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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
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wütend gewesen und hätte nie wieder ein Wort mit mir gewechselt. Nach allem, was vorgefallen war, hatte ich jedenfalls nicht die Absicht, sie mir wieder entwischen zu lassen. Mit ihrem Vater habe ich mich immer sehr gut verstanden, bis zu seinem Tod. Natürlich war auch er Alkoholiker. Und meine Mutter liebte Elaine. Sie erklärte ihr immer wieder, dass ich jemanden brauche, der sich um mich kümmert, und dass Elaine dafür genau die Richtige sei.
    Lange Zeit schützte und deckte Elaine mich immer wieder – genauso, wie sie das an unserem ersten Abend getan hatte. Als sie sich schließlich selbst nach Hilfe umsah und damit aufhörte, es mir mit dem Trinken leicht zu machen, warf ich ihr vor, sie würde mich nicht mehr lieben, und brannte mit meiner zweiundzwanzigjährigen Sekretärin durch. Von da an ging es mit mir rapide bergab. Sechs Monate später besuchte ich zum ersten Mal ein A. A.-Meeting, und seitdem bin ich trocken.
    Nachdem ich ein ganzes Jahr lang nicht mehr getrunken hatte, kamen Elaine und ich wieder zusammen. Es war sehr schwer, aber wir empfanden noch immer viel Liebe füreinander. Wir sind nicht mehr dieselben Menschen, die vor zwanzig Jahren geheiratet haben. Aber wir beide mögen uns selbst und den anderen mehr, als wir es damals taten, und wir arbeiten daran, jeden Tag aufrichtig miteinander umzugehen.
    Warum sich Tom von Elaine angezogen fühlte
    Was sich zwischen Tom und Elaine abspielte, ist typisch für die erste Begegnung zwischen einem Alkoholiker und einer Co-Alkoholikerin. Er gerät in Schwierigkeiten, sie reagiert nicht mit Zurückweisung, sondern überlegt sich, wie sie ihm helfen, die Sache vertuschen und dazu beitragen kann, dass er und die anderen sich wieder wohl fühlen. Das Gefühl von Sicherheit, das sie ihm bietet, übt auf ihn eine starke Anziehungskraft aus; denn er selbst kann sein Leben nicht mehr unter Kontrolle bringen.
    Elaine korrigierte ihr Verhalten sofort, als sie durch ihre Teilnahme an Al-Anon-Meetings erkannte, dass sie Tom dazu verhalf, weiterhin krank zu bleiben, indem sie seine Sucht verheimlichte. Er reagierte darauf wie viele Abhängige, deren Partner beginnen, sich positiv zu verändern: Er rächte sich an Elaine auf höchst dramatische Weise. Da es für jeden Alkoholiker genügend Co-Alkoholiker gibt, die nur darauf warten, jemanden retten zu können, fand er schnell Ersatz – eine andere Frau, die gewillt war, ihm die Art von Hilfe und Unterstützung zu geben, die Elaine ihm zuletzt verweigert hatte. Außerdem wurde er so krank, dass ihm nur noch zwei Alternativen blieben: gesund werden zu wollen oder zu sterben. Erst als es so schlecht um ihn stand, war er bereit, sich zu ändern.
    Die Beziehung ist derzeit stabil, dank des Engagements beider in Selbsthilfegruppen – A. A. für Tom, Al-Anon für Elaine. Beide lernen zum ersten Mal in ihrem Leben, auf offene, nicht manipulative Art miteinander umzugehen.
    Charles: 65  Jahre alt; im Ruhestand lebender Ingenieur mit zwei Kindern; geschieden, wiederverheiratet, mittlerweile verwitwet
    Helen ist nun schon seit zwei Jahren tot, aber erst allmählich beginne ich, mir über alles klar zu werden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals einen Therapeuten aufsuchen würde – in meinem Alter! Aber nach ihrem Tod wurde ich derart wütend, dass es mir selbst Angst machte. Ich hatte ständig das Bedürfnis, ihr weh zu tun. Ich träumte, ich würde sie schlagen, und wachte davon auf, dass ich sie anschrie. Damals hatte ich Angst, allmählich verrückt zu werden. Schließlich nahm ich allen Mut zusammen und erzählte meinem Arzt davon. Er ist so alt und so konservativ wie ich, und als er mir erklärte, dass ich therapeutische Hilfe brauchte, sprang ich über meinen eigenen Schatten und tat, was er mir geraten hatte: Ich nahm Kontakt zu einer Sterbeklinik auf und wurde von dort an einen Therapeuten weitervermittelt, der sich darauf spezialisiert hatte, Menschen bei ihrer Trauer zu begleiten. Wir arbeiteten also an meiner Trauer, aber sie kam weiterhin als Wut in mir hoch, bis ich schließlich zu akzeptieren begann, dass ich ungeheuer wütend war, und mit Hilfe meines Therapeuten nach den Gründen dafür suchte.
    Helen war meine zweite Frau gewesen. Meine erste Frau, Janet, lebt immer noch hier in der Stadt – mit ihrem neuen Mann. Neu ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn all das passierte vor 25  Jahren. Ich war Bauingenieur für den Landkreis, als ich Helen kennenlernte. Sie arbeitete als

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