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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
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drogenfrei und trocken; mittlerweile verheiratet, zwei Kinder; arbeitet als Berater für jugendliche Drogenabhängige
    Wir lernten uns im Park kennen. Sie las in einer Alternativzeitung, und ich träumte nur so vor mich hin. Es muss um die Mittagszeit gewesen sein, an einem Samstag im Sommer, und es war richtig heiß und ganz still.
    Ich war 22 und hatte mein Studium nach einem Jahr abgebrochen, ließ aber alle Welt wissen, dass ich es wieder aufnehmen würde. Ich wollte nämlich die finanzielle Unterstützung meiner Eltern nicht verlieren. Sie hielten noch immer an dem Traum fest, ich würde das College abschließen und einen ordentlichen Beruf ergreifen. Nur aus diesem Grund war der Geldstrom noch nicht versiegt.
    Alana hatte mindestens vierzig Pfund Übergewicht, und gerade weil sie nicht perfekt war, bedeutete sie für mich auch keine Bedrohung: Von einer Frau wie ihr abgewiesen zu werden, hätte mir nicht allzu viel ausgemacht. Ich nahm ihre Lektüre als Vorwand, um sie in ein Gespräch zu verwickeln, und fühlte mich gleich wohl mit ihr. Sie lachte viel, und ich kam mir sehr charmant und unterhaltsam vor. Sie erzählte von Mississippi und Alabama, von Protestmärschen mit Martin Luther King, und was es für sie bedeutet hatte, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die sich für soziale Veränderungen einsetzten.
    Ich hatte mich bisher nur dafür eingesetzt, es mir selbst gut gehen zu lassen. Lieber Feste feiern als feste arbeiten – das war mein Motto, und so ungefähr sah auch mein Leben aus. Alana hingegen schien wirklich engagiert zu sein. Sie sagte, sie sei sehr gern wieder in Kalifornien. Manchmal glaube sie allerdings, sie hätte nicht das Recht, sich wohl zu fühlen, während andere Menschen in diesem Land leiden müssten.
    Wir blieben vielleicht drei Stunden im Park sitzen, einfach so, und erzählten uns immer mehr von uns selbst. Schließlich gingen wir zu dem Haus, in dem ich mit einigen anderen Leuten lebte. Wir wollten zusammen etwas Gras rauchen. Als wir ankamen, hatte Alana Hunger. Sie begann zu essen und in der Küche aufzuräumen. Ich kiffte derweil im Wohnzimmer. Ich weiß noch, dass gerade Musik lief, als sie mit einem Glas Erdnussbutter und Keksen und einem Messer hereinkam und sich ganz dicht neben mich setzte. Plötzlich fingen wir an zu lachen. Ich glaube, dass wir uns in diesem Augenblick beide als Süchtige zu erkennen gaben – so deutlich, wie wir es später nie mehr gezeigt haben. Wir suchten keine Ausflüchte. Wir waren genau so, wie wir waren, und taten genau das, was wir wollten, und wir hatten jemanden gefunden, der uns deswegen keine Vorwürfe machte. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, wussten wir, dass dies der Anfang unserer Beziehung war.
    Wir hatten auch später noch viel Spaß miteinander, aber ich glaube, wir zeigten uns nie mehr so offen voreinander, ohne diese innere Verteidigungsbereitschaft, die ja typisch für Süchtige ist. Stattdessen machten wir uns gegenseitig etwas vor.
    Wir stritten uns häufig darüber, ob ich überhaupt mit ihr schlafen könnte, wenn ich nichts geraucht hatte. Sie glaubte, sie wirke abstoßend, weil sie so fett war. Wenn ich einen durchzog, bevor wir miteinander schliefen, sah sie darin den Beweis, dass ich Sex mit ihr in nüchternem Zustand nicht aushalten würde. In Wirklichkeit brauchte ich Drogen, um überhaupt Geschlechtsverkehr haben zu können, ganz gleich mit wem. Wir hatten beide ein sehr niedriges Selbstwertgefühl. Für mich war es leicht, mich hinter ihrer Sucht zu verstecken, denn Alana konnte man ihre Probleme ansehen. Mir hingegen fehlte es an Antriebskraft. Ich lebte ziellos vor mich hin, aber das war äußerlich nicht so erkennbar wie ihre vierzig Pfund Übergewicht. Und nun stritten wir uns also darüber, ob ich sie denn wirklich lieben konnte, obwohl sie so fett war. Sie brachte mich dazu, ihr zu versichern, dass es ihr Wesen war, das zählte, und nicht ihr Aussehen, und das beruhigte sie dann immer wieder eine Zeit lang.
    Sie sagte, sie würde so viel essen, weil sie so unglücklich sei. Ich sagte, ich würde so viele Drogen nehmen, weil ich sie nicht glücklich machen könnte. Somit fanden wir ineinander die «perfekte» Ergänzung: Wir hatten beide eine Ausrede für das, was wir taten.
    Im Großen und Ganzen redeten wir uns jedoch ein, keine richtigen Probleme zu haben. Schließlich gibt es viele dicke Menschen und viele, die Drogen nehmen. Wir vermieden es deshalb auch weitgehend, uns damit auseinanderzusetzen.
    Dann

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