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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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jetzt wurde das Schweigen zur Last. Stanley empfand es wohl auch so, denn er räusperte sich. Dara hielt die Luft an. Jetzt würde er ihr verraten, warum er gekommen war. Doch er sagte nur: »Das sind die leckersten Baiserringe, die ich je gegessen habe. Außen knusprig, innen weich. Einfach perfekt. Wie machen Sie das?«
    »Das Geheimnis liegt in den zwei Ts«, sagte Dara. Sie ließ sich die Schaumzuckermasse genüsslich auf der Zunge zergehen, ehe sie weiterredete. Dieses Gefühl war der Grund, warum sie Baiserringe so liebte. Stanley wartete ebenfalls, als ginge es ihm genauso. »Temperatur und Timing.«
    Er lächelte sie an, und da bemerkte sie zum ersten Mal das Grübchen – nur eines, auf seiner rechten Wange. Es war tief, wie es sich für ein Grübchen gehörte.
    Die Küchentür schwang auf, und Dara sah hoch. Es war Angel. Stanley stand auf und trat zu ihr. »Sie müssen Angel sein.« Das Grübchen wurde noch tiefer. Dara fiel auf, wie
anders Angel aussah. Nicht zu vergleichen mit dem Foto, das sie Stanley in seinem Büro gezeigt hatte. Sie wirkte fragil. Zerbrechlich. Stanley dachte dasselbe; Dara merkte es an seinem sanften Lächeln und daran, wie vorsichtig er Angel die Hand schüttelte.
    Dara stand auf. »Angel, das ist Stanley Flinter.«
    »Ich hatte Sie mir anders vorgestellt«, sagte Angel zu Stanley.
    »Kleiner, meinen Sie.« Er grinste. »Das hör ich oft.«
    »Nein«, sagte Angel, und ihre Züge wurden weicher. Sie lächelte beinahe. »Nur anders.«
    Dara wurde von einer Welle der Dankbarkeit gegenüber Stanley erfasst. Er hatte Angel in ein Gespräch verwickelt und ihr ein Lächeln entlockt. Es war nur der Ansatz eines Lächelns, aber immerhin. Das war so viel besser als die Stille, die in letzter Zeit stets zwischen ihnen herrschte. Dara wünschte, der Augenblick möge niemals enden. Sie schob Angel einen Stuhl hin.
    »Setz dich doch zu uns«, sagte sie. »Es gibt Baiserringe.«
    Angel warf einen Blick auf den Tisch, der für zwei gedeckt war, und schüttelte den Kopf. »Ich wollte mir nur ein Glas Wasser holen.« Sie wollte ans Spülbecken treten, doch Stanley kam ihr zuvor. Er ließ das kalte Wasser etwas laufen, ehe er ein Glas füllte und es ihr reichte.
    Dara startete einen letzten Versuch. »Stanley hat etwas herausgefunden. Über Mr. Flood.« Sie sah zu Stanley, dieser nickte bedächtig.
    »Nichts Gutes, nehme ich mal an«, sagte Angel, und ihr Lächeln bekam eine harte, zynische Note.
    Stanleys Blick verdüsterte sich. »Nichts Konkretes«, räumte er ein.
    »Tja, dann will ich nicht weiter stören.« Angel drehte
sich um und ging zur Tür. Dara gewöhnte sich allmählich daran, dass sie ihre Schwester nur noch von hinten sah, beim Verlassen eines Raumes.
    Sie blickte zu Stanley. »Normalerweise ist sie nicht so«, sagte sie, weil sie das Gefühl hatte, dass eine Erklärung angebracht war. Stanley nickte. »Sie ist … zurzeit einfach nicht ganz sie selbst.« Stanley verkniff sich die Plattitüden, die sie in solchen Momenten oft zu hören bekam – Dinge wie »Das wird schon wieder« oder »Das Krankenhaus ruft bestimmt bald wieder an«. Er nickte nur lächelnd, auf seine ruhige, zurückhaltende Art, und gab Dara das Gefühl, dass er alles verstand.
    »Also«, sagte sie. »Sie wollten mir etwas erzählen.«
    Das Grübchen verschwand. Stanley fuhr sich mit der Hand über die senkrecht in die Luft stehenden Stirnfransen, versuchte, sie plattzudrücken. Vergeblich. Die Haare richteten sich wieder auf, sobald er die Hand sinken ließ. Dara hoffte, dass ihre Mutter nicht hereinkommen würde. Sie würde dieser Herausforderung nicht widerstehen können.
    Stanley griff in die Jackentasche und brachte einen zerknitterten Zettel zum Vorschein, auf dem er mit seiner ordentlichen Handschrift etwas notiert hatte. Er hielt den Blick darauf geheftet, um Dara nicht ansehen zu müssen. »Mr. Flood … Ihr Vater … wurde im Frühjahr 2001 in Paris verhaftet und auf Kaution entlassen. Danach ist er offenbar untergetaucht – noch ehe der Fall vor Gericht kam.«
    Es dauerte eine Weile, bis Dara diese Neuigkeit verdaut hatte. Unzählige Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Vor allem wollte sie wissen, wohin Mr. Flood geflohen war.
    Stanley schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Dara«, sagte er, und sie spürte, dass es ihm wirklich leidtat. »Ich weiß es nicht.«
    »Weshalb wurde er verhaftet?«
    »Wer wurde verhaftet?« Die beiden zuckten zusammen, als sie Mrs. Floods Stimme vernahmen. Sie

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