Wenn Frauen Männer buchen: Roman (German Edition)
Samantha schwanger wurde, wären sie beide damit einverstanden. Hans wurde nicht jünger, und sie auch nicht. Wann sollten sie es in Angriff nehmen, wenn nicht jetzt? Die ganzen Umstände waren ideal. Hans hatte von seinen Eltern so viel Geld geerbt, dass er bequem bis ans Ende seiner Tage sehr luxuriös davon leben konnte. Außer Golf spielen hatte er nichts zu tun. Er würde sich wunderbar um das Kind kümmern können, während Samantha weiter an ihrer Karriere stricken konnte.
Doch seit einiger Zeit war die stillschweigend in Angriff genommene Familienplanung offenbar ins Stocken geraten. Man konnte den Zustand ihrer Beziehung im Prinzip mit wenigen Worten beschreiben: Golf ja, Sex nein.
Mit einiger Verbitterung gestand Samantha sich ein, dass ihre Beziehung zu etwas mutiert war, von dem sie bisher geglaubt hatte, dass es nur zwischen älteren Leuten üblich war. Zwischen sehr viel älteren Leuten, wohlgemerkt. Leute, die zudem fünfzig Jahre oder länger zusammen waren.
Dabei sind wir nicht mal verheiratet, dachte Samantha niedergeschlagen.
Nicht, dass sie Wert darauf gelegt hätte. Ein Reinfall reichte ihr völlig. Ihre Ehe hatte nur knappe zwei Jahre gedauert, und die Scheidung lag schon fünf Jahre zurück, aber diese Geschichte war ein Kapitel in ihrem Leben, das sie nicht unbedingt wiederholen wollte. Sie hatte ihrenMädchennamen wieder angenommen, den Ring weggeworfen und auch den ganzen Rest so schnell wie möglich vergessen.
Hans hatte ebenfalls Federn gelassen. Er hatte vor zehn Jahren einen ziemlich harten, sehr unerfreulichen Scheidungskrieg hinter sich gebracht und schien nicht sonderlich erpicht auf neues Eheglück. Wozu auch, wenn doch alles ohne Trauschein hervorragend zwischen ihnen klappte? Zumindest das erste Jahr über war es so gewesen. Dann hatte es im Laufe der letzten paar Monate schleichend, aber unübersehbar nachgelassen – jedenfalls, was den erotischen Aspekt betraf.
Fand Hans sie körperlich nicht mehr anziehend? Gut, sie hatte im Laufe der beiden Jahre, die sie jetzt zusammenlebten, vielleicht drei oder vier Kilo zugenommen, aber Hans betonte regelmäßig, dass er jedes einzelne Pfund an ihr vergöttere.
Wurde er vielleicht allmählich zu alt? Nein, unmöglich, entschied Samantha sofort. Er war erst einundvierzig. Die meisten Männer drehten in diesem Alter richtig auf. Sie gingen ins Bräunungsstudio und ins Fitnesscenter, kauften sich ein Motorrad und legten sich eine junge Geliebte zu. Einundvierzig war mit Sicherheit kein Alter. Jedenfalls keins, um in plötzliche Abstinenz zu verfallen.
Hans war dank zahlreicher Stunden auf dem Golfcourt auch ohne Sonnenbank und Fitnesscenter braun gebrannt und in jeder Hinsicht topfit. Genauer gesagt, in fast jeder …
Ein hässlicher Gedanke schoss Samantha durch den Kopf: Vielleicht bin ich selbst zu alt!
Bis jetzt war sie sich eigentlich noch nie allzu alt vorgekommen, aber wer war sie, das zu beurteilen? Schließlich war sie kein Mann, nicht wahr?
Zwischen Ärger und Unsicherheit schwankend, boxte Samantha sich ihr Kopfkissen zurecht.
Unwillkürlich musste sie an das zierliche, brünette Püppchen denken, das wie eine Napfschnecke an diesem Don Juan namens Eddie geklebt hatte. Wie alt mochte die Kleine wohl sein? Neunzehn? Zwanzig? Viel älter bestimmt nicht. Für Männer in mittleren Jahren sicher ein magisches Alter. Eine einzige, wandelnde Versuchung, sich auf diesem Wege ein Stück der eigenen, verlorenen Jugend zurückzuholen.
Eine Frau von fast zweiunddreißig Jahren musste da im direkten Vergleich natürlich wie eine Matrone wirken.
Das war Samanthas letzter düsterer Gedanke, bevor sie einschlief.
*
»Du machst ja Sachen«, sagte Samantha besorgt. Sie stand neben Onkel Herberts Krankenbett und hielt seine Hand.
»Mir geht’s ausgezeichnet«, knurrte er. »Die Ärzte erzählen einen Haufen Quatsch, nichts weiter.«
»Du hattest wieder einen Infarkt, das werden sie sich wohl kaum ausgedacht haben. Was glaubst du, wieso du hier auf der Intensivstation liegst, mit all den Schläuchen und Drähten an deinem Körper?«
»Die wollen bloß ihre Betten voll kriegen«, behauptete Herbert. Sein Gesicht war blass und eingefallen nach den Aufregungen der letzten Nacht. Er war mit Brustschmerzen ins Krankenhaus gebracht worden, wo ein leichter Infarkt festgestellt worden war – der zweite innerhalb von sieben Jahren.
»Wie geht es deinem missratenen Cousin?«, wollte er wissen.
»Tante Elfriede meint, er würde sich
Weitere Kostenlose Bücher