Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
geschah. Diese Kerle haben alles, was sie sich je wünschen konnten, obwohl ihnen in Wahrheit nichts davon wirklich zusteht. Ich wollte es ihnen wegnehmen, wenn sie sich nicht wehren konnten. So wie sie es mit meiner Schwester gemacht haben.«
Reichman wurde in die Sicherheitszentrale des Stadions gebracht. »Ich will Masterton«, kreischte sie. »Bringt mir sofort Bentley Masterton, oder ich erzähle der Polizei alles.«
Anya ging zu Ethan. »Woher wussten Sie über Annabelle Reichman Bescheid?«
»Linda rief mich auf dem Weg hierher an, da sie annahm, ich wisse, was Sie über Annabelle herausgefunden hatten. Warum haben Sie mir nichts davon gesagt? Haben wir hier ein Vertrauensproblem?«
»Nein«, entgegnete Anya rasch. »Ich begreife erst jetzt zur Gänze, wie kaputt Annabelle wirklich ist. Ihre Ansichten über die anderen Opfer sind völlig verquer. Sie meinte alles, was sie schrieb, ganz genau so.«
Ethan war schlagartig bleich geworden.
»Ist alles in Ordnung?«
Er schwitzte. »Können wir rausgehen und uns setzen?«, bat er.
Anya legte den Arm um seine Taille und half ihm auf den nächsten freien Sitz.
Ein Aufschrei des Publikums lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Ereignisse auf dem Spielfeld. Eine Trage wurde auf den Platz gebracht.
»Wer ist das?«, fragte Anya einen Fan hinter ihnen.
»Liam McKenzie. Er bekam einen Schlag mit dem Knie gegen den Kopf, als er schon am Boden war, und seitdem rührt er sich nicht.«
Wenn Pope eine Trage zuließ, war die Verletzung nicht wegzudiskutieren. Der Arzt war bei McKenzie, schüttelte den Kopf und sprach in sein Headset.
Trainer Ingram fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. Der Stadionsprecher verkündete, dem ersten Anschein nach sei McKenzie am Hals verletzt und spüre weder Arme noch Beine. Um das Ganze noch dramatischer zu machen, wiederholte er den Satz.
Ethan ächzte zynisch. »Oh, nein.«
»Glauben Sie, Annabelle Reichman hat etwas mit McKenzies Unfall zu tun?«
Er schüttelte den Kopf. »Hat Lance nicht gesagt, heute würden ausnahmsweise einmal die Guten gewinnen? Zu Beginn des Spiels geriet er in eine Auseinandersetzung mit einem Gegner, es kam zu einem Wortwechsel, und in der Folge bekam McKenzie immer wieder heftige Angriffe ab.«
»Und?«
»Was bringt einen Footballspieler dazu, einen einzelnen Gegner aufs Korn zu nehmen?«
Anya war einen Augenblick lang verdattert, dann ergab es Sinn. »Sie meinen, Lance hätte den Gegnern etwas gesteckt. Sie meinen, er hätte behauptet, McKenzie sei schwul, weil er wusste, was sie dann auf dem Platz mit ihm anstellen würden. Und da Pope ihn trotz einer Kopfverletzung weiterspielen ließ, war er einem noch höheren Risiko ausgesetzt.«
»Wer vom Schwert lebt, heißt es doch.«
Sie kehrten dem Spiel den Rücken zu und fuhren ins Hotel zurück.
In den Abendnachrichten waren Alldridges Verhaftung und McKenzies Querschnittslähmung die Aufmacher.
47
In einem dunkelvioletten Kleid, das sie eigens für den Anlass erstanden hatte, traf Anya in Lyle Buffets Penthouse ein. Dort wurde sie von Lyle und seinem zweiten Gast, Linda Gatby, mit einer herzlichen Umarmung begrüßt.
Ethan saß in einem großen Sessel, ein Polster in seinem Rücken. Sie beugte sich herab und drückte ihm ein Küsschen auf die Wange, ehe er aufstehen konnte. Er war immer noch bleich, aber wenigstens verdonnerte Lyle ihn zur Ruhe, und vielleicht hörte er ja auf ihn.
»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Lyle. »So viel Farbe hatte Catcher seit dem Krankenhausaufenthalt nicht mehr in den Wangen. Wer hat Hunger?« Lyle führte sie an einen Eichentisch. Ringsum glitzerten die Lichter der Stadt. Angerichtet war ein verschwenderisches Bankett mit Wachteln, Fisch, Kaviar und Pekingente.
Anya hoffte inständig, der Gastgeber werde nun nicht seinen Rückzug ins Privatleben verkünden. Stattdessen sprang er, als es gegen Ende des Mahls noch einmal läutete, vom Stuhl auf und lief zur Tür. Anya und Linda unterhielten sich über ihre Fälle, und in Ethans Gesicht stand ein selbstzufriedenes Grinsen.
Als das Dessert aufgetragen wurde, betrat Bentley Masterton den Raum, begleitet von Kitty Rowe. Anya fürchtete, damit sei der angenehme Teil des Abends beendet.
Bentley hatte ihre Anwesenheit ganz offensichtlich nicht erwartet, doch als gewiefter Medienprofi lächelte er tapfer und begrüßte einen jeden wie einen lange verschollenen Freund. Kitty unternahm keinerlei Versuch, ihre Abneigung gegenüber den Versammelten zu
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