Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)

die Schuld geben. Schauen Sie sich doch an, wie man mit Kirsten Byrne umspringt. Viel davon geht von Frauen aus, also erzählen Sie mir nicht, dass ich ein Held für sie wäre.«
    Ethan strich sich die Haare aus den Augen. »Es ändert nichts an deinem Talent. Jeder weiß, dass du einer der großartigsten Botschafter für diesen Sport bist. Das kann dir keiner nehmen.«
    »Mag sein. Aber was, wenn ich mal einen schlechten Tag habe? Was werden die Leute sagen? Wenn ich nach einer Verletzung nicht aufstehen kann, bin ich ein Weichei und ein Mädchen. Ich werde das bevorzugte Ziel für bösartige Fouls jedes gegnerischen Spielers sein. Und ich bin schwarz. Wie viele schwarze Schwule kennst du?«
    »Ich seh’s ja ein. Homophobie ist allgegenwärtig, aber das macht es nicht besser. Die Zustände ändern sich allmählich. Versteckspielen ist keine Lösung.«
    Alldridge schüttelte den Kopf. »Es ist die einzige Lösung. Ich brauche mich nur zerknirscht zu geben und sagen, dass ich das Falsche meiner Tat einsehe, und alles ist vergeben und vergessen. Wenn ich mich aber hinstelle und sage, ich sehe ein, dass es ein Fehler war, schwul zu sein, wird mir nichts vergeben. Wenn du einmal gebrandmarkt bist, ist es aus. Meinst du, es macht mir Spaß, so zu leben? Ich verabscheue die Maskeraden und Lügen, aber so ist es nun mal.
    Ich muss tun, was das Richtige für mich und meine Familie ist. Ich kann nicht ungeschehen machen, was diesem Mädchen widerfahren ist, aber ich kann versuchen, es auf meine Weise wiedergutzumachen.«
    »Aber du bist nicht verantwortlich.«
    »So fühlt es sich aber nicht an.« Mit Tränen in den Augen schlug er sich auf die Brust. »Ich weiß, wie schlimm es war, was sie ihr angetan haben, aber ich habe sie nicht daran gehindert. Es machte mich krank, sehen zu müssen, wie sie ihr so wehtaten, und sie war ja nicht die Erste.«
    Er stützte die Hand an das Fenster und legte die Stirn an die Scheibe. »Ich hatte Angst um sie und um mich. Die Atmosphäre im Zimmer schlug derart schnell um. Es wären vier gegen einen gewesen, wenn ich versucht hätte, sie aufzuhalten. Also dachte ich mir, ich sehe zu, dass nicht noch mehr ins Zimmer kommen. So hatten wir zumindest beide die Chance, in einem Stück da rauszukommen.«
    »Ich kapier schon, dass du Schuldgefühle hast, ich kapier’s ja.« Ethan versuchte, sich zwischen ihn und das Fenster zu schieben. »Aber deswegen brauchst du nicht die Schuld an der Vergewaltigung auf dich zu nehmen.«
    Alldridge sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt gehen. Mein Anwalt sagt, ich werde nach dem Spiel verhaftet. Ich darf mich nicht verspäten, sonst denken sie, ich hätte mich abgesetzt.«
    Anya war furchtbar flau im Magen. Das war alles grundverkehrt. McKenzie würde wahrscheinlich mit einer minimalen Gefängnisstrafe davonkommen und seine Karriere dann fortsetzen – falls es seinen Anwälten nicht sogar gelang, einen Freispruch zu erwirken. Die Chancen, dass ein Geschworenengremium ihn trotz der erdrückenden Beweislast freisprach, standen gar nicht schlecht. Sosehr es ihr widerstrebte, das zuzugeben, Alldridge hatte völlig recht.
    Seine Freundin klopfte an die Tür. Sie trug jetzt Jeans und eine blaugrüne Bluse und hatte ein Jackett in der Hand.
    »Der Wagen wartet. Es ist Zeit.«
    »Wie lange kennen Sie ihn schon?«, fragte Anya.
    »Er ist seit dem College mein bester Freund. Meinem Partner macht es nichts aus, dass wir zusammen sind, wenn wir beide in New York sind.«
    Lance ging zur Tür und drehte sich noch einmal um. »Catcher, Doc, ich weiß den Rettungsversuch ehrlich zu schätzen. Ihr seid echt in Ordnung. Aber ich muss das einfach tun. Und man kann ja nie wissen. Vielleicht haben wir Glück, und Gott ist heute ausnahmsweise mal auf der Seite der Guten.«

45
    Lyle Buffet hatte Anya und Ethan Tickets für das Spiel überlassen. Von ihren Plätzen aus sahen sie den alten Herrn am Spielfeldrand, wo er dem Trainer ins Ohr brüllte.
    Anya wünschte, sie könne irgendwie verhindern, dass Alldridge sein Leben ruinierte und stattdessen für Kirsten Byrne aussagte. Alles, was sie oder Ethan der Polizei sagen konnten, beruhte rein auf Hörensagen. Dass seine DNA am Tatort nicht gefunden wurde, besagte wenig, zumal keiner der anderen DNA -Spuren zurückgelassen hatte, Janson und McKenzie ausgenommen, deren genetischer Fingerabdruck sich auf dem Teppich fand. Zudem hatten alle vier Alldridge in ihren Aussagen belastet. Sie zerbrach sich den Kopf, wie es zu bewerkstelligen sei,