auch in allem anderen der Bessere: hatte Frau und Kinder, war auf ganzer Linie zum Vorzeigen geboren. Tausende von Golfern versuchten, seine Technik zu imitieren. Ob Barnes eine eigene hatte, wusste sie gar nicht.
    Matthew Barnes’ Tod war schlecht für das Image der Firmen, die mit ihm Werbung gemacht hatten, denn die Presse begann gerade damit, dreckige Wäsche zu waschen und seine Affären ans Tageslicht zu zerren. Sie spekulierten über seinen Tod, weil es noch immer keine Festnahme gab, obwohl das größte Team, in dem sie je gearbeitet hatte, mit der Aufklärung beschäftigt war. Nur, dass sie nicht weiterkamen und dass Brady seine ganze Kraft darauf verwandte, auf jede Spur Mina Williams zu schreiben. Nein, Matthew Barnes würde nicht posthum Ruhm und Ehre und Unsterblichkeit erlangen. Matthew Barnes war passé.
    Vor dem Wohnhaus neben dem Golfladen stand eine Gedenktafel, die ihr zuvor noch nie aufgefallen war. Sie galt Tom Morris, einem berühmten Golfer des letzten und vorletzten Jahrhunderts, der in diesem Haus gewohnt hatte. Auch sein Sohn hatte einige wichtige Golfturniere gewonnen, und nach Tom Morris war immerhin auch eine lange, unattraktive Straße jenseits des touristischen St. Andrews benannt, eine Straße in jenem Teil der Stadt, wo graue Nachkriegsarchitektur diejenigen beherbergte, die für weniger Geld im Monat arbeiteten, als die Touristen in einer Woche ausgaben.
    Man würde niemals eine Gedenktafel vor das Haus stellen, in dem Matthew Barnes gewohnt hatte. Bestenfalls würden sie das Haus in die »Geister-und-Morde-in-St. Andrews«-Führung aufnehmen.
    Isobel ging weiter an den Pubs, Bars und Hotels der Golfer vorbei, unentschlossen, wo sie anfangen sollte. Sie hatte ein Foto von Sandra dabei und deren Visitenkarte – selbst gedruckt am heimischen Computer. Vielleicht erinnerte sich jemand an die Karte, wenn schon nicht an Sandra. Isobel versuchte, sich vorzustellen, wie das Mädchen aus Dundee die mit vergnügungswilligen Männern voll besetzten Bars

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