Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
Übersetzungen seiner Gedichte beruhten.
1948, zwei Jahre, nachdem Mutter den Ruf bekommen hatte, konnte sie schließlich den Loreto-Orden verlassen, um in die gefährlich brodelnde Stadt einzutauchen, die Kalkutta damals war. Mutter hatte warten müssen, während kirchliche Autoritäten ihre Entschlossenheit und die Echtheit ihrer Berufung auf den Prüfstand stellten. Schließlich wurde ihr erlaubt, das Habit der Loreto-Schwestern abzulegen und den schlichten bengalischen Sari mit der blauen Borte anzuziehen, der zum Erkennungszeichen von Mutter Teresa und ihren Missionarinnen der Nächstenliebe werden sollte. Im selben Jahr wurde sie indische Staatsangehörige, und Gandhi fiel einem Anschlag extremistischer Hindus zum Opfer. Schwester Regina berichtete, die Loreto-Schwestern hätten Mutter Teresa oft als gewöhnlich und kränklich beschrieben, aber ich fand, dass die Möglichkeit, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen, sie stark, charismatisch und unverwüstlich machte. Als sie die Freiheit bekam, konnte ihr Potenzial sich entfalten.
Nachdem Rom ihr den Dispens gewährte, machte Mutter eine sechsmonatige Ausbildung bei Krankenschwestern in Patna an den Ufern des Ganges, gute dreihundert Kilometer nordwestlich von Kalkutta. Dann kehrte sie nach Kalkutta zurück, wo sie im Slum eine Schule aufmachte.
Vater Henry, ein Jesuit, machte Mutter mit Michael Gomes, einem christlichen Laien bekannt, der ihr die freie Nutzung der Räume im obersten Stockwerk seines Hauses anbot, die nicht mehr benutzt wurden, weil seine Brüder und deren Familien während der Teilung nach Pakistan gezogen waren. Nachdem sie dort etwa sechs Monate allein gelebt hatte, schlossen sich ihr mehrere junge Frauen aus ihrer früheren Schule St. Mary’s in einem Vorort von Kalkutta an. Die Erste, die zu ihr kam, war Subashini Das, die Mutters Taufnamen Agnes erhielt.
Mutter Teresa, eine gebürtige Albanerin, sprach fließend Bengali und Hindi. Sie begann, Kranke und Sterbende, die schon von den Ratten angenagt worden waren, von der Straße zu holen, und kämpfte darum, für diese einen Platz zu finden, wo sie gepflegt werden konnten. Schließlich kam sie in einem nicht genutzten Pilgerheim unter, das dem Tempel der schwarzen hinduistischen Todesgöttin Kali angeschlossen war. Einige Männer reagierten wütend darauf, dass eine christliche Nonne einen Teil von Kalis Tempel okkupierte, und bedrohten Mutter und ihre Schwestern, aber andere traten für sie ein. »Wenn du mit deiner Frau und deinen Schwestern hierherkommst und dich um diese Leute kümmerst, dann werden wir Mutter bitten zu gehen!« Sie blieb.
Nach dem Unterricht beteten wir eine Stunde lang. Für die abendliche Anbetung stellte Schwester Regina das Heilige Sakrament oder geweihtes Brot in die Monstranz, einen goldenen Ständer, der wie die Sonne geformt und von Öllampen und Blumen umgeben war. Mutter Teresa wies oft
daraufhin, dass Jesus unser Brot wurde, hilflos und unbelebt. Wir hingegen sollten Ihn in Seiner Fügsamkeit durch unseren Gehorsam nachahmen. In der von Weihrauch geschwängerten Kapelle knieten wir uns auf unsere Matten und beteten den Rosenkranz, dessen aus Grassamen handgearbeitete Perlen klackernd durch unsere Finger liefen. Dann beteten wir etwa zwanzig Minuten lang schweigend. Das war mir die liebste Zeit.
In der zweiten Hälfte der Stunde klopfte die Oberin, die die Uhr beaufsichtigte, auf den Boden, und wir erhoben uns alle, um unser Brevier zu beten. Ehe das Heilige Sakrament wieder in das Tabernakel zurückgestellt wurde, hielt die Schwester die Monstranz hoch, während wir uns tief über den Boden beugten und mit unserer Stirn den Fußboden berührten. Nach dem abschließenden Hymnus verließen wir die Kapelle und legten unsere nummerierten Gebetsbücher ordentlich zurück aufs Regal. Um sieben Uhr abends läutete die Glocke. Wir knieten nieder, wo wir uns gerade aufhielten, und rezitierten den hundertdreißigsten Psalm für all diejenigen, die gestorben waren: »Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir …«
Beim Abendessen war nach einer kurzen frommen Lesung Sprechen erlaubt. Weitere Gebete folgten im Anschluss. Abends in der Ruhepause plauderten wir, während wir unsere Kleider flickten oder Gemüse für den nächsten Tag putzten. Sobald wir Novizinnen waren, würden wir lernen, Rosenkränze und mit Draht und Zangen die Büßerketten herzustellen.
Fünf Monate nach unserer Ankunft wurden wir Novizinnen und bekamen eine Einführung in die Praxis
Weitere Kostenlose Bücher