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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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Musikstückes. Im 19. Jahrhundert musste man dafür in ein Konzert gehen und möglicherweise tagelang zu Fuß oder per Kutsche reisen, um irgendwann den Ort zu erreichen, an dem vielleicht die passende Musikdarbietung stattfand. Später gab es Grammophone, dann Schallplattenspieler und schließlich den Kassettenrekorder. Dieser war eine sehr vielschichtige Angelegenheit. Einerseits: Das Tor zu fast unendlicher Hörfreiheit, konnte man doch damit immerhin sein Lieblingsmusikstück aus der sonntäglichen Radiohitparade aufnehmen, in das dann regelmäßig ein ungeduldiger Hörfunkmoderator mit falschem amerikanischem Akzent hinein quatschte. Andererseits: Ein technisches Komplexum, bei welchem zwischen Funktionen wie Abspielen (>), Vorlauf (»), Rücklauf («) und »Record« (O) gewählt werden musste. Die Bedienung erfolgte über eine grobe, fünfteilige Tastatur – hinzu kam die schwerwiegende Frage, ob man Chrom- oder Eisenkassetten verwendet.
    Wie unendlich einfach ist dagegen das heutige Musikhören mittels eines »EasyMode Plug&Play Erasers«.

    Sie erwerben dieses Gerät in einem Elektronik-Discounter, installieren die zugehörige Software »EasyMode Simple 3.0«, registrieren sich im Internet, das heißt, Sie versuchen es, scheitern, rufen die (gebührenpflichtige) Hotline an, scheitern erneut, befragen den technikkundigen Nachbarn, scheitern zum dritten Mal, gehen diesmal in einen High-End-Elektronikhandel mit Fachberatung, erfahren dort, dass Sie zuvor den letzten Müll erstanden haben, kaufen dann den dreimal so teuren »High-Definition SuperturnOutplacer«, installieren die zugehörige Designer-Software »SuperX Profi 5.2«, scheitern, rufen die (sehr gebührenpflichtige) Edel-Hotline des Herstellers an, haben nach zwanzig Minuten im Display des Gerätes endlich den falsch gewählten Button entdeckt, registrieren sich nun tatsächlich im Internet, erhalten eine Bestätigungsmail, mit der Sie den Registrierungsvorgang beenden, um dann ein weiteres Programm von der Website des Herstellers herunterladen zu können, welches das Gerät aber aus irgendeinem Grund nicht verarbeitet, wechseln dann auf eine der Dutzenden Tausch- oder Musikbörsen im Internet, laden Ihr Lieblingsmusikstück – oder das, was Sie dafür halten – herunter, speichern es ab, stellen fest, dass das nicht funktioniert hat oder dass Sie nicht verstehen, wie man Musikstücke anschließend wieder aufruft.
     
    Schließlich haben Sie die Nase so voll, dass Sie »das Gerät« in die Ecke legen und beschließen, einfach so lange Autoradio zu hören, bis Ihr Lieblingsstück kommt, was Sie allerdings dann nicht aufnehmen können.
    Unglücklicherweise ist der technische Fortschritt nicht auf
den Audio-Bereich begrenzt. Ein Auto etwa- früher einmal ein handfestes mechanisches Produkt, an dem man so manchen Samstagvormittag in der Garage munter herumschrauben konnte- ist inzwischen voll digital. Früher konnte man sich in seinen Wagen setzen, den Schlüssel umdrehen (ok, vorher den Choke ziehen) und dann einfach losfahren. Früher...!
     
    Harald Grützner zum Beispiel bekam unlängst nach siebenmonatiger Wartezeit endlich seinen neuen Mittelklassewagen, auf den er lange gespart hatte. Denn sein alter Volvo hatte nach einem langen, von schwedischer Zuverlässigkeit geprägten Dasein sein Leben ausgerechnet in einer schwer zugänglichen Parklücke in der Bremer Innenstadt ausgehaucht, was Harald einen kostspieligen Abschleppdienst-Einsatz und einen komplett verlorenen Nachmittag eingebracht hatte. Und nach einigen Monaten mit Leihwagen und geborgten Autos von immer verschnupfter reagierenden Freunden lag dann eines Morgens endlich der Brief vom Autohaus im Kasten mit der ersehnten Nachricht, er könne den bestellten Wagen abholen.
    »Sie haben großes Glück!«, rief der rothaarige Autoverkäufer, als Harald die Verkaufsräume betrat. Harald schwante nichts Gutes, denn das war der Spruch, den auch er bei Kunden verwendete, und zwar, wenn definitiv alles schiefgegangen war. Die bestellte Ware lag dann in der Regel in Guatemala und weste still vor sich hin, statt die Auslagen der von Harald betreuten Geschäfte zu zieren. »Wissen Sie«, strahlte der Rothaarige, während er sein Namensschild mit der Aufschrift »Ihr freundlicher Autoberater K. Bertram« zurechtzupfte.
»Wissen Sie, Ihre Wagenkonfiguration wurde kurzfristig im Werk gesperrt. Irgendein Produktionsfehler. Aber keine Sorge: Sie erhalten ein Upgrade auf die nächsthöhere Wagenklasse. Das

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