Wenn es Nacht wird in Manhattan
nie so sehr nach einer Frau gesehnt. Trotzdem war er immer noch der Ansicht, dass sie die ganze Angelegenheit viel zu sehr auf die leichte Schulter nahm. Schließlich hatte sie sich noch nie wirklich mit ihrer schrecklichen Vergangenheit auseinandergesetzt.
“Hast du schon mal eine Therapie gemacht?”, fragte er unvermittelt.
“Du glaubst wirklich, ich brauche eine Therapie, nur weil ich dich gefragt habe, ob du mit mir schlafen willst?”, fragte sie ungläubig.
“Zum Teufel”, fuhr er sie an, “kannst du nicht einmal eine Minute ernst bleiben?”
“In den vergangenen Jahren bin ich die ganze Zeit ernst gewesen, aber es hat mich keinen Schritt weitergebracht.”
“Du brauchst Hilfe”, beharrte er.
Sie funkelte ihn an. “Ich brauche keine Hilfe. Alles, was ich brauche … ach, vergiss es. Es interessiert dich ja sowie nicht.”
“Du hast deine Vergangenheit noch nicht verarbeitet”, sagte er steif.
“Das stimmt nicht. Auch wenn du anderer Meinung bist, kann ich sehr gut mit ihr leben. Kannst du das auch?”
Wütend drehte sie sich um und stieg die Stufen empor. Das Blut rauschte ihr durch die Adern, und sie glaubte, jeden Moment zu explodieren. Es war ein Gefühl, das sie ebenso wenig kontrollieren konnte wie ihr unbefriedigtes Verlangen. Er hielt sie offenbar für unfähig, wie eine Frau zu empfinden. Sie wusste, dass sie es konnte – jedenfalls mit ihm. Aber wenn er ihr nicht glaubte, hatte es wenig Zweck, ihn davon überzeugen zu wollen.
Bevor sie die Haustür aufschloss, drehte sie sich verstohlen um. Der Motor lief, die Scheiben waren geschlossen, aber er hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Seine Miene war grimmig.
Sie winkte ihm zu und trat ins Haus. Noch nie war ihr eine so einfache Aktion so schwer gefallen. Sie wusste, dass sie ihn möglicherweise nicht wiedersah. Ironischerweise hatte sie die Wahrheit gesagt. Ihr Körper bebte vor Verlangen. Sie sehnte sich so sehr nach ihm, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Jeder andere Mann hätte sie ins Schlafzimmer geführt, noch ehe sie ihre Einladung ausgesprochen hätte. Und ausgerechnet der Mann, der ihr so viel bedeutete, machte sich zu viele Gedanken um ihre Komplexe, als dass er eine eindeutige Aufforderung akzeptiert hätte.
5. KAPITEL
C ash klopfte das Herz bis zum Hals, als er sie ins Haus gehen sah. Diese wunderbare, hinreißende Frau begehrte ihn. Aber nun war sie im Haus, und er saß hier draußen in der Kälte mit laufendem Motor. Und warum? Weil er befürchtete, dass einmal nicht genug wäre. Er hatte Angst, dass er endlich die Frau gefunden hatte, die er nie wieder verlassen wollte, und er durfte es nicht riskieren, dass ihre Liebe zu einer Obsession wurde. Nur zu gut erinnerte er sich noch daran, was seine Ex-Frau für Liebe gehalten hatte. Es hatte sein Leben zerstört.
Aber Tippy war nicht irgendeine Frau. Sie hatte selbst eine Vergangenheit, mit der sie fertig werden musste. Sie verstand ihn – besser vielleicht als irgendjemand sonst. Er erinnerte sich daran, wie Christabel Gaines ihm zugehört und ihr Mitgefühl gezeigt hatte. Er hatte sich viel davon versprochen, viel zu viel. Aber es war keine Liebe gewesen – jedenfalls nicht von ihrer Seite. Es war nur Freundschaft. Mit Tippy war es etwas ganz anderes. Sie weckte eine Leidenschaft in ihm – in seinem Körper, in seinem Herzen und in seinen Gedanken. Er hätte zu gerne gewusst, wie es wäre, sie zu besitzen. Der Wunsch war so intensiv, dass er ihm sogar physische Schmerzen bereitete.
Während er sich noch einredete, dass es besser wäre, wegzufahren, stellte er den Motor ab und öffnete die Tür. Er war so erregt, dass er nur noch an die Erfüllung seiner Begierde denken konnte. All seine Argumente schrumpften im gleichen Maße, wie sein Begehren wuchs.
Noch ehe er weiter darüber nachdenken oder Reißaus nehmen konnte, klingelte er bereits an ihrer Tür.
Sofort ertönte der Türsummer. Die Tür war nicht verschlossen. Er drückte sie auf und stieg die Treppen empor. Mit jedem Schritt pochte sein Herz stärker. Er wollte nicht an morgen denken. Nicht, solange es nicht unbedingt nötig war.
Sie wartete an der Tür auf ihn. Den Mantel hatte sie bereits abgelegt, aber das schulterfreie, weiße Samtkleid trug sie immer noch. Ihr leuchtend rotes Haar fiel in weichen Wellen über ihre sanft gerundeten Schultern. Sie atmete schnell, und in ihrem Blick lag eine Spur von Furcht, die sie nicht verbergen konnte. Ihre Haut schimmerte wie Seide.
Er
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