Wenn ich dich gefunden habe
beschattete Teresa Traynor (er hatte einen hübschen Schnappschuss von ihr gemacht, der sie beim Golfen zeigte und bewies, dass ihre Arme nicht bis über die Ellbogen eingegipst waren, wie sie in ihrer Klageschrift behauptet hatte) und stellte sicher, dass Isabelle Dupoint noch an der Adresse registriert war, die auf dem Kautionsantrag angegeben war. Außerdem musste er mit Sissy feiern, die ihre Trauerphase wegen dem Mistkerl, dessen Name nicht genannt werden durfte, offiziell für beendet erklärt hatte. Es war nun genau ein Jahr und einen Tag her, seit Duncan verkündet hatte, ihre Beziehung hätte »sich totgelaufen«. Genau ein Jahr und einen Tag, seit Sissys Traum von einer Armbanduhr von Dolce und Gabbana ausgeträumt war. Genau ein Jahr und einen Tag seit sie das letzte Mal »einen Matratzentango getanzt« hatte, wie sie es nannte.
»Mann, ich hab’s so nötig wie ein Hund mit zwei Schniedeln«, sagte sie zu Stanley und lehnte sich an den Geschirrspüler, der gegen Ende des Spüldurchlaufs ziemlich wild herumwackelte, ehe er schließlich zitternd und bebend zum Stehen kam und abrupt verstummte. »Ich brauche einen Kerl, und zwar ein bisschen dalli«, fügte sie in einem Tonfall hinzu, den jeder Mann außer Stanley als anzüglich aufgefasst hätte.
Stanley schlug vor, sie solle sich doch an seinen Bruder Lorcan wenden. Sissy überlegte kurz, dann schüttelte sie den Kopf. »Männer, die über Sex reden, sind meiner Erfahrung nach eher unterdurchschnittliche Bettgenossen.« Ehe Stanley auf dieses unverblümte Urteil reagieren konnte, fuhr sie fort: »Aber die schweigsamen, die haben es in sich.« Sie musterte Stanley, als hätte sie seit Tagen nichts gegessen und als wäre er ein Teller Würstchen mit Kartoffelbrei, ihr Lieblingsessen.
Stanley wich vor ihrem hungrigen Blick zurück.
»Keine Angst, Stanley.« Sie nahm sich eine Banane, schälte sie langsam und umschloss die Spitze mit den Lippen. »Ich habe keinen Anschlag auf dich vor. Nach fünfzehn Monaten Abstinenz bist du ja quasi wieder Jungfrau.« Sie deutete mit dem Kopf auf seine Leibesmitte, und er hielt sich das Geschirrtuch, mit dem er die Gläser abgetrocknet hatte, vor den Schritt. »Dein bestes Stück ist garantiert total eingerostet. Nicht einmal ich würde dich unter diesen Umständen für meine Zwecke missbrauchen.«
Am Mittwochabend hatte Sissy ihre ausschweifenden Feierlichkeiten auf ein für ihre Verhältnisse zurückhaltendes Maß reduziert. Sie machte Cocktails in der Küche (Sex On the Beach und Slippery Nipples), wobei sie eines von Stanleys Hemden trug, das ihr kaum über die Pobacken reichte, obwohl es das längste war, das sie hatte finden können. Sie war die ganze Woche über nicht zum Wäschewaschen gekommen, weshalb sich ihre gesamte Kleidung entweder in der Waschmaschine, im Schmutzwäschekorb oder im Trockner befand, sofern sie nicht in kleinen Häufchen auf dem Fußboden ihres Zimmers vor sich hin dümpelte.
Stanley hatte an besagtem Mittwochabend noch eine ganze Menge zu tun, unter anderem gab es allerlei Papierkram
zu erledigen. An die Reise nach Paris hatte er bislang kaum gedacht, nur das Bild von Dara Flood in einem roten Kleid auf der Spitze des Eiffelturms hielt sich hartnäckig in seinem Kopf.
»Das wollte ich nach Paris mitnehmen«, sagte er zu Sissy und deutete auf das Hemd, das ihr, wie er zugeben musste, viel besser stand als ihm.
»Nein, wolltest du nicht«, sagte sie ungeniert. »Ich habe deinen Koffer gepackt und abgeschlossen, und den Schlüssel bekommst du morgen vor deiner Abreise.«
»Aber …«
»Und ich habe dir schon mal rausgelegt, was du morgen anziehst. Ich hab sogar das Hemd gebügelt, und du weißt, wie sehr ich bügeln hasse.«
Stanley nickte, weil er wusste, dass Sissy alles tat, um nur ja nicht bügeln zu müssen. Das ging so weit, dass sie ihre Kleider nachts unter ihre Matratze legte in der Hoffnung, die Falten würden sich bis zum Morgen durch ihr beträchtliches Körpergewicht (und das Gewicht der Matratze) verflüchtigen.
Sissy reichte Stanley einen Cocktail und begab sich mit ihrem Glas ins Wohnzimmer, wo sie sich quer auf die Couch setzte, um ihre Zehennägel zu maniküren. Da ihre Füße so groß waren (sie kaufte sich die Schuhe stets eine Nummer zu klein, was ihr natürlich eine Menge Blasen bescherte), war es unerlässlich, dass ihre Zehennägel stets gefeilt und lackiert waren, um ihren Füßen (ihre Mutter nannte sie »Quadratlatschen«) ein Minimum an femininem Aussehen
Weitere Kostenlose Bücher