Wenn Frauen kochen
Kreativität ihrer Tochter.
»Als gute Gastgeberin muss man jedem das Gefühl geben, mitgewirkt zu haben«, verriet sie ihm später unter vier Augen.
Mr Holt, ein geschiedener Familienvater, hatte nachdenklich genickt. »Sie sind genau die Art Mensch, die ich suche.« Und als sie mit dem Kuchen fast fertig waren, hatte Gus Simpson - die unbekannte Inhaberin eines Bistros, die nie ein Kochbuch veröffentlicht hatte - das Angebot erhalten, ein paar Sendungen auf dem aufstrebenden Kabelkanal zu moderieren.
Sabrinas Arrangement hatte sich am Ende wirklich als Karma-Design erwiesen.
Et voilà! Ein paar Jahre beim CookingChannel - und plötzlich wurde sie von heute auf morgen berühmt. So ist es nun mal mit »Überraschungs«-Erfolgen: Sie erfordern viel Vorbereitung.
Und nun im Jahr 2006 war sie der Star des Kochfernsehens, während The Luncheonette schon vor langer Zeit verkauft worden war. Sie lebte in einem atemberaubend schönen Herrenhaus in Rye, New York, in genau der Art von Haus, die Christopher so geliebt hatte: Dreigeschossig, weiß mit dunklen Fensterläden, einem großen Esszimmer links vom Eingangsbereich, einem Wintergarten, einem kleinen Salon, den Gus zu ihrem privaten Arbeitszimmer umfunktioniert hatte, einer holzgetäfelten Bibliothek, einem Frühstückszimmer mit großen Fenstern und einem gemütlichen Wohnzimmer neben der Küche. Außerdem war es geräumig genug für die Kamerateams.
Vor der Küche erstreckte sich eine breite Terrasse. Dahinter lag der saftig grüne, von Blumenrabatten gesäumte Rasen. Die Krönung jedoch bildete ein künstlich angelegter Teich mit einem kleinen Wasserfall, dessen beruhigendes Plätschern Gus hören konnte, wenn sie bei den Rosenbüschen stand.
Für eine alleinstehende Frau besaß das Haus viel zu viele Schlafzimmer. Als sie es kaufte, gingen ihre Töchter schon fast aufs College, und das Haus hatte für heutige Ansprüche zu wenig Badezimmer - das alles hatte Gus jedoch nicht vom Kauf abgehalten. Die oberen Etagen hatte sie schon längst modernisieren wollen. Aber dazu war sie immer zu beschäftigt gewesen.
Das Haus war der sichtbare Beweis ihres beruflichen Erfolgs. Es gefiel ihr nicht nur, weil es so prächtig, sondern auch, weil es nicht perfekt war. Dieses Haus hatte seine Geschichte, und die hatte hier und da auch ihre Spuren hinterlassen.
Als Gus das Haus kaufte, moderierte sie bereits Kochen mit Gusto! Es war ihre dritte Reihe für den Sender, und die mit den höchsten Einschaltquoten. Jede Woche begrüßte Gus einen Spitzenkoch in ihrer Küche (die während der Laufzeit zweimal
renoviert wurde). Sie und ihr Gast tranken guten Wein, plauderten angeregt und bereiteten ein köstliches Essen zu. Nebenbei wurden Anekdoten aus der Welt der Restaurantküchen erzählt. Und Gus gab ihr Bestes, um den Zuschauern den Eindruck zu vermitteln, jeder könnte diese leckeren Gerichte problemlos nachkochen.
Gus Simpson war immer eine gute Köchin gewesen, obwohl sie nie eine Ausbildung gemacht hatte. Ihr Hauptfach am Wellesley College war Fotografie gewesen. Sie hatte ein Auge für Arrangements und eine Idee, die sie mit The Luncheonette in die Tat umsetzte. Ihre eigentliche Gabe jedoch - und es war eine Gabe - hatte schon immer darin bestanden, etwas zu einem Erlebnis zu machen. Sie war die perfekte Gastgeberin. Gus sorgte dafür, dass sich ihre Gäste im Mittelpunkt fühlten - selbst, wenn sie auf der anderen Seite des Fernsehbildschirms saßen. Mit ihrer Lebensfreude sorgte sie dafür, dass jeder Bissen erfrischend aussah und schmeckte. Gus’ Hauptprodukt war Gus, und sie verstand es, sich zu verkaufen: Sie war Mutter, Tochter, beste Freundin, Stimmungskanone. Und obendrein war sie noch attraktiv. Aber nicht so perfekt, dass es sie wieder unsympathisch gemacht hätte. Aber sie war unbestreitbar hübsch, mit braunen Augen und einem offenen, herzlichen Lächeln.
Gus Simpson war sehenswert. Ihre Zuschauer - und Produzenten - liebten sie.
Ihre Freunde, ihre Töchter, ihre Kollegen: Alle wollten mit Gus zusammen sein. Und Gus war entzückt von der Idee, sich um alle zu kümmern.
Aber jetzt fühlte es sich an, als würde der Zauber verfliegen.
Na gut, sie wollte keine Party für sich organisieren. Aber wer behauptete eigentlich, dass sie eine geben musste? Gus ging in der Küche auf und ab und hakte im Geiste eine Liste
von Leuten ab, die alle enttäuscht sein würden, wenn sie nicht feierte. Mit jedem Schritt wurde sie frustrierter. Schließlich waren alle
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