Wenn ich dich gefunden habe
zwinkerte ihr schmunzelnd zu. »Es gibt Dinge, die können nicht warten.«
»Wie sieht er denn aus, Ihr Plan?«
»Ach richtig, der Plan.« Miss Pettigrew setzte sich auf den Klavierhocker und rieb sich die langen, mageren Hände. Ihre Augen blitzten auf, wie es Dara nicht mehr erlebt hatte, seit die alte Dame vor über einem Jahrzehnt in der Gratiszeitung Northside People die Annonce »Pudelwelpen zu vergeben« gesehen hatte. »Ich habe zwei Erste-Klasse-Tickets nach Paris gebucht. Für nächste Woche. Hin und retour selbstverständlich.« Sie präsentierte Dara diese Information wie ein Bankett und trat dann einen Schritt zurück, um zuzusehen, wie sie sich darüber hermachte. Dara schwieg einen Augenblick. Die Neuigkeit drang ungefähr so gemächlich in ihr Bewusstsein wie ein Gummistiefel in einem Sumpf versinkt. Sie kämpfte gegen das Versinken an.
»Moment mal«, sagte sie. »Was soll das heißen? Paris? Zwei Tickets? Wer fliegt nach Paris?«
Miss Pettigrew ließ sich auf dem gepolsterten Schemel vor dem Fauteuil nieder, in dem Dara saß, und ergriff ihre Hände. »Als deine Mutter vorhin hier war, um mir die Nägel zu machen hat sie mir erzählt, was dieser Stanley Flinter herausgefunden hat.« Sie ließ Daras Hände los und hielt ihre Finger hoch. Mrs. Flood hatte ihr eine French Manicure verpasst. Welche Ironie unter diesen Umständen! Offenbar hatte sie ihr den Namen dafür verschwiegen. Dara nickte und sagte: »Sehr schick«, und Miss Pettigrew bewunderte ihre Fingernägel noch einmal kurz, ehe sie wieder zu ihrem Plan zurückkehrte.
»Du fliegst nächste Woche nach Paris und suchst Mr. Flood.«
Tausend Fragen rangelten in Daras Kopf um den Vortritt. »Aber … Aber warum begleiten Sie mich, wo Sie doch jahrelang keinen Fuß vor die Tür gesetzt haben?« Das Einsiedlerleben der alten Dame war ein Thema, das sie nie zur Sprache brachten. Miss Pettigrew nahm es relativ gelassen; besser gesagt, sie ging gar nicht darauf ein.
»Ich doch nicht, mein liebes Mädchen«, sagte sie. »Edward würde mich fürchterlich vermissen. Nein, du fliegst mit deinem jungen Verehrer hin.« Sie zwinkerte und grinste spitzbübisch.
»Was? Welcher junge Verehrer denn?« Soweit Dara informiert war, wusste Miss Pettigrew nichts von Ian Harte, der für sein Alter zugegebenermaßen gut erhalten war, aber definitiv nicht als »junger Verehrer« bezeichnet werden konnte. Nicht einmal von Miss Pettigrew.
»Na, Stanley Flinter natürlich.« Miss Pettigrew betrachtete Dara besorgt.
Was für eine seltsame Vorstellung, dachte Dara. Sie und Stanley Flinter in Paris.
»Ist er nicht ein Goldschatz?«, platzte Miss Pettigrew heraus.
»Wie meinen Sie das?«, fragte Dara, verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel.
»Ach, Dara, du bist ein hoffnungsloser Fall.«
»Na ja, er war sehr hilfsbereit«, sagte Dara. »Er scheint das Herz am rechten Fleck zu haben.«
Das war wohl nicht das, was Miss Pettigrew hatte hören wollen.
»Wie kommt es überhaupt, dass Sie ihn kennen?«, fragte Dara verwirrt.
»Wir sind jetzt Facebook-Freunde.« Miss Pettigrew zwinkerte erneut. »Ich hab ihn gesucht und ihm erklärt, woher ich ihn kenne, und dass ich gut mit dir befreundet bin, und jetzt stupsen wir uns hin und wieder an, und am Freitagnachmittag schicken wir uns Tequilas«, berichtete sie stolz, und Dara kam nicht um hin, sie zu bewundern. Obwohl Miss Pettigrew ihr Haus seit Jahren nicht verlassen hatte, war sie stets bestens informiert und lernte ständig neue Leuten kennen, die sie sogar via Facebook anstupste, was auch immer das bedeutete. Dara hatte von Facebook gehört, aus Angst um ihre Privatsphäre aber bislang die Finger davon gelassen.
»Sie hatten übrigens recht, was Stanley angeht«, sagte sie.
»Dass er ein Goldschatz ist?«
»Nein, dass er etwas von seiner Arbeit versteht.«
»Natürlich tut er das. Schließlich hat er Spinach gefunden.«
»Richtig, das auch«, sagte Dara. »Aber ich verstehe
nicht, warum Sie mich mit ihm nach Paris schicken wollen.«
»Er ist Privatdetektiv. Falls das Subjekt … was weiß ich, beschattet werden muss oder so, dann weiß er, was zu tun ist. Er weiß bestimmt, wie man hinter einer Straßenlaterne in Deckung geht und Leute über ihr Spiegelbild im Schaufenster beobachtet und all das.«
»Aber …« Dara spürte Panik in sich aufsteigen. »Ich kann doch nicht einfach nach Paris fliegen. Das ist viel zu kurzfristig, und …«
»Papperlapapp. Kurzfristig wäre es, wenn der Flug heute
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