Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
wurde, der bei dem Versuch, die Verteidigung zu durchbrechen, scheiterte. Anya konnte nur staunen, wie man auf die Idee kommen konnte, in vollem Lauf in einen Wall aus Männern hineinzurennen.
Beim nächsten Spielzug warf McKenzie den Ball einem Spieler in die Arme, der die Reihen der Verteidigung durchbrochen hatte. Er sprintete in die Endzone, und die Massen explodierten förmlich, als er ein Rad schlug und den Zuschauern zu Ehren ein Tänzchen hinlegte.
»Touchdown«, sagte Ethan ungerührt. »Schauen Sie. Ganz hinten. McKenzie ist zu Boden gegangen.«
Sie fragte sich, ob das eine Finte war, um sich mit einer vorgetäuschten Verletzung der Festnahme zu entziehen. Anya sah Rosseter und Pope aufs Spielfeld laufen. McKenzie lag auf dem Rücken, und ein Assistent hantierte an ihm herum. Rosseter beugte sich über sein Gesicht und sprach ihn offenbar an. Es war keine Reaktion des Quarterbacks zu erkennen. Dann sah sie seine Beine zucken.
»Er ist bei Bewusstsein«, sagte sie, »aber er scheint kurz weg gewesen zu sein.«
»Warten wir mal ab, ob sie sich an ihr eigenes Protokoll halten oder ob sie McKenzie nicht lieber zum Publikumsliebling hochstilisieren.«
Buffet war aufgesprungen und brüllte den Trainer an, während Rosseter und der Assistent McKenzie auf die Beine halfen. Er stieß den Arzt von sich.
Es schien, als streite Rosseter mit Pope, der ihn auf dem Weg zurück zum Seitenaus am Ellenbogen gepackt hielt.
McKenzie rieb sich den Nacken und winkte ins Publikum.
Ethan entschuldigte sich. »Ich muss mal auf die Toilette.«
»Ist alles in Ordnung?«
»Bin nur erschöpft. Und die Kopfschmerzen sind wieder da. Außerdem kann die kleine Showeinlage da den stärksten Mann zum Kotzen bringen.«
Der Überfall hatte ihm weit stärker zugesetzt, als er zuzugeben bereit war. Sie wünschte, es gäbe etwas, was sie tun könne, um ihm zu helfen. Noch nie hatte sie sich so nutzlos gefühlt. Die Kopfverletzung konnte die Huntington-Chorea, die er so fürchtete, beschleunigen.
Bis zur Halbzeit liefen die Spielzüge auf dem Platz wie in einem unscharfen Film ineinander. Anyas Gedanken schwirrten im Kreis, und sie dachte immer wieder an Annabelle Reichman. Es konnte kein Zufall sein, dass sie eine Sportart journalistisch begleitete, bei der sie gezwungen war, die Vergewaltiger ihrer Schwester zu interviewen. Wollte sie aber Rache nehmen, so war ein Jahrzehnt eine lange Wartezeit, zumal sie zu Highschoolzeiten nur wenige Straßenzüge von ihnen entfernt gewohnt hatte. Warum also sollte sie sich das antun …
Ethan war noch nicht wieder zurückgekommen, also legte Anya einen Zettel auf seinen Platz und beschwerte ihn mit der Wasserflasche.
Ich hole Ihnen ein Knish. Bis gleich.
Sie schnappte sich die Handtasche und machte sich zur Umkleide auf.
An der Tür stoppte sie der Sicherheitsdienst. »Hier darf niemand rein. Befehl von Mr Masterton.«
Sie trippelte. »Ich muss einen der Spieler sprechen. Es ist ein Notfall.«
Die beiden Männer standen mit gespreizten Beinen und verschränkten Armen vor der Tür. »Tut mir leid, Ma’am. Und wenn Sie die Präsidentin wären, wir dürfen Sie nicht reinlassen.«
Einer der beiden wandte sich ab und sprach in sein Headset, dann machte er ein verdutztes Gesicht, als die Tür aufging und Rosseter mit seiner Sporttasche erschien. Er hatte ein hochrotes Gesicht, und seine Halsadern waren geschwollen.
»Ich bin gefeuert«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und schleuderte die Tasche zu Boden. »Anya, Sie haben es doch gesehen. McKenzie hat einen üblen Schlag abbekommen. Er verliert das Bewusstsein, behauptet aber, es ist alles in Ordnung, also schickt man ihn wieder auf den Platz.« Er stemmte die Hände in die Hüften und ging auf und ab. »Ich wollte ihn aus dem Spiel nehmen, aber Pope hat mich überstimmt. Pope schert sich nicht um die Spieler, ihm geht’s nur um das, was die Besitzer wollen: gewinnen.«
Es erstaunte Anya, dass Rosseter das nicht längst hatte kommen sehen. Sie freute sich aber, dass er den Anstand hatte, sich Pope und seinen Arbeitgebern zu widersetzen. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, um das eine oder andere herauszufinden.
»Hat Pope veranlasst, dass Janson am Stirnbein operiert wird, um die sichtbaren Folgen der Wachstumshormone zu kaschieren?«
Gavin nickte. »Ich hab es erst hinterher erfahren.« Er zögerte. »McKenzie wird nach dem Spiel verhaftet. Zusammen mit Alldridge. Es soll ein gutes Spiel werden, damit die Presse so
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