Wenn Frauen kochen
Porters Plan des »einander besser Kennenlernens«.
»Ich ziehe sowieso eher traditionelle Speisen vor«, fügte sie hinzu. Dann ging sie zu dem Tisch, nahm einen Kopfsalat und wog ihn in der Hand.
»Oliver«, sagte sie in scharfem Ton, weil ihr plötzlich eine Bemerkung wieder einfiel, die Carmen vorhin gemacht hatte. »Was meinte Carmen damit, dass du weißt, wie vergesslich sie ist?«
»Wir waren zusammen auf der Kochschule«, antwortete er vage und mied Gus’ Blick, indem er sich fasziniert mit den Salatköpfen auf der Auslage beschäftigte. Er war kein Dummkopf und wusste sehr wohl, dass seine neue Chefin es nicht gerade schätzen würde, dass er mal was mit Carmen gehabt hatte. »Aber es ist nicht so, als wären wir gute Freunde.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass ihr beide im gleichen Alter seid«, erwiderte Gus.
»Sind wir auch nicht. Ich bin sehr viel jünger«, sagte er und zwinkerte ihr zu. »Nein, es ist bereits meine zweite Karriere.«
»Carmens auch, rein technisch gesehen.«
Oliver nickte. »Ich war an der Wall Street. Du weißt schon, einer von diesen Investmenttypen.«
»Und das war nichts?«
»Ich war gut in meinem Job«, gestand er. »Aber es war nicht das Richtige für mich.« Das Letzte, worüber er reden wollte, war seine Vergangenheit.
»Welcher Foodtrend gefällt dir am besten«, wechselte er deshalb das Thema.
»Jetzt erzähl mir bitte nicht, du bist einer von denen! Ich hasse Foodtrends«, erwiderte Gus betont freundlich. »Topinambur, Granatapfel, Meyer-Zitronen, Feigen, Espuma - jedes Jahr überschwemmt irgendetwas Neues die Feinschmeckerwelt, wird leidenschaftlich gern gegessen und dann wieder fallengelassen. Unsere Gaumen danken uns das sicher nicht.«
»Ich liebe Meyer-Zitronen«, beharrte Oliver.
»Ich auch«, versicherte Gus. »Aber ich weigere mich, ein Sklave der Nahrungsmittelmoden zu werden.«
»Und was ist dann dein Motto?«
»Frisch. Alles muss frisch sein«, antwortete Gus und ihre Augen begannen zu funkeln. Sie hob eine Artischocke auf Augenhöhe. »Was könnten wir hiermit anfangen?«
»Artischockenherzen mit frischer Pasta, Sahnesauce und einer Prise Muskatnuss«, schlug er vor. »Oder in einer Kräutertarte mit Fontina-Raspeln.«
»Klingt köstlich. Und jetzt die entscheidende Frage: Liebst du das Essen oder das Kochen?«
Der große Mann mit der Baseballkappe sah die schlanke Frau in der hellblauen Strickjacke fest an und dachte lange nach.
»Das ist eine sehr ernste Frage, Gus Simpson«, sagte er schließlich und betonte dabei jedes Wort.
»Allerdings, Oliver Cooper.«
»Ich liebe das Essen«, antwortete er dann. »Ich koche unheimlich gern, aber mein Herz gehört dem Essen.«
»Wenn das so ist, dann sollten wir beide gute Freunde werden«, sagte Gus. »Ich vermute jedoch, dass eine bestimmte Person mehr daran interessiert ist, ihr Können zur Schau zu stellen.«
»Carmen genießt es sicher, im Rampenlicht zu stehen, das würde ich nicht bestreiten. Aber ich denke nicht, dass sie eine reine Selbstdarstellerin ist.«
»Dann einigen wir uns also darauf, dass wir unterschiedlicher Meinung sind«, erklärte Gus freundlich. »Aber ich nehme dir deine Freundschaft mit Carmen nicht übel. Ganz und gar nicht.« Sie lächelte. »Lass uns über Treibhaustomaten sprechen: Notwendigkeit oder Verbrechen gegen den Geschmack?«
»Beides.«
»Richtige Antwort.« Gus begann ihre Baumwolltasche zu füllen, und als sie merkte, wie schwer die wurde, reichte sie einen Teil der Waren an Oliver weiter. »Ich könnte das selbst tragen, aber ich möchte, dass du dich nützlich fühlst.«
»Natürlich«, sagte er. »Es ist mir ein Vergnügen, dir nützlich zu sein, Gus.«
Zu sagen, man stehe jederzeit zur Verfügung, ist das eine, dachte Carmen. Es aber auch so zu meinen, ist etwas ganz anderes. Sie musste feststellen, dass Alan sehr fordernd war.
Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst - du könntest es nämlich bekommen -, dieses amerikanische Sprichwort erwies sich leider als wahr. Am Vorabend hatte sie Oliver angerufen, um sich bei ihm zu beklagen.
»Du musst mich vor Gus beschützen«, hatte sie ihn angefleht. »Diese Frau hasst mich.«
Carmen hatte kein Problem damit, dass Menschen einen guten Eindruck machen wollten, aber diese Frau war so förmlich und abgehoben: Sie warf sich in Schale, um einkaufen zu gehen. Als wolle sie sich distanzieren. Den kleinen, entscheidenden Unterschied betonen.
Im Fernsehen zu sein, lief nicht ganz so wie geplant. Wer will
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