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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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ihnen, und sie sehen mich an, als würde ich lügen, dann fragen sie dasselbe noch mal. Manchmal bekomme ich Angst, dass ich vielleicht lüge, obwohl ich es ja gar nicht tue. |56| Selbst nach diesen ganzen Fragen sagen sie manchmal trotzdem nein.
    Ich will einfach nur zur Schule. Ich möchte nichts in die Luft sprengen. Die Soldaten sehen kein Kind in mir. Sie betrachten mich als einen Feind. Ich mag sie nicht, aber ich bin nicht ihr Feind. Ich möchte einfach nur zur Schule gehen.
    Manchmal kümmern die Soldaten sich nicht so sehr um mich, weil ich so früh zum Kontrollpunkt komme. Die Soldaten von der Nachtschicht wollen dann einfach nur noch nach Hause, und die Soldaten von der Tagschicht sind noch nicht wach genug, um richtig gemein zu werden. Trotzdem mag ich ihnen nicht immer wieder sagen, wer ich bin und wo ich jeden Tag hingehe. Die müssen mir ja auch nichts sagen. Warum muss dann ich ihnen was erzählen?
    Die Kontrollpunkte sind dauernd an anderen Stellen. Manchmal sehen wir, wenn wir zur Schule gehen, einen Kontrollpunkt, der am Abend vorher noch nicht da war. Das sind dann nebeneinander aufgestellte Betonblöcke, Zäune und Wachhäuser, voll mit Sandsäcken, für den Fall, dass jemand eine Bombe zündet. Die Soldaten haben alle Waffen. Oft sehe ich auch Panzer.
    Man kann nichts tun, während man Schlange steht. Wir könnten reden, aber außer sich zu beschweren, gibt es nicht viel zu sagen. Das wird aber auch langweilig, weil es davon ja auch nicht schneller vorwärtsgeht. Wir stehen da und warten, oder wir sitzen im Dreck und warten. Wenn es regnet, werden wir nass.
    Mein Vater arbeitet als Taxifahrer. Er kann die Leute nur bis zum Kontrollpunkt bringen, dann müssen sie zu Fuß |57| durchgehen und sich auf der anderen Seite ein neues Taxi suchen. Bei Ausgangssperre kann er gar nicht fahren, und ich komme nicht zur Schule. Wenn es viele Ausgangssperren hintereinander gibt oder sie lange dauern, kann mein Vater nicht arbeiten. Dann streiten sich meine Eltern ums Geld, weil wir nicht so viel haben.
    Die meiste Angst habe ich vor Soldaten. Vor Waffen und Soldaten. Man muss kein schlechter Mensch sein, damit sie einen erschießen. Meistens trifft es gute Menschen. Man sollte nur erschossen werden, wenn man etwas Schlimmes getan hat, aber hier wird auf jeden geschossen.
    Unschuldige Palästinenser, die nichts haben, kämpfen gegen Israelis, die alles haben. Ich wünsche mir, dass alle Israelis mein Land verlassen. Ich kenne keine israelischen Kinder, und ich will auch gar keine kennen, weil sie genauso denken wie ihre Eltern. Sie glauben, dass ich nicht so gut bin wie sie. Sie sind nicht wie ich. Ich weiß nicht genau, worin sie sich von mir unterscheiden, aber sie sind anders.
    Es ist schwer, hier ein normales Leben zu führen, weil wir alle dauernd darauf warten, wer als Nächstes erschossen wird, wer als Nächstes verhaftet wird, wann die nächste Ausgangssperre kommt. Meine Freundinnen und ich können uns nie irgendwas vornehmen, weil die Israelis dauernd unsere Pläne durchkreuzen. Ich kann mir nicht mal vornehmen, nach der Schule zu meiner Freundin nach nebenan zu gehen, weil die Soldaten mir vielleicht einen Strich durch die Rechnung machen.
    Ich will, dass die Soldaten weggehen und aufhören, uns zu belästigen. Sie sollen uns unser Leben leben lassen.
    |58| Wenn es Frieden gibt, dann sind wir sehr glücklich. Dann können wir in unserem Land überall hinfahren, wo wir hinwollen, ohne einem fremden Soldaten an einem Kontrollpunkt irgendwas erklären zu müssen. Ich weiß aber nicht, wie oder wann dieser Frieden kommt. Ich kann ihn mir eigentlich auch nicht vorstellen.
    Ein Freiwilliger aus Kanada, der in der Schule geholfen hat, erzählte mir, dass es in Kanada keine Kontrollpunkte gibt. Dort können die Leute einfach losgehen und immer weitergehen, ohne dass Soldaten sie anhalten, ihnen tausend Fragen stellen und sie daran hindern, da hinzugehen, wo sie hinwollen. Das muss toll sein. Eines Tages möchte ich das auch tun können, einfach gehen und gehen und gehen.
     
    Mahmood
    I ch wohne in Beit Hanina, nur fünf Kilometer von meiner Schule entfernt. Um zur Schule zu kommen, muss ich morgens um halb sieben aus dem Haus. Wenn ich Glück habe, bin ich um Viertel vor neun da. Dazwischen stehe ich die meiste Zeit an, um durch die Kontrollpunkte zu kommen.
    Letzten Mittwoch, am Tag vor dem Ramadanfest, habe ich eine Mutter mit einem kranken Baby gesehen. Sie stand genau vor uns in der Reihe. Wir warteten

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