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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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in Melbourne einen Arzt aufzusuchen. Er ließ sich Zeit, diesem Versprechen nachzukommen, aber als er es dann tat, lautete die Diagnose Magenkrebs.
    Ich hörte zwei Wochen vor meiner Abreise nach Osttimor auf zu arbeiten und fuhr hinunter nach Yuendemu, in die Wüste westlich von Alice Springs. Ich wollte die Kleinen Schwestern Jesu besuchen, die ich in Papua-Neuguinea und in Sydney kennengelernt hatte und die unter dem Volk der Walpiri lebten.
    Eine der Schwestern in Yuendemu, eine Mathematikerin und Dichterin, arbeitete an der örtlichen Vorschule.
    »Ich weiß nicht, ob es hier genauso ist«, sagte ich, als ich mit ihr zur Arbeit ging, »aber ich frage mich, wie man der Gewalt und der Verzweifung in einigen dieser Gemeinden begegnen kann. Ich fühle mich sehr machtlos.«
    »Die Menschen sind noch viel machtloser«, erwiderte sie.
»Wir versuchen hier, Brücken der Freundschaft aufzubauen, aber was das große Ganze angeht - es ist schwierig.«
    »Einige Gemeinden haben ihre eigenen Lösungen, erfahren aber keine Unterstützung«, fuhr ich fort. »Viele der Frauen verfügen über große Fähigkeiten, haben aber nur wenig Rückhalt. Nicht einmal in einer großen Stadt wie Katherine gibt es ein Rehabilitationszentrum für Alkoholkranke. Oftmals sind es die alten Leute, welche die Familien zusammenhalten.«
    »Ja, das ist hier genauso«, stimmte sie mir zu. »Häufig ziehen die Großeltern die Kinder auf. Viele der mittleren Generation kommen von ihrer Abhängigkeit nicht los.«
    Auf dem Heimweg besuchte ich die MNs in Tennant Creek, und sie baten mich, die Nacht über bei ihnen zu bleiben. Die vor mir liegende Strecke nach Katherine war noch lang, und ich nahm das Angebot dankbar an. Ich konnte die Schwestern im Refektorium lachen und scherzen hören, während ich allein im Salon aß. Nach der Morgenmesse luden sie mich ein, mit ihnen zu frühstücken. Es war das erste Mal, seitdem ich den Orden vor siebzehn Jahren verlassen hatte, dass ich wieder mit den Schwestern aß. Eine von ihnen fragte mich: »Schwester, warum hast du uns verlassen? Selbst jetzt versuchst du, eine ähnliche Arbeit zu tun. Warum willst du nicht zurückkommen?«
    Ich erzählte ihr kurz, wie ich die Sache sah, obwohl es mir schwerfiel, es in so knappen Worten zu schildern. Ihre Antwort überraschte mich.
    »Mir ist etwas Ähnliches passiert, und das hat mich sehr aufgewühlt. Man hat mir nicht erlaubt, einen Mann aufzunehmen, der an Tuberkulose litt. Daraufhin bat ich darum,
ihm Medizin und zusätzlich Essen für zu Hause mitgeben zu dürfen, aber die Oberin sagte wieder »Nein«, und ich konnte nicht verstehen, warum. Sie sagte, ich solle für ihn beten, und meinte, ich sei nicht die Einzige, derer Gott sich bedienen könne, um ihm zu helfen.«
    Dann erzählten einige der anderen Schwestern ähnliche Geschichten. Ich war erleichtert, dass sie mir glaubten und meine Worte bestätigten, auch wenn sie sich weiterhin in der Lage sahen, im Orden zu verbleiben. Jeder findet seinen eigenen Weg auf der Suche nach dem Sinn und den für ihn besten Lebensweg. Es ist ein fortschreitender Prozess - wir können immer nur das Beste mit den zurzeit jeweils gültigen Einsichten tun.
    Ich zog wieder einmal um, diesmal von Katherine nach Osttimor, wo der Hass das Leben in einem Teil der Welt wieder unmöglich gemacht hatte. Der Drang, einander und die Welt um uns herum zu zerstören, scheint unüberwindlich zu sein. Auch unsere großen Religionen sind offenbar machtlos dagegen. Mein Leben war immer noch mehr Frage als Antwort.

13
    Ein verwüstetes Land
    »Ich bat, und das Kind starb dennoch; ich suchte, aber ich fand nicht. Mein Gott, rief ich, und es kam keine Antwort.«
    Anonymus
     
     
    Am 22. Juni 2000 landete ich mit einem Militärtransporter in Dili.
    Dili, das auf einem schmalen fachen Küstenstreifen erbaut war, lag eingezwängt zwischen dem gebirgigen Rückgrat des Landes und dem Meer. Am Flughafen wurde ich von Graham, dem Logistikbeamten von OIKOS, abgeholt, der portugiesischen Nichtregierungsorganisation, für die ich arbeiten würde. Wir fuhren an der Küstenstraße entlang, vorbei an vielen zerstörten Häusern. Am Strand spielten Kinder, sie winkten und riefen uns zu. Die majestätische Insel Atauro trieb wie ein malvenfarbenes Zirkuszelt mit Doppelspitze am Horizont, während an der Ostseite der Bucht eine Christusstatue aufs Meer hinaus Richtung Indonesien schaute. Die am Meer gelegenen Häuser der Reichen lagen in Trümmern, doch die UN und

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