Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
konnte.
Am Samstag war ich die Erste, die das Haus der Schwestern betrat, da sie mit den Frauen aus dem Heim noch alle in Darwin waren. Alles war von einem dicken, übel riechenden Schlamm überzogen. Betten und Schränke waren
umgefallen, Essen lag verfault im Gefrierschrank des Heims, und die Zäune waren niedergerissen worden. Dies alles wieder herzurichten, war eine gewaltige Aufgabe.
Stundenlang arbeitete ich daran, die wenigen Dinge, die den Schwestern gehörten, sowie die Bücher zu retten, und breitete sie dann auf den metallenen Bettgestellen zum Trocknen aus. Die Saris der Schwestern, die sie im Haus auf Leinen im Schlafsaal zurückgelassen hatten, waren nun braun vom Schlamm. Ich nahm sie zum Waschen in meine Übergangsbehausung mit und füllte deren Hof mit Wäsche und trocknenden Büchern und Papieren. Obwohl sie sich in Darwin befanden und sich nicht um das Haus kümmern konnten, hörte ich später, dass die Schwestern sich beschwert hatten, weil ich mich eingemischt hatte. Offenbar ist es mir nicht möglich, bei den MNs irgendwas richtig zu machen. Zu einer anderen Gelegenheit schaute ich nach den alten Damen in ihrem Heim und lieh ihnen meinen Pick-up, damit sie, obwohl ihr Lieferwagen kaputt war, dennoch ihr Picknick abhalten konnten. Als sie zurückkamen, erzählte mir eine der Schwestern, die Oberin sei aufgebracht, weil ich mein Mobiltelefon »ohne Erlaubnis« an der Steckdose in der Küche der alten Leute aufgeladen hatte. Ich hatte Bereitschaftsdienst bei Air Med. Bei beiden Anlässen hätte ich nur zu gern die Schwestern zur Rede gestellt, die Probleme mit mir hatten, aber meine Informantinnen baten mich, es nicht zu tun. Noch immer wurden bei den MNs unwichtige Dinge aufgebauscht und auf Umwegen Beschwerden in Umlauf gebracht, sodass sie nicht mehr direkt zurückverfolgt werden konnten. Da ich meine eigene Arbeit und selbst eine feuchte Wohnung hatte, verbrachte
ich nicht allzu viel Zeit damit, über die Beschwerden nachzugrübeln, und war froh, nicht mehr dieser Art von Gemeinschaft anzugehören. Nach der Flut waren alle zum Umfallen müde. Von den Dingen, die mir gehörten, warf ich fast alles auf den Rasen vor meiner Wohnung. Die Armee half mit Planierraupen und Mülllastern und lud alles auf. In der zweiten Woche nach der Flut war der Pegelstand des Flusses wieder auf friedliche sechs Meter zurückgegangen. Unsere Gemeinden hatten schon vor der Flut genügend Probleme gehabt, jetzt wurde alles noch schwieriger. Die Kliniken in Beswick, Mataranka und Jilkmingan waren alle von der Überschwemmung betroffen. Kezia und ich versuchten dort, die Krankenakten und Medikamente zu retten und kaputte Arzneien und Akten in Säcke zu verpacken. Gesundheitsstationen, die nicht überflutet worden waren, waren ebenfalls betroffen, da ihr ärztlicher Dienst, die Post und die Lieferungen sich verzögerten. Wir hatten jede Menge nachzuholen.
Ein Jahr nach der Flut hörte ich bei Air Med auf und fing im Wurli-Wurlingjang Aboriginal Health Service in Katherine an. Von meinem Temperament her war ich eher für den Gesundheitsdienst als für Notfälle geeignet, eine Arbeit, die ich zu stressig fand. Mir sagte die präventive und allgemeinmedizinische Seite des Arztberufs mehr zu. Dort waren wir drei Ärztinnen in der Belegschaft, alles Frauen.
Ich arbeitete mit Doreen, einer jungen Neuseeländerin, die sich intensiv mit spirituellen Fragen auseinandersetzte. Sie war Buddhistin, und wir unterhielten uns über viele Dinge, wenn wir zu den wunderschönen Wasserlöchern
und Kaskaden rund um die Katherine Gorge und die Edith Falls wanderten.
»Es kommt nicht darauf an, was du glaubst, solange es dir hilft, ein gutes Leben zu führen«, meinte Deidre, als sie mit ihrer Tochter Rosemary huckepack auf ihrem Rucksack durch den Busch streifte.
»Mir kommt es aber darauf an«, konterte ich. »Man kann nicht an etwas festhalten, nur weil es einem hilft. Man muss auch von seinem Wahrheitsgehalt überzeugt sein.«
»Woher soll man denn wissen, was wahr ist? Deine Wahrheit und meine Wahrheit sind verschieden. Aber bedeutet das, dass die eine weniger wert ist als die andere?«
»Wenn alles gleichermaßen wahr ist, bedeutet dies vielleicht, dass jeder Glaube gleichermaßen erfunden ist«, erwiderte ich. »Erfüllt nun eine persönliche Präsenz, nenne sie Gott oder wie auch immer, das Universum oder nicht? Entweder ist Gott in Jesus Fleisch geworden oder nicht. Entweder gibt es ein Leben nach dem Tod, oder wir
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