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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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konnte.



74
    Dara rief ihre Mutter vom Flughafen Manchester aus an, erreichte sie jedoch nicht. Dann versuchte sie mehrmals bei Angel ihr Glück. Vergeblich – ihr Handy war ausgeschaltet. Das Festnetztelefon in der Raheny Road klingelte und klingelte. Schließlich steckte Dara ihr Telefon wieder ein. Stanley hatte sich um ihren Rückflug gekümmert und holte gerade Kaffee. Ihre Maschine ging erst um acht Uhr abends.
    Sie hatten noch Zeit.
    Dara entnahm ihrem Rucksack die verbeulte Blechdose, die sie ganz hinten in einer Schublade von Mr. Floods Nachttisch gefunden hatte. Sie stellte sie auf ihren Knien ab und betrachtete sie, ohne sie zu berühren. Es handelte sich vermutlich um eine alte Teedose. Die Aufschrift war zu unlesbaren Schatten verblasst, es war nur noch ein Karomuster zu erahnen, das an Gläser mit selbstgemachter Marmelade erinnerte. Dara klappte den Deckel auf.
    Die Dose war vollgestopft mit Geldscheinen. Lauter fest zusammengerollte Banknotenbündel, von dünnen Gummibändern zusammengehalten. Dara straffte die Schultern und sah sich um. Da sie niemand beachtete, kehrte sie mit ihrer Aufmerksamkeit zurück zu der Dose. Zwischen den Banknotenbündeln steckten zwei Briefumschläge, eselsohrig und von Fingerabdrücken übersät, als wären sie unzählige Male herausgenommen und wieder zurückgesteckt worden. Sie zog einen davon heraus. Er war prall gefüllt. Slither Smith, c/o The Market Bar, Bailieborough, Co. Cavan stand darauf, in einer großen, verschnörkelten Handschrift, die der ihren nicht unähnlich war. Dara steckte den Umschlag zurück und nahm den anderen heraus. Dieselbe große, verschnörkelte Handschrift. Familie Flood, Raheny Road, Dublin 5.
    Sie zögerte kurz. Dachte an ihre Mutter. An Angel. Sie sollte warten. Oder doch nicht? Dann schob sie den Daumen unter das Siegel, riss den Umschlag auf und spähte zwischen dem zerfetzten Papier hinein. Ein einzelner Briefbogen.
    Liebe Kathleen, liebe Angel, liebe Dara,
    Dara hielt inne. Mr. Flood kannte ihren Namen.
    Es fällt mir nicht leicht, diesen Brief zu schreiben. Wenn es mir leichtfiele, wäre er nicht wichtig. Aber er ist wichtig. Sehr sogar. Für mich jedenfalls. Kathleen, du warst die Liebe meines Lebens. Es gibt keinen anderen Ausdruck dafür. Und es ist die Wahrheit. Ich habe dich geliebt. Ich liebe dich immer noch. Ich konnte nicht bleiben. Ich hatte ein paar Dummheiten gemacht.
    Ich erinnere mich an den Tag in Howth, an die Versprechen, die wir einander gegeben haben. Ich hatte sie ernst gemeint, und doch habe ich jedes einzelne gebrochen. Man weiß nicht, dass man gerade den schönsten Tag seines Lebens erlebt, das wird einem erst im Nachhinein klar, wenn man Zeit hat, darüber nachzudenken. Ich erinnere mich an jedes Detail dieses Tages. Die Portion Pommes, die wir uns
geteilt haben, das mit Essig getränkte Papier. Weißt du noch, das Boot, das wir an Ireland’s Eye vorbeisegeln sahen? Sein Segel, das sich im Wind blähte? Ich erinnere mich an das Gefühl deiner Hand, an deine Finger, die sich um die meinen schmiegten, während ich dasaß und das Boot beobachtete, die Sonne im Rücken, der Bauch voller Pommes. Das war’s. Dieser Moment. Nichts Besonderes eigentlich. Aber genau daran erinnere ich mich. Und nichts hat ihn je übertroffen.
    Ich hoffe, den Mädchen geht es gut. Ich bin sicher, sie kommen ganz nach dir. Ich weiß, du wirst es mir nicht glauben, aber ich habe jeden Tag an sie gedacht. Angel mit ihren blonden Haaren und ihren blauen Augen, das Ebenbild ihrer Mutter. Und ich bin froh, dass du Dara nicht Meryl genannt hast. Sie sieht aus wie eine Dara. Ich habe einmal ein Bild von ihr gesehen. Es war in der Zeitung. In der Evening Press. Ich habe es noch. Es zeigt euch drei bei der Parade am St. Patrick’s Day in Dublin. Slither hat es ausgeschnitten und mir geschickt. Sie sieht aus wie meine Mutter als junges Mädchen, Gott hab sie selig. Sie ist wunderschön, und ich habe es sehr bereut, dass ich sie nie gesehen habe, nie ihr Gewicht in meinen Armen gespürt habe.
    Ich weiß, es war alles meine Schuld. Alles. Manche Menschen taugen eben zu nichts. Ich kann rückblickend nicht behaupten, ich hätte mein Bestes gegeben, denn das wäre gelogen. Ich kann nur eines tun: diesen Brief schreiben und hoffen, dass ihr hin und wieder ein Gebet für mich sprecht. Ich bitte euch nicht um Verzeihung, aber es tut mir leid. Und das
ist die reine Wahrheit, soweit die aus meinem Mund etwas wert ist.
    Abgesehen davon bleibt mir nur

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