Wenn Frauen zu sehr lieben
Sekretärin in der Planungsabteilung. Ich begegnete ihr manchmal bei der Arbeit und vielleicht ein-, zweimal pro Woche beim Mittagessen in einem kleinen Café in der Innenstadt. Sie war eine wirklich hübsche Frau, immer gut gekleidet, ein bisschen schüchtern und sehr freundlich. Allein an der Art, wie sie mich ansah und dabei lächelte, konnte ich erkennen, dass sie mich mochte. Wahrscheinlich schmeichelte es mir, dass sie überhaupt Notiz von mir nahm. Ich wusste, dass sie geschieden war und ihre beiden Kinder allein aufzog. Sie tat mir deshalb in gewisser Hinsicht leid. Jedenfalls lud ich sie eines Tages zu einer Tasse Kaffee ein, und daraus entwickelte sich eine nette Unterhaltung. Ich gab ihr deutlich zu verstehen, dass ich verheiratet war, aber vermutlich ließ ich mich ein bisschen zu sehr über die Enttäuschungen und Ernüchterungen des Ehelebens aus. Ich weiß bis heute nicht, wie sie es damals geschafft hat, mich spüren zu lassen, dass ein so wundervoller Mann wie ich es einfach nicht verdiente, jemals unglücklich zu sein. Als ich das Café verließ, kam ich mir vor, als wäre ich zwei Meter groß. Ich wollte sie unbedingt wieder sehen, wollte das Gefühl wiedererleben, das sie mir vermittelt hatte:
anerkannt
zu werden. Vielleicht lag es ja nur daran, dass sie allein war und gern einen Mann in ihrem Leben gehabt hätte, aber nach unserer kleinen Unterhaltung fühlte ich mich jedenfalls groß und stark.
Trotzdem hatte ich keinerlei Absicht, mich auf eine Affäre einzulassen. So etwas hatte ich noch nie getan. Als ich aus dem Krieg zurückgekehrt war, gründete ich mit der Frau, die auf mich gewartet hatte, eine Familie. Janet und ich waren sicher nicht besonders glücklich miteinander, aber auch nicht besonders unglücklich. Ich hatte nie daran gedacht, sie jemals zu betrügen.
Helen war schon zweimal verheiratet gewesen und hatte in jeder Ehe sehr viel durchmachen müssen. Beide Männer waren ihr davongelaufen, und von jedem hatte sie ein Kind. Sie musste ihre Kinder allein großziehen, ohne jegliche Unterstützung.
Wir hätten nichts Schlimmeres tun können, als uns auf diese Affäre einzulassen. Sie tat mir zwar sehr leid, aber ich wusste auch, dass ich ihr nichts zu bieten hatte. Zur damaligen Zeit konnte man sich nicht einfach scheiden lassen, bloß weil man es wollte. Ich verdiente mit Sicherheit nicht genug Geld, um bei einer Scheidung erst alles zu verlieren, was ich besaß, und im Anschluss daran gleich zwei Familien zu unterhalten. Im Grunde wollte ich mich gar nicht scheiden lassen. Ich war zwar nicht mehr verrückt nach meiner Frau, aber ich liebte meine Kinder und freute mich über das, was wir miteinander aufgebaut hatten. Aber all das begann sich zu ändern, als Helen und ich uns weiterhin trafen. Keiner von uns beiden konnte Schluss machen. Helen war einsam und sagte, sie würde lieber nur ein kleines Stück von mir haben als überhaupt nichts, und ich wusste, dass sie es tatsächlich so meinte. Sobald ich mich auf Helen eingelassen hatte, gab es für mich keinen Ausweg mehr. So oder so – eine der beiden Frauen würde von mir schrecklich verletzt werden. Ziemlich bald schon fühlte ich mich wie ein ganz mieser Kerl. Beide Frauen zählten auf mich, und beide wurden von mir enttäuscht. Helen war verrückt nach mir. Sie hätte alles getan, nur um mich zu sehen. Als ich versuchte, mich von ihr zu trennen, und sie dann bei der Arbeit sah mit ihrem süßen, unendlich traurigen Gesicht – da brach es mir fast das Herz. Etwa ein Jahr später fand Janet heraus, dass wir ein Verhältnis miteinander hatten, und stellte mich vor die Entscheidung, mich von Helen zu trennen oder zu gehen. Ich fasste zwar den Vorsatz, Helen nicht mehr wiederzusehen, aber ich hielt mich nicht daran. Außerdem hatte sich zwischen Janet und mir so viel verändert, dass ich immer weniger Sinn darin sah, Helen aufzugeben.
Es ist eine lange Geschichte. Helen und ich hatten neun Jahre lang eine Affäre. Zunächst versuchte meine Frau mit allen Mitteln, mich zu halten, und später, mich dafür zu bestrafen, dass ich sie verlassen hatte. Während dieser Jahre lebten Helen und ich zeitweilig zusammen. Schließlich hatte Janet das ewige Hin und Her satt. Sie gab den Kampf auf und willigte in die Scheidung ein.
Wir alle litten schrecklich. Es tut mir heute noch weh. Damals konnte man nicht so einfach mit jemand anderem zusammenleben. Ich glaube, ich habe in dieser Zeit all meinen Stolz verloren. Ich schämte mich für
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