Wenn Frauen kochen
mit einem Glamourfoto der schönen, schwarzhaarigen Miss Spanien. Sie trug eine Krone und viel zu viel Mascara. Darunter stand fett gedruckt: »Carmen Vega: Von der Schönheits- zur Geschmackskönigin.«
»Jede Wette, dass sie nicht mal kochen kann«, murmelte Gus in ihre Kaffeetasse und war kurz davor, die Zeitung angewidert zuzuschlagen. Aber dann fiel ihr eine vertraute Formulierung ins Auge, und sie las neugierig weiter.
»Stellen Sie sich vor, uns allen stände nur eine begrenzte Auswahl an Zutaten zur Verfügung«, sagte Gus Simpson, die einzigartige
und allgegenwärtige Gastgeberin, der Star des populären Kochen mit Gusto! kürzlich in einem Interview in Every Day mit Rachel Ray. »Trotzdem würden wir nicht alle das Gleiche kochen. Es geht also weniger darum, woraus das Gericht besteht, sondern vielmehr darum, was Sie daraus machen. Entscheidend ist nicht die Art der Zubereitung, sondern welche Gefühle es beim Essen weckt. Kochen bleibt ebenso wie das Leben interessant, wenn Sie es zu einer neuen Erfahrung machen.« Und die Sender, deren Einschaltquoten sinken, scheinen zu versuchen, ihr Programm mit neuen Gesichtern für die Zuschauer interessant zu halten …
Und so ging es in einer Tour um die neuen, aufregenden Nachwuchstalente beim Kochfernsehen, die durch die clevere Verwendung von Zitaten alle scheinbar von Gus Simpson gutgeheißen wurden. Wie sie das hasste! Vor mehr als einem Jahr hatte sie dieses Interview gegeben - und immer noch tauchten ihre Worte in jedem Artikel übers Essen auf.
Aber sie hatte daraus gelernt: Sage niemals etwas, ob zuckersüß oder bissig, das du nicht für den Rest deines Lebens nachgeplappert haben willst.
Gus war nah dran, die Zeitung zu zerknüllen und in den Mülleimer zu stopfen. Aber es war sowieso niemand da, um Zeuge dieses dramatischen Auftritts zu werden. Große Gesten ohne Zuschauer lohnten nicht den Aufwand, das war eines der Dinge, die Gus beim Fernsehen gelernt hatte. Stattdessen verließ sie seufzend ihren Platz an der Frühstückstheke, um sich in den weich gepolsterten Sessel vor dem Erkerfenster zu setzen. Sie musste erst Salt, ihre weiße Katze, daraus verscheuchen, die daraufhin rüber zu Pepper schlich, der schwarz und ziemlich temperamentvoll war, und sich neben ihn in die Sonne legte.
Mit der Kaffeetasse in der Hand ließ sich Gus auf dem weißen, strapazierfähigen Twill nieder (Gus hatte nämlich großes
Vertrauen in die Fähigkeit ihrer Gäste, nicht zu kleckern - und in die Kraft von Fleckenmitteln, falls es doch passierte). In ihrer großen Küche fühlte sich Gus zu Hause. Hier dachte sie über alles Wichtige nach, ob neue Rezepte oder das unendlich komplizierte Leben ihrer Töchter. Der Ohrensessel nahe der Terrassentür war schon vor langer Zeit von Aimee zum »Denkerplatz« ernannt worden. Er stand so, dass man die Terrasse und die Farbenpracht des traumhaft schönen Gartens sah - sobald der Frühling kam und der Schneematsch des Westchester Winters verschwunden war. Gleichzeitig hatte sie ihre Küche im Blick. Von diesem Sessel aus sah sie den Raum mit den »Augen des Zuschauers«, weil die Kamera genau diese Perspektive einfing.
Sie hatte eine Traumküche mit einem dunkelblauen AGA-Herd, einem marmorbeschichteten Backbereich, Granitarbeitsplatten, einem tiefen, unterteilten Ausgussbecken, einer eklektischen Zusammenstellung von Geschirrschränken, die wirkten, als wären sie nach und nach hinzugekommen (vorausgesetzt, dass sämtliche Flohmärkte und Antiquitätenläden auf wundersame Weise Holzmöbel mit den gleichen Kugelfüßen und Abschlussleisten anboten) und einer Reihe von Kühl- und Gefrierschränken entlang der Wand. Und die Krönung? Eine riesige rechteckige Insel mit einem 8-Platten-Kochfeld und erhöhtem Spritzschutz, ausreichend Arbeitsfläche und einer Frühstückstheke an der Seite (natürlich nicht direkt vor dem Kochfeld, damit sie nicht beim Filmen störte). Diese Insel war für die Zuschauer der vertrauteste Teil ihrer Küche.
Was für eine hervorragende Idee es doch gewesen war, bei ihr zu Hause zu drehen, als sie 1999 Kochen mit Gusto! , ihre dritte Sendereihe im CookingChannel startete. Keine langen Wege mehr ins Studio, und, was noch wichtiger war, sie konnte die Renovierungskosten abschreiben. Gus war trotz ihres
Erfolgs jemand, der mit Begeisterung ein bisschen Geld beiseitelegte. Für schlechte Zeiten. Für später irgendwann. Was immer in weiter Ferne zu liegen schien, da sie doch noch jung war. Ein
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