Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart

Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart

Titel: Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Schwartz
Vom Netzwerk:
haben sollen. Ein ganz besonderer Stamm. Jeder Mensch, der von ihnen gebissen und zum Vampir gemacht wurde, erwachte zum vollen Mond in seinem Grab. Und er hatte Durst.“
    „Halten Sie sich für einen solchen Vampir?“
    „Ganz sicher nicht.“
    „Glauben Sie, der Mörder könnte sich für ein dunkles Wesen halten?“
    Alain seufzte. „Vergessen wir doch einmal dieses leidige Mordthema. Der Abend ist zu schön für diesen Schatten.“ Er sah Amelie an. „Das Thema Ritter sagt mir da eher zu. Ein Ritter hatte seine Dame zu beschützen. Er schrieb ihr Lieder, ging auf Questen, um ihr zu imponieren. Soweit zumindest die romantische Variante, und ist sie nicht in der Tat romantisch? Ein Mann, der alles tut, um eine Frau zu beschützen. Eine Frau, die er anbetet.“ Sein Blick hielt den ihren gefangen.
    Amelie wurde schwindelig. Seine Stimme erfüllte sie. Wollte er ihr indirekt sagen, dass er sie anbetete ? Sie atmete tief ein und krampfte ihre Finger um den Becher.
    „Sie verstehen sich auf Komplimente.“
    „Ich mache nur welche, wenn ich es ernst meine.“ In seinen Augen lag ein Versprechen.
    Amelie wurde heiß. Eine Weile aß sie schweigend, weil sie nicht wusste, was sie entgegnen sollte. Lara und Stefan sprachen leise miteinander. Alain tat, als habe er nichts gesagt. Er sah über die große Tafel hinweg. Die Gäste unterhielten sich angeregt. Amelies linker Nachbar sprach mit ihr über das Leben in einem Dorf – er stammte seiner Aussage nach aus Paris und begriff nicht, wie man am Ende der Welt leben konnte, so wie Alain und Amelie.
    Immer noch spielte Pierre am Flügel. Amelie fühlte sich leicht und frei. Der schwere Rotwein stieg ihr zu Kopf, doch er war viel zu gut, um ihn nicht zu trinken. Die Kellner gossen eifrig nach.
    Als das Essen vorüber war, lauschte sie noch lange der bewegenden Musik und trank ihren Wein. Der Duft von heißem Wachs lag feierlich im Raum.
    Es dauerte, bis sie bemerkte, dass Stefan und Lara nicht mehr am Tisch saßen. Spionierten sie nun tatsächlich das Haus aus? Amelie hoffte, sie taten es nicht. Stefans Widerwille gegen Alain schmerzte sie.
    Die Musik war verstummt. Als sie sich genauer umsah, stellte sie fest, dass viele Gäste fehlten.
    „Wo sind denn alle hin?“
    Alain hielt inne – er wollte eben einen Schluck Wein nehmen. „Oh, meine Gäste kennen sich hier aus und wissen, was wo zu finden ist. Bleiben Sie lieber hier, Amelie. Das wird besser sein.“
    Forderte er sie heraus? Sie sah ihn eindringlich an. „Vielleicht will ich aber nicht hierbleiben.“
    Er zögerte. War es Verlangen, das in seinen Augen lag? „Nun ... ich kann es Ihnen gern zeigen, wenn Sie wünschen.“
    Amelie stand auf. „Warum nicht.“
    Er erhob sich anmutig. Jede seiner Bewegungen war perfekt. Wie konnte sich ein Mensch nur so präzise bewegen? Ob er viel Sport trieb? Amelie hatte schon ihre Schwierigkeiten damit, im Sommer regelmäßig zu joggen, und an den See zu fahren.
    „Kommen Sie.“ Er bot ihr seinen Arm. „Ich kenne einen Ort, der Abstand und Einblick zugleich gewährt.“
    Amelie folgte ihm mit klopfendem Herzen. War sie zu forsch gewesen? Die Neugierde machte sie leichtsinnig. Aber wie sollte eine Frau rational denken, wenn sie in diese Augen sah? In dieses alles verschlingende Graugrün. Schattig, geheimnisvoll. Ein Tor zu einer Seele. Was lag alles in dieser Seele verborgen?
    Sein Körper roch herb, aufregend. Seine Schritte waren fest. Er wusste, wohin er wollte. Einen Moment hatte Amelie Furcht, dass er doch der Mörder war. Dass er sie in einen Raum brachte, in dem er mit ihr allein war, um sie zu töten.
    Sie blinzelte benommen. Das ist nur meine Aufregung, ihm so nah zu sein. Die Angst, vor ihm nicht zu bestehen.
    Sie stiegen eine Treppe hinauf. Amelie hörte ein Murmeln und Flüstern. Stimmen aus weiter Ferne. Eine Frau stöhnte. Langsam, lang gezogen. Künstlich und lustvoll zugleich. Als würde sie nicht um ihretwillen stöhnen, sondern weil man es ihr befohlen hatte.
    Das obszöne Geräusch verunsicherte Amelie. Wollte sie es wirklich sehen? Wollte sie wirklich in diese bizarre Welt eintauchen, die so weit von ihrem Alltag entfernt lag wie der Mond? Was würde das mit ihr machen?
    Alain spürte ihr Zögern. Er blieb auf den Treppenstufen stehen. Seine Stimme war freundlich.
    „Sie sind noch sehr jung, Amelie. Kaum eine Frau. Wenn Ihnen das hier zu viel ist ...“
    Amelie sah ihn verärgert an. Kaum eine Frau? „Provozieren Sie mich nicht.“
    „Es ist mir

Weitere Kostenlose Bücher