Wenn Frauen zu sehr lieben
darauf verwandte, ihn so glücklich zu machen, dass er mich nicht noch einmal verlassen würde.
Zu dem Zeitpunkt, als er die Beziehung zu mir endgültig abbrach, war ich so gut wie am Ende. Ich konnte nicht mehr arbeiten oder mich anderweitig beschäftigen, sondern nur noch dasitzen, mich hin- und herschaukeln und weinen. Mir war, als müsste ich sterben. Ohne fremde Hilfe hätte ich es noch nicht einmal geschafft, mich von Baird fernzuhalten – so stark war mein Verlangen, alles wieder in Ordnung zu bringen. Aber ich wusste, dass ich es nicht überleben würde, mich noch einmal auf dieses Hin und Her einzulassen.
Warum Peggy sich von Baird angezogen fühlte
Peggy wusste nicht, was es heißt, geliebt zu werden, und da sie ohne Vater aufgewachsen war, wusste sie auch so gut wie nichts über Männer, zumindest nichts über herzliche, liebevolle Männer. Allerdings hatte sie schon in der Kindheit durch ihre Großmutter gelernt, was es heißt, ständig kritisiert und abgelehnt zu werden. Außerdem hatte sie gelernt, sich mit all der ihr zur Verfügung stehenden Kraft zu bemühen, die Liebe einer Mutter zu gewinnen, die ihr – aus persönlichen Gründen – weder Liebe noch Schutz geben konnte.
Zu Peggys erster Heirat kam es, weil sie sich darauf eingelassen hatte, mit einem jungen Mann zu schlafen, der sie ständig kritisierte und tadelte. Im Grunde empfand sie wenig für ihn. Sex war für sie eher der Kampf um seine Anerkennung als der Ausdruck ihrer gegenseitigen Zuneigung. Die Ehe bestand fünfzehn Jahre, und hinterher war Peggy mehr denn je von ihrer grundlegenden Wertlosigkeit überzeugt.
Ihr Bedürfnis, die feindselige Atmosphäre ihrer Kindheit wieder zu beleben und erneut um die Liebe von Menschen zu kämpfen, die ihr keine Liebe geben konnten – dieses Bedürfnis war so stark, dass ein Mann, den sie für kühl, distanziert und gleichgültig hielt, sofort ihr Interesse weckte. Hier bot sich für sie erneut die Möglichkeit, einen lieblosen Menschen in jemanden zu verwandeln, der ihr Liebe entgegenbringen würde. Die Beziehung mit Baird gab ihr nur selten Anlass zu der Hoffnung, dass sie ihn allmählich dazu bringen könnte, sie zu lieben – aber jede kleinste Andeutung in diese Richtung beflügelte sie in ihren Anstrengungen. Ihr Bedürfnis, ihn (und damit ihre Mutter und Großmutter, die er für sie ja repräsentierte) zu ändern, war so stark, dass sie die verheerenden Auswirkungen auf ihr eigenes Leben in Kauf nahm.
Eleanor: 65 Jahre alt; aufgewachsen bei einer stark besitzergreifenden geschiedenen Mutter
Meine Mutter kam mit keinem Mann aus. In einer Zeit, als kaum jemand überhaupt nur an Scheidung dachte, ließ sie sich gleich zweimal scheiden. Ich hatte eine zehn Jahre ältere Schwester, und meine Mutter sagte mehrmals zu mir: «Deine Schwester war der Liebling deines Vaters, und ich wollte schließlich auch ein Kind für mich haben.» Und genauso sah sie mich: als ihren Besitz und eine Erweiterung ihrer selbst. Sie konnte nicht akzeptieren, dass wir beide eigenständige Menschen waren.
Nach der Scheidung habe ich meinen Vater sehr vermisst. Sie ließ ihn nicht in meine Nähe, und er hatte nicht die Willenskraft, es mit ihr aufzunehmen. Niemand hätte das versucht. Ich fühlte mich immer wie eine Gefangene, aber gleichzeitig auch verantwortlich für ihr Wohlergehen. Es fiel mir sehr schwer, sie zu verlassen, obwohl ich in ihrer Gegenwart immer das Gefühl hatte, ersticken zu müssen.
Nach der Schule besuchte ich ein Wirtschafts-College in einer weit entfernten Stadt. Ich wohnte dort bei Verwandten von uns. Meine Mutter war darüber so wütend, dass sie nie mehr mit ihnen redete.
Nach dem Collegeabschluss arbeitete ich als Sekretärin im Polizeipräsidium einer größeren Stadt. Eines Tages kam ein gut aussehender uniformierter Polizeibeamter ins Büro und fragte mich, wo der Trinkwasserbrunnen sei. Ich zeigte ihm den Weg. Dann fragte er mich, ob es dort auch Becher gebe. Ich lieh ihm meine Kaffeetasse. Er wollte ein paar Aspirin nehmen. Noch heute sehe ich vor mir, wie er den Kopf zurückwarf, um die Tabletten zu schlucken. Dann meinte er: «Puh! Gestern Abend habe ich wirklich einen über den Durst getrunken.» Ich sagte gleich zu mir: ‹Wie traurig. Wahrscheinlich trinkt er zu viel, weil er einsam ist.› Er war genau das, was ich wollte – jemand, um den ich mich kümmern konnte, jemand, der mich brauchte. Ich dachte: ‹Wie gern würde ich versuchen, ihn glücklich zu
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