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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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drehten sich gleichzeitig um und sahen sie in der Tür stehen, die Füße mit Seifenschaum bedeckt, der allmählich im Teppich versickerte. Stanley erhob sich und ging auf sie zu.
    »Sie müssen Daras Mutter sein«, sagte er. »Ich bin …«
    »Der Privatdetektiv«, stellte Mrs. Flood fest, ohne die Hand zu ergreifen, die er ihr hinhielt, also ließ Stanley sie wieder sinken.
    »Ja, ich bin Stanley Flinter, und ich …«
    »Wer wurde verhaftet?«, wiederholte Mrs. Flood.
    Dara stand auf. »Ich hole dir ein Handtuch, Mam.«
    »Ich will kein Handtuch, ich will wissen, um wen es geht.« Mrs. Flood sah nicht zu Dara, sondern zu Stanley Flinter.
    Stanley schielte flüchtig zu Dara, und sie nickte, ganz unauffällig, aber er verstand. Er griff nach dem zerknitterten Zettel, der auf dem Tisch lag.
    »Um Eugene Flood«, sagte er leise, aber so deutlich, dass seine Worte nicht missverstanden werden konnten. »Er wurde im Frühjahr 2001 in Paris verhaftet. Es gab Gerüchte, dass er nach Frankreich gegangen war, nachdem er … Irland verlassen hatte. Einer meiner Brüder hat Kontakte zur französischen Polizei, und …«
    Mrs. Flood schnitt ihm das Wort ab, scharf wie ein Messer. »Wieso hat man ihn verhaftet?« Sie setzte sich, verschränkte die Arme und überkreuzte die Beine, und so verharrte sie regungslos, bis auf den oberen Fuß, der wippte
und zuckte, als würde er ein Eigenleben führen. Als gehörte er zu jemand anderem.
    Stanley legte den Zettel ab und musterte sie mitfühlend, als wäre sie eine gute Bekannte von ihm. Jemand, den er gern hatte. Er beugte sich über den Tisch, und Dara fürchtete schon, er würde ihre Mutter berühren, doch das tat er nicht. Er räusperte sich. »Bewaffneter Raubüberfall«, sagte er.
    Mrs. Flood reagierte nicht so, wie Dara es erwartet hatte. »Nein«, sagte sie. »Eugene mag vieles gewesen sein, aber gewalttätig war er nicht. Dumm meinetwegen und egoistisch zweifellos, aber gewalttätig nicht. Er hat sogar Fliegen aus dem Haus verscheucht, statt sie mit einer zusammengerollten Zeitung am Fenster zu erschlagen wie ich. Er kann unmöglich …«
    »Es war eine Spielzeugpistole.«
    Mrs. Flood starrte Stanley an. »Was soll das heißen?«
    »Er hat einen Kiosk überfallen, und zwar offenbar mit einer Spielzeugpistole. Die Angestellte hatte wohl ein schwaches Herz, denn sie ist beim Anblick der Pistole zusammengebrochen. Eugene hat sie wiederbelebt. Deshalb wurde er geschnappt. Die Angestellte hatte noch den Panikknopf gedrückt, ehe sie zusammengebrochen war, und die Polizei traf genau in dem Moment ein, als die Frau wieder zu sich kam.«
    Dara stand während dieser Enthüllung am Küchentisch, knabberte an ihren Fingernägeln und war froh, dass es Stanley war, der die Geschichte ihrer Mutter erzählte. Sie selbst hätte nicht gewusst, wo sie hätte anfangen sollen.
    »Eine Spielzeugpistole«, sagte Mrs. Flood schließlich. Es klang matt. Sie war in sich zusammengesunken wie ein Luftballon eine Woche nach dem Kindergeburtstag.
    Dara setzte sich. Sie musterte Stanley, der auf den vor ihm liegenden Zettel starrte, und dann Mrs. Flood, deren Miene undurchdringlich war. Dara hätte wohl auch so ein Gesicht gemacht, wenn sie einen solchen Mann geheiratet hätte. Einen, der gegangen war, ohne seine neue Adresse zu hinterlassen. Einen Dieb, der sich fremdes Gut aneignete. Einen Dummkopf mit einer Spielzeugpistole. Sie stellte sich vor, wie er auf dem Boden des Kiosks kauerte und der Angestellten zum Klang der lauter werdenden Sirenen beide Hände auf die Brust presste, um ihr Herz wieder zum Schlagen zu bewegen.
    »Ist sie gestorben?«, fragte sie Stanley.
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Sie wollte sogar die Anklage fallenlassen, aber es war zu spät – Mr. Flood war bereits untergetaucht.«
    »Sie sagten, er wurde auf Kaution entlassen.« Mrs. Flood sah ebenfalls zu Stanley, doch in ihrem Blick lag keine Neugier, sondern eine misstrauische Resignation.
    Stanley nickte langsam. »Ja. Die Kaution wurde von einer gewissen Isabelle Dupoint hinterlegt. Ich habe ihre Adresse herausgefunden, konnte sie aber telefonisch noch nicht erreichen. Ich arbeite daran.«
    »Isabelle Dupoint«, sagte Mrs. Flood, als wäre es der Name eines Gerichts, das sie gegessen hatte. Eines, das ihr nicht geschmeckt hatte. »Wer ist sie?«
    Stanley hüstelte verlegen. »Laut den Unterlagen der Polizei …« Er sah zu Dara, ehe er fortfuhr, und sie nickte erneut. Nach allem, was sie bisher gehört hatten,

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