Wenn Frauen kochen
überlegte, einen Sari zu tragen. In der E-Mail von Porter war zwar von legerer Kleidung die Rede gewesen, aber schließlich fuhr sie nur für einen Tag in dieses Hotel - und so wurde sie schließlich Gus vorgestellt. Folglich hatte sie viel Zeit auf die Wahl eines Outfits verwandt, das ihr geeignet schien. Sie ist nicht deine Freundin, hatte Raj gesagt. Es wird ihr egal sein, was du trägst. Das, so fand Priya, war unnötig grob von ihm. Natürlich ist sie nicht meine Freundin, hatte sie geantwortet, sie kennt mich ja noch gar nicht.
Am Ende entschied sie sich für Khakihosen und eine lange Strickjacke, ähnlich der, die Gus in der letzten Folge von Esst, trinkt und genießt getragen hatte. Ihr war sofort aufgefallen, dass Gus in der Sendung einen neuen Stil ausprobierte. Und
Priya war mehr als bereit, Gus bei modischen Entscheidungen zu unterstützen.
»Bewegen wir uns ein bisschen«, willigte sie ein, aber Hannah war schon ein ganzes Stück voraus.
Carmen sah Hannah vorbeistürmen. Ihr Pferdeschwanz wippte, als sie sich durch die Gruppe der anderen Wanderer schlängelte. Ein paar Schritte hinter ihr folgte die Gewinnerin des Preisausschreibens. Die Khakihosen spannten ein bisschen über ihrem gut gepolsterten Hinterteil.
»Das ist hier kein Wettrennen!«, rief sie den beiden hinterher. Sie und Aimee stimmten wortlos überein, so wenig Energie wie möglich aufzuwenden. Sie würden auf keinen Fall auch nur einen Meter joggen.
»Hannah läuft bestimmt nach vorn, weil sie’s nicht mal ein paar Minuten ohne meine Mom aushält«, sagte Aimee. »Typisch.«
»Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin heilfroh, wenn dieses Wochenende vorüber ist«, erklärte Carmen. Alan war gestern kurz nach dem Abendessen abgereist. Sie und Oliver hatten noch lange bei einer Flasche Cabernet in der Bar zusammengesessen und über alte Zeiten geplaudert. Sie hatte vorgeschlagen, noch eine zweite Flasche zu bestellen, aber er lehnte ab und ging nach oben auf sein Zimmer. Allein.
»Wenn du weiter so starrst, brennst du Oliver noch ein Loch in den Hinterkopf«, sagte Aimee. »Sorry, es war nicht meine Entscheidung, dass wir und nicht ihr beide Partner werdet.«
»Ich habe kein Problem mit dir«, erwiderte Carmen gereizt. Dann starrte sie Aimee misstrauisch an. »Und warum beobachtest du Oliver so genau? Magst du ihn?«
»Ja«, sagte Aimee. »Er ist ein netter Kerl. Er würde gut zu jemandem passen, den ich kenne.«
»Aha!« Carmen stieß ihr in einem Anflug von Kumpanei den Ellenbogen in die Rippen, und das ziemlich fest. »Du redest doch von dir selbst«, bohrte sie. »Bist du etwa an ihm … interessiert? Er und ich kennen uns nämlich schon eine ganze Weile.«
»Nein«, sagte Aimee. »Nicht mein Typ, ehrlich.«
»Er sieht gut aus. Kocht gern. Und ist im Bett ziemlich unternehmungslustig.«
Aimee warf ihr einen irritierten Blick zu. »Danke. So genau wollte ich es gar nicht wissen.«
»Wie müsste der Mann denn sein, der dir gefällt?«
»Jemand, der weder ein Fan meiner Mutter noch in meine Schwester verknallt ist«, antwortete Aimee. »Und da das einen Großteil der männlichen New Yorker ausschließt, bin ich Single. Und im Übrigen ziemlich glücklich darüber.«
»Ja logisch«, nickte Carmen. »Glücklich steht im Wörterbuch direkt neben deinem Foto.«
»Nur zur Info. Ich bin eigentlich ein sehr netter Mensch, wenn sich jemand die Zeit nimmt, mich kennenzulernen«, erwiderte Aimee gekränkt. »Ich habe nun mal eine Menge Pflichten.«
»Dieses UN-Zeug.«
»Unter anderem. Ich arbeite im Bereich Handel und Entwicklungshilfe«, erklärte Aimee.
»Nicht schlecht«, antwortete Carmen. »Du scheinst das Genie in diesem Haufen von idiotas zu sein, die sich deine Familie schimpfen.«
»Ich spreche übrigens auch Spanisch.«
»¿Ahora sí entiendes lo que digo?«
»Ja, ich habe gehört, was du in der Küche gemurmelt hast«, sagte Aimee. »Wie hast du meine Mutter noch bezeichnet? Als eine …«
Carmen hob die Hand, um Aimee davon abzuhalten, es auszusprechen.
»Man möchte es nicht meinen, wenn man dich so sieht«, sagte Aimee, »aber fluchen tust du wie ein Matrose.«
»Was erwartest du denn?«, fragte Carmen. »Ich habe Jahre in den Ankleideräumen von Schönheitswettbewerben verbracht.«
An der Spitze der Gruppe, direkt hinter ihrem unermüdlichen Anführer Gary, marschierte Gus mit Olivers Reserve-Baseballkappe auf dem Kopf. Ihm war aufgefallen, wie sie gegen die Sonne geblinzelt hatte - Gus
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