Wenn ich in deine Augen seh (Bianca) (German Edition)
ihn herum.
Vier Tage nach ihrer Ankunft hatte Rachel zum ersten Mal Ashford McKee vor dem Lagerhaus gesehen. Darby vom Coffeeshop hatte auf ihn aufmerksam gemacht und ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert.
Ein Glücksfall für Rachel, die als Lokalreporterin möglichst viele Details über Sweet Creek in Erfahrung bringen musste. Vor allem aber über die McKees, denn sie waren der Grund, weshalb sie sich die Anstellung bei der Rocky Times überhaupt verschafft hatte.
Die Rinderherde trottete gemächlich zu dem breiten schmiedeeisernen Tor. Weder McKee noch seine Tochter machten Anstalten, die Zufahrt zu räumen.
„Entschuldigung? Mr McKee? Dürfte ich bitte vorbei?“
Dunkle Augen blickten kalt in ihre Richtung. „Können Sie nicht warten? Wir sind etwa hundert Yards von der Weide entfernt.“
Ja, ich kann warten. Wenn Sie mich nur nett darum bitten. Rachel beugte sich aus dem Seitenfenster, denn der breite Hintern des Mammutpferdes mit dem bodenlangen schwarzen Schweif füllte ihr Blickfeld komplett aus. „Ich möchte zu Tom McKee. Wissen Sie zufällig, ob er zu Hause ist?“
Ashford McKee veranlasste das Tier, sich auf den Hinterbeinen umzudrehen. Nervös tänzelte es ganz dicht neben dem Auto. „Wer will das wissen?“
Er war durch und durch Cowboy, vom Stetson auf dem Kopf bis zu den abgewetzten braunen Stiefeln.
Oh, ein moderner Clint Eastwood. Sie erschauerte unwillkürlich. „Rachel Brant. Ich möchte gern mit ihm sprechen.“
Das Pferd war beeindruckend maskulin und kraftvoll gebaut. Das Gefühl, im Auto sicher zu sein, schmolz dahin angesichts der muskulösen Beine und der mächtigen Brust. Und das galt nicht nur für das Pferd.
„Worüber?“, wollte er ungehalten wissen.
„Das ist eine Sache zwischen mir und Mr Tom McKee, Sir“, entgegnete sie freundlich, aber entschieden.
„Nicht, wenn es um die Presse geht.“
Überrascht setzte sie an: „Woher wissen Sie …“
„Das weiß die ganze Stadt.“
Natürlich. Sie hatte genügend Erfahrung im amerikanischen Kleinstadtleben gesammelt, um zu wissen, wie die Gerüchteküche in einer Gemeinde von sechshundertzweiundneunzig Seelen arbeitet. Ein neues Gesicht taucht auf, die Telefonleitungen laufen heiß, beim Kaffeeklatsch zerreißt man sich die Mäuler …
Mit distanzierter Miene blickte er sie an, buchstäblich vom hohen Ross herunter.
Vielleicht sollte ich aussteigen? Zögernd beäugte sie das Kraftpaket von Pferd, das nervös mit den Hufen scharrte. Auf geht’s, ich habe mein ganzes Leben lang schwierige Situationen gemeistert, oder!?
Rachel öffnete die Autotür und stieg aus. Der Wind blies ihr die kurzen Haare in die Augen und peitschte den Mantelsaum um ihre hohen Stiefel. Der Geruch von Pferd, Rind und Leder stieg ihr in die Nase.
Bartstoppeln verdunkelten seine markante Kieferpartie. Zusätzlich verfinsterte sich seine Miene. „Gehen Sie irgendwo anders berichten, Ms Brant. Sie sind hier nicht willkommen.“
Der riesige Hengst tänzelte unter seinem Reiter. Der Sattel knarrte unter dem Gewicht des Mannes und der Dynamik des Tieres. Weiße Atemwolken wehten aus roten Nüstern, lange Zähne kauten auf dem Gebiss. Das Zaumzeug klirrte metallisch.
Das Pferd eines Ritters – eines gefährlichen Ritters. Der versponnene Gedanke sandte ihr einen Schauer über den Rücken. „Ich möchte Tom diese Entscheidung treffen lassen.“
„Er wird ganz genau wie ich entscheiden.“
Sie raffte die Aufschläge ihres Mantels zusammen. „Ihrer Ansicht nach vielleicht. Aber ich möchte es von ihm direkt hören.“
„Tom kann Reporter nicht ausstehen.“
Oh nein, mein Lieber, Sie selbst sind es, der auf Kriegsfuß mit der Presse steht. Das hatte sie in der Stadt gehört. Und konnte sie es ihm verdenken? Sie wusste, dass seine Frau vor fünf Jahren bei einem Autounfall, den ein Reporter verursacht hatte, ums Leben gekommen war – ein Mitarbeiter der Rocky Times auf der Jagd nach einer Titelstory über Rinderwahn. Ein leichtsinniger Twen, der zu schnell in eine Kurve gerast war. Er hatte Fahrerflucht begangen und die Frau war auf der Stelle gestorben.
Rachel schlang sich die Arme um die Taille, um sich gegen die Kälte zu schützen, und blickte zu McKee hoch. Dessen Gesichtsausdruck war hart und unbezwingbar. McKee wirkte wie ein tyrannischer Machthaber vor einem tiefblauen Himmel im Hintergrund. Doch irgendwie musste sie diesen Wächter der Flying Bar T für sich gewinnen.
„Bitte! Ich suche vorübergehend nach einer
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