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Wenn ich einen Wunsch frei haette

Titel: Wenn ich einen Wunsch frei haette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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schon mehr als zwei Stunden, in denen nichts vorwärts ging. Dann ist sie nach vorn gegangen, um mit den Soldaten zu reden. Sie hat sie gebeten, sie durchzulassen, weil ihr Baby zum Arzt |59| musste. Aber die Soldaten haben nein gesagt und sie ganz ans Ende zurückgeschickt. Sie haben uns nicht erlaubt, sie wieder auf ihren alten Platz in der Reihe zu lassen. Nicht mal um ein krankes Baby scheren sich die Soldaten.
    An diesem Tag habe ich mich irgendwie für mich geschämt. Ich hätte es den Soldaten gern gezeigt und diese Frau vor mir in die Reihe gelassen. Stattdessen musste ich mit den anderen dastehen und zusehen, wie sie ihr Baby ganz nach hinten getragen hat. Ich kann es nicht leiden, wenn ich mich vor mir selbst schämen muss. Dabei kommt man sich so klein vor. Ich würde lieber etwas machen, bei dem ich mich groß fühle und stolz auf mich sein kann.
    Da, wo ich wohne, gibt es viele Soldaten. Sobald die Soldaten Ansammlungen von Palästinensern sehen, schießen sie und bewerfen die Leute mit Gasgranaten. Das Gas brennt mir in der Kehle, und meine Augen tränen dann, als würde ich weinen. Ich muss brechen von dem Gas. Wenn sie uns damit bewerfen, sehe ich immer viele Leute, die sich übergeben. Das Gas riecht auch eklig. Dabei ist es ganz egal, ob ich draußen oder drinnen bin, denn das Gas zieht bis ins Haus. Man kann es nicht aussperren. Es ist wie Luft.
    Sie setzen das Gas ein, damit sie zusehen können, wie wir husten und uns übergeben. Die Soldaten haben alle Gasmasken und lachen uns aus, wenn wir uns übergeben müssen.
    Einmal war ich beim Arzt, und als ich da fertig war, musste ich in der Praxis bleiben. Der Arzt meinte, es wäre zu gefährlich rauszugehen. In den Straßen gab es wilde |60| Schießereien. Ich schaute aus dem Fenster und sah viele Soldaten vorbeilaufen. Die Arzt sagte, wenn ich nicht vom Fenster wegginge, würde ich vielleicht auch erschossen. Ich habe auf ihn gehört. Ich wollte zwar gerne wissen, was los ist, aber ich wollte nicht erschossen werden.
    Das mit dem Schießen passiert immer ganz plötzlich. Man weiß nie, wann es passiert, und man kann sich nicht darauf vorbereiten. Man muss einfach ständig damit rechnen. Man kann nie davon ausgehen, dass es vorbei ist. Man kann sich nie entspannen.
    Soldaten machen mir mehr Angst als alles andere. Weil sie mich erschießen könnten, wann immer sie wollen, egal ob ich gerade etwas anstelle oder nicht. Sie brauchen keinen Grund. Keine Ahnung, ob sie warten müssen, bis ihnen jemand einen Befehl zum Schießen gibt, oder ob sie einfach schießen können, wenn ihnen danach ist. Ich glaube, sie können schießen, wann immer sie gerade Lust dazu haben.
    Wenn ich mit meinen Freunden spiele, spielen wir Israelis und Palästinenser und tun so, als würden wir uns gegenseitig erschießen. Natürlich wollen alle Palästinenser sein, aber wir tauschen regelmäßig, damit es fair ist. Wir haben Spielzeug-Maschinengewehre und -Pistolen, aber wir machen uns auch eigene Waffen aus Stöcken und so, damit genug Waffen für alle da sind. Wir spielen zwischen den Ruinen der Gebäude, die bombardiert wurden, und lauern uns gegenseitig auf. In unserem Spiel gewinnen immer die Palästinenser.
    Wir spielen zwar, dass wir die Israelis erschießen, aber die Waffen sind ja nicht echt, und niemand wird wirklich |61| verletzt. In echt würde ich auch niemanden verletzen wollen. Außerdem verbieten die Israelis uns Palästinensern, Waffen zu haben. Sie wollen alle Waffen für sich selbst.
    Ich kenne keine israelischen Kinder. Ich will auch keine kennen. Sie hassen mich, und ich hasse sie.
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|62|
    Gul, 12
    I n Israel herrscht Wehrpflicht, was bedeutet, dass alle jungen Männer Militärdienst leisten müssen, wenn sie 18 werden. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Ultraorthodoxe Juden und israelische Araber brauchen nicht zu dienen. Auch junge Frauen werden ermuntert, zur Armee zu gehen. Diejenigen, die sich dazu entschließen, Wehrdienst zu leisten, tun dies Seite an Seite mit den Männern; sie erledigen die gleichen Aufgaben wie ihre männlichen Kollegen.
    Junge Männer, die den Dienst an der Waffe verweigern, werden womöglich für psychisch ungeeignet erklärt, ein Etikett, das ihnen dann für den Rest ihres Lebens anhängt. Außerdem kann es sein, dass sie ins Gefängnis müssen.
    Manche junge Männer sind mit dem, was ihre Regierung in den Palästinensergebieten tut, nicht einverstanden. Aus Protest weigern sie sich, zur Armee zu gehen oder, wenn sie schon in der

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