Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
dem Leben eines polnischen Priesters namens Maximilian Kolbe, der in einem deutschen Konzentrationslager in Auschwitz umgekommen war. Drei der Gefangenen waren geflohen, und deshalb wählten die Nazis willkürlich zehn ihrer Mitbewohner aus, um sie zu töten. Ein polnischer Feldwebel, der sterben sollte, rief: »Meine arme Frau und meine armen Kinder.« Bei diesen Worten trat Kolbe vor und meldete sich freiwillig, um an seiner statt zu sterben. Sein Angebot wurde angenommen, und der Kommandant schickte ihn zusammen mit den anderen in den Hungerblock. Der polnische Feldwebel, für den Kolbe eingesprungen war, überlebte den Krieg. Nach einigen Tagen waren die neun anderen verhungert und an Austrocknung gestorben, aber Kolbe blieb am Leben und musste mit einer tödlichen Injektion umgebracht werden. Mutter gefiel das Stück und die Thematik, dass man sein Leben für das der anderen ließ, und sie sagte, sie werde ein Exemplar mit nach Kalkutta nehmen.
Als wir uns auf unsere Abreise nach Papua-Neuguinea vorbereiteten, fragte ich Schwester Dolores, ob ich eine Malariaprophylaxe einnehmen sollte, weil meine Freundinnen Peggy und Agnes von der Highschool, die dort beheimatet waren, immer mal wieder Malariaanfälle bekommen
hatten und erzählten, dass in ihren Dörfern Leute daran gestorben seien. Schwester Dolores fand, es sei nicht nötig, meinte aber, ich solle Schwester Felicity fragen, wenn ich in Port Moresby ankam.
Während Mutter für die Profess in Australien war, fand auch die Übergabezeremonie von Corpus Christi an die Jesuiten statt, die uns Schwestern nicht leichtfiel, weil wir an den Männern hingen. Für Schwester Augustine dürfte es besonders hart gewesen sein, denn sie war seit ihrem Eintritt in die Gemeinschaft an diesem Projekt beteiligt.
Ich hatte in Melbourne geduldig für die Leute gearbeitet, welche die Gemeinschaft die »Armen im Geiste« nannte, wobei ich mir nie ganz sicher war, was dieser Begriff bedeutete, denn geistig arm waren wir schließlich alle. Ich war jedoch in den Orden eingetreten, weil ich mit den Menschen arbeiten wollte, die physisch arm waren. Damals fiel mir nicht auf, dass jemand in Australien auf die gleiche Weise in Armut lebte wie die Menschen in der Dritten Welt. Ich wollte mit meinen geringen Möglichkeiten die Kluft zwischen dem Lebensstil, den wir in Australien führten, und dem harten Leben überbrücken, dem man in anderen Teilen der Welt begegnete. Es war mir schwergefallen, Religionsunterricht zu geben und Hausbesuche zu machen, und ich hatte mich nicht ausgelastet gefühlt. Mutter sagte: »Es geht nicht darum, wie viel du tust, sondern wie viel Liebe du in die Arbeit steckst.« Nichtsdestotrotz war ich unbefriedigt. Ich wollte die Arbeit tun, die sie von Anfang an getan hatte, die Arbeit, deretwegen sie, wie ich noch immer glaubte, den Orden gegründet hatte.
Und das würde hoffentlich schon bald der Fall sein.
5
Betelnuss und Bilums
»Der weiße Mann hat zu viel Ballast.«
Anonymus
Am 27. Januar 1977 verabschiedeten sich Mutter und eine ganze Autoladung Schwestern von Margaret, Karina, Samantha und mir zum Flug von Tullamarine nach Papua-Neuguinea. In Port Moresby sollten wir auf Mutter warten, die dort in ein paar Wochen zu uns stoßen wollte, damit wir gemeinsam nach Kerema gingen. Unsere Visumbestimmungen sahen vor, dass wir bis zum 1. Februar in das Land eingereist sein mussten, was der Grund für unser vorzeitiges Eintreffen war.
Da wir über Sydney flogen, suchte ich die Berge nach einem Blick auf mein Zuhause ab und fragte mich, wann ich wohl meine Familie wiedersehen würde. Als wir am Jackson’s Airport in Port Moresby aus dem Flugzeug stiegen, schlug uns die Hitze wie aus einem Backofen entgegen. Unsere Gruppe kam als letzte durch den Zoll, und die müden Beamten winkten uns mit unseren Kisten und den mit Stricken zusammengebundenen Bettrollen durch. Aufgeregt wurden wir begrüßt, darunter auch von Schwester Felicity, mit der ich mich damals in Bourke zum ersten
Mal über mein Interesse, den Missionarinnen der Nächstenliebe beizutreten, ausgetauscht hatte, Schwester Laboni, meine Gruppenschwester, und Schwester Rosa, die mit uns das Noviziat gemacht hatte. Die kürzlich Professe gewordene Schwester Anthea war ein paar Wochen vor uns eingetroffen.
Wir zwängten uns auf die Ladefläche ihres Lastwagens, wo wir auf Holzbänken unter einem Planendach sitzend die Fahrt vom Flughafen nach Hanuabada zurücklegten, einem am Meer gelegenen
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