Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
seine Intimsphäre zu wahren und dennoch zu verhindern, dass er für etwas hinter Gitter kam, was er nicht verbrochen hatte.
Sie entschuldigte sich und rief mit dem reprogrammierten Handy einen befreundeten Anwalt in Sydney an. Doch wenn er sich sonst auch zuverlässig als wahre Enzyklopädie juristischer Tricks und Kniffe erwies, diesmal wusste selbst er keinen Rat. Alldridge konnte entweder seine Teamkollegen anschwärzen oder akzeptieren, dass er bei der Ausführung des Verbrechens und in der weiteren Folge als Komplize mitgewirkt hatte. Das Einzige, was ein wenig Aussicht auf Erfolg versprach, war eine Absprache zwischen Verteidigern und Staatsanwaltschaft, aber darauf würden die Anwälte ohnedies setzen.
Buffet hatte Ethan berichtet, dass Liam McKenzies Mutter bereits ein Interview gegeben hatte, in dem sie Kirsten Byrne als Erpresserin hinstellte, die nur darauf aus sei, ihre Familie zu ruinieren. Das war ein gefundenes Fressen für die Presse. Die herzlose Erpresserin, die eine liebevolle Familie vernichtet – das strotzte nur so vor Pathos und Ungerechtigkeit, von Geld, Sex und Skandalen ganz zu schweigen.
Anya kam mit einer Flasche Wasser für Ethan zurück. Er musste auf seinen Feuchtigkeitshaushalt achten und wurde zusehends blasser.
»Danke. Was sagt Ihr Anwaltsfreund?«
Sie ließ sich auf den Sitz fallen und hatte innerlich kapituliert. »Die Gesetze unterscheiden sich von Land zu Land und Bundesstaat zu Bundesstaat, aber auf alles, was ihm einfällt, sind wir selbst auch schon gekommen.« Immerhin war es ihr endlich gelungen, Linda Gatby zu erreichen und über Annabelle Reichman zu informieren. Linda wollte einige schnelle Nachforschungen einleiten.
Sie wandten sich dem Spiel zu, das unmittelbar vor dem Anpfiff stand. Die Bombers betraten den Platz und würden den ersten Angriff ausführen. Rasch hatte Anya Liam McKenzie ausgemacht, der dem Publikum die gereckten Fäuste zeigte. Er war unzählige Male mit dem Gesetz in Konflikt geraten und hatte nie auch nur eine Schramme davongetragen. Er tat, als sei sein Freispruch längst beschlossene Sache. Sie fragte sich, ob ihm klar war, wie vernichtend Kirstens Aussage trotz allem sein konnte.
»Jetzt, wo er tot ist, werden sie alles Janson in die Schuhe schieben. Sie werden behaupten, Pete wäre der Anstifter gewesen, der Rowdy, der alle eingeschüchtert hat, und dass sie gedacht hätten, Kirsten wäre einverstanden, weil sie sich nicht beklagte oder schrie.« Ethan wandte sich zu ihr. »Sie werden ungeschoren davonkommen, und McKenzie kann ungehindert weiter vergewaltigen und auf Frauen und jeden, den er für schwul hält, einprügeln. Wann immer ihm danach ist.« Er hielt sich die Rippen und hustete leise.
Anyas Bauchgefühl gab dem Privatdetektiv recht. Die Medien würden über Kirsten Byrne herfallen und jeden kleinsten Teil ihres Lebens auf den Kopf stellen, und das alles für nichts und wieder nichts.
Rockmusik dröhnte durch das Stadion und heizte die ohnehin schon aufgekratzten Neunzigtausend weiter auf. Schweigend saßen die beiden da und betrachteten Lyle Buffet, der den Trainer heranwinkte und Anweisungen zu allen Eventualitäten und Spielzügen des Matches gab. Buffets Imperium zerfiel zu Staub, doch das war noch lange kein Grund, auch nur ein einziges Spiel verloren zu geben. Anya entdeckte Gavin Rosseter an der Seitenlinie, bei ihm Reginald Pope, den Chefarzt.
Zur Eröffnung des Spiels gab der Centre der Bombers den Ball zurück zum Quarterback, der ihn an einen Runningback weiterpasste. Nach fünf Yards stellten ihn drei gegnerische Verteidiger. Im dritten Spielzug blockte Alldridge einen Spieler, und es kam zum Wortwechsel. Als sie voneinander abließen, jubelte das Publikum. Nach dem vierten Spielzug wechselte der Ballbesitz, und die Mannschaftsteile wurden getauscht. Anya empfand die dauernden Unterbrechungen des Spielflusses zwar als nervtötend, doch sie fand allmählich Gefallen am strategischen Gehalt.
Die Cheerleaderinnen turnten zu dröhnender Musik.
Im nächsten Spielzug fing ein Spieler der Bombers den Pass ab und legte zur großen Begeisterung des Publikums zwanzig Yards zurück. Zum Lohn fing der Bomber sich ein kräftiges Tackling ein, und es dauerte eine Weile, ehe er wieder auf die Beine kam. Das Ärzteteam rührte sich nicht. Offenbar fehlte ihm nichts.
Die Mannschaftsteile wechselten erneut, und wieder marschierte McKenzie auf. Der Centre passte den Ball zurück, der schnell an einen Runningback weitergereicht
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