Wenn Frauen kochen
bisschen naiv?«
»Ich weiß, dass Carmen scharf ist auf meinen Job«, erwiderte Gus. »Und doch denke ich manchmal, ich sollte ihr helfen.«
»Nur weil sie eine Frau ist, bedeutet das nicht automatisch, dass sie auch deine Freundin ist. Vielleicht wart ihr in den Siebzigern alle so damit beschäftigt, diese Hausfrauensache zu überwinden, dass ihr das übersehen habt.«
»Aber ich glaube an Mentoring«, erwiderte Gus mit ernster Stimme.
»Gut«, stimmte Hannah zu, »dann such dir ein kleines Mädchen, das deine Hilfe braucht. Aber spiel nicht die verständnisvolle Freundin von einer, die dir auf der Nase herumtanzt.
Das ist eine falsche Vorstellung davon, jemandem zu helfen.«
»Sie ist kaum älter als Aimee«, sagte Gus leise.
»Selig sind die bösen Mädchen, denn sie werden die Erde beherrschen«, erwiderte Hannah. »Aber ich warne dich: Hinterher ist es immer zu spät.«
»Das hier kann man doch überhaupt nicht mit dem vergleichen, was du durchgemacht hast.«
»Ja, aber wenn ich mein Recht lauter eingefordert hätte, stärker oder einfach nur schlauer gewesen wäre, dann würde ich jetzt nicht vor dem Schaufenster des Lebens stehen und mir die Nase plattdrücken«, entgegnete Hannah. »Besser gesagt, mich vor dem Leben verstecken. Du kannst es dir nicht leisten, wegen einer Rivalin ein schlechtes Gewissen zu haben. Vor allem, wenn sie dir keinen Grund gibt, ihr zu vertrauen. Ich habe über diesen Typ von Kollegen schon geschrieben«, fügte sie hinzu. Schließlich wusste sie, dass sich Gus sehr wohl darüber im Klaren war, dass Hannah im Grunde noch nie irgendwo außerhalb ihres Homeoffices gearbeitet hatte.
»Vielleicht sollte ich großzügiger sein und dem CookingChannel mehr vertrauen«, sagte Gus.
»Oh Gus«, flehte Hannah. »Diese Frau wurde hopplahopp erst neben dich vor die Kamera gestellt, und jetzt teilst du schon deine Sendung mit ihr. Deine Sendung. Du hast Jahre dafür gearbeitet, eine Fangemeinde aufgebaut und jetzt setzt sich Carmen Vega ins gemachte Nest. Das ist nicht fair. Das sollte dich wütend machen!«
Gus zögerte. »Nein«, sagte sie dann zögernd. »Ich werde nicht gerne wütend.«
»Doch! Zieh Kraft aus deiner Frustration. Richte deine Wut nach außen, nicht nach innen.« Hannah stand auf. »Hör
mir zu: Ich weiß, wie es ist, wütend auf sich selbst zu sein. Und es ist kein bisschen hilfreich. Sei clever.«
»Und das heißt …«
»Sei professionell. Du musst in diesem Match in Führung gehen. Und wenn du Aufschlag hast, dann schlag den Ball hart. Verdammt hart.«
Als sich das Trio Oliver, Carmen und Gus wenige Tage später auf dem Wochenmarkt am Union Square traf, war der Himmel leicht bewölkt. Schweigend mischten sie sich unter den Pulk Gourmet-Yuppies, die auf der Jagd nach Bio-Tomaten, und New Yorker Studenten, die auf der Suche nach preisgünstigem waren - egal was. Direkt neben dem Park - der eigentlich nur aus ein paar Bäumen und Bänken bestand -, zwischen Broadway und Park Avenue South, waren auf einem langen Betonstreifen Stände aufgebaut. Gelegentlich hörte man das Rumpeln der U-Bahn, die in die unterirdische Station einfuhr, und ein steter Strom Menschen bewegte sich die Treppe hinauf und hinunter.
Gus holte tief Luft, sog den wunderbaren Duft frischer Kräuter ein, ließ den Blick über die Stände mit roten und gelben Tulpen schweifen und betrachtete die Tische, auf denen sich Lauch, Spargel, Sauerampfer, Schnittlauch und Pilze türmten. Ein Stück weiter weg entdeckte sie knackigen Frühlingssalat, Rucola, Spinat und Lollo Rosso, mit den krausen roten Blatträndern und leuchtend grünen Rippen. Gus hätte am liebsten gleich ein paar Babykarotten geknabbert. Sie stellte sich vor, sie kurz zu blanchieren und dann mit einem Klecks Butter und Petersilie zu verfeinern. Lecker!
Am liebsten hätte sie sich unters Volk gemischt, wäre herumspaziert und hätte in der Vorstellung geschwelgt, wie sie eine frische Frühlingssuppe zusammenstellte, und dann bei einer Tasse Tee dem Treiben auf dem Gemüsemarkt zugesehen.
Oliver hatte sich vorbereitet und brachte Baumwolltragetaschen mit, in denen sie ihre kostbaren Waren transportieren konnten. Er gab Gus und Carmen jeweils eine.
»Jeder bekommt die gleiche«, sagte er fröhlich.
Gus merkte, dass viele der Marktbesucher an diesem Samstagmorgen zweimal hinguckten, wenn sie das Trio sahen. Sie hatte sich schon vor langer Zeit daran gewöhnt, dass sie eine Person des öffentlichen Lebens war. Manchmal kam ihr
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