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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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schieben, was sich als erstaunlich schwierig erwies. »Ist ja schlimmer als einer von diesen fürchterlichen Stadtplänen mit Spezialfaltung«, dachte Harald. Er versuchte erneut sein Glück, indem er Halterung zwei über Halterung drei schob, um dann alles zusammen in die Vertäfelung zu drücken.

    Es knirschte.
    Harald zog hastig die Hand zurück. Der Becherhalter hing nun etwas schief vor der Konsole und machte einen sehr traurigen Eindruck. Harald versuchte, ihn geradezubiegen, rutschte ab, geriet dabei mit dem Daumen an einen Schalter, den er bislang übersehen hatte, woraufhin erst ein schmatzendes Geräusch und dann ohrenbetäubende arabische Musik erklangen.
    Er hatte das Radio entdeckt.
    Auf dem Display waren statt der Sonne nun arabische Schriftzeichen zu sehen oder etwas, das Harald für solche hielt. Er hatte offen gestanden keine Ahnung vom Arabischen, meinte aber, solche Symbole an seiner Lieblings-Dönerbude schon einmal gesehen zu haben. Erneut drückte er den Schalter. Die Musik veränderte sich. Es wurde jetzt eine andere arabische Richtung gespielt, eine härtere. Auch weiteres Drücken änderte daran nichts, es folgten arabische Durchsagen, vermutlich die Live-Übertragung eines Muezzins (das Display zeigte jedenfalls Schriftzeichen mit einer Krone darüber) und eine erregte, auf Arabisch geführte Diskussion. Jetzt zeigte sich, dass es wohl vorschnell gewesen war, der blöden Sonne den Sendersuchlauf zu verbieten. Das Radio stand wahrscheinlich auf Werkseinstellung, und die war aus irgendeinem Grund arabisch, wie Harald sich fluchend eingestehen musste. Vielleicht weil es im Alphabet vorne steht.
    Er fingerte weiter, konnte aber weder den Ausschalt- noch den Lautstärkeregler entdecken. Obwohl... Haralds Blick fiel auf einen mattroten Knopf mit einem nicht interpretationsfähigen Signet, der leider direkt hinter dem beschädigten
Becherhalter versteckt war. Im Radio setzte ein neuer, in Maximallautstärke vorgetragener Klagegesang des vermuteten Muezzins ein. »Jetzt oder nie«, dachte Harald- und drückte den Knopf.
    Heftiger Fahrtwind umwehte ihn, und ein metallisches Klingeln übertönte die Sprechgesänge. Entsetzt blickte Harald sich um. Die Kofferraumklappe hatte sich geöffnet. Immerhin automatisch, wie er widerwillig bewundernd feststellte. Schnell drückte er noch einmal den Knopf, doch der Erfolg blieb aus. »Kofferraumklappe geöffnet. Bitte umgehend anhalten«, meldete sich das Fahrerinformationssystem streng, aber wenigstens auf Deutsch. Es übertönte sogar das klagende, einsilbige arabische Hirtenlied, das kurz zuvor begonnen hatte. Auf dem Display war eine sich ständig öffnende Klappe zu sehen, daneben ein grell-rot blinkendes Ausrufezeichen. »Bitte sofort anhalten!«, verlangte das System jetzt mit barschem Ton. »Sehr lustig«, zischte Harald und schaute zu beiden Seiten. Er befand sich auf der Mittelspur der inzwischen brechend vollen Stadtautobahn. Harald setzte den Blinker nach rechts und versuchte hinüberzuziehen, was ihm jedoch nur Kopfschütteln, Lichthupe, zwei Vogelzeichen und eine noch schlimmere Geste eines vorbeifahrenden Golffahrers einbrachte.
    Ein gongartiger Warnton unterbrach erneut die arabische Musik, dann bremste der Wagen plötzlich von selbst und blieb ruckartig stehen. Harald schrie auf und schloss die Augen- in Erwartung eines mörderischen Aufpralls. Hinter ihm hörte er quietschende Reifen, doch das ganz Schlimme blieb aus. Dafür ertönte nun ein ohrenbetäubendes Hupkonzert. Die Warnblinkanlage hatte sich automatisch zugeschaltet,
und das Radio dudelte eine orientalische Erkennungsmelodie, dann begannen arabische Nachrichten. Wahrscheinlich werden sie jemanden steinigen- und es ist hoffentlich der Konstrukteur dieses Wagens, dachte Harald.
    Es pochte an die Scheibe. Draußen stand ein rotgesichtiger Typ in Lederjacke und starrte in den Wagen. »DuArschloch, meinst du, das ist hier ein Parkplatz?«, brüllte der Mann, der offenbar in dem Mazda hinter Harald gefahren und nur knapp einem Auffahrunfall entgangen war. Harald hätte gerne das Fenster heruntergekurbelt und etwas Passendes zurückgeschrien, wenn er nur gewusst hätte, wo sich der Schalter für den Fensterheber befand. So musste er hilflos mit den Schultern zucken und den Burschen grimmig anstarren, was der aber offenbar für eine weitere Provokation hielt und jetzt noch unflätigere Dinge brüllte. Harald wartete lieber, bis der Choleriker zu seinem Wagen zurücklief und mit Dauerhupe an

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