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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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ihm vorbeifuhr, dann öffnete er die Fahrertür, wobei er fast einen gerade überholenden Motorradfahrer umriss, rannte um den Wagen herum, entdeckte in der offenen Klappe einen roten Knopf, nach dessen Betätigung die Klappe tatsächlich wieder herunterfuhr und mit einem leisen Zischen in die Halterung gesaugt wurde. Um ihn herum heulten die Motoren der Fahrzeuge, die diese Störung umfahren mussten. Ein LKW-Fahrer brüllte aus seiner Fahrerkabine: »Darf’s vielleicht noch ein Kaffee sein, oder was?« Geduckt rannte Harald zum Fahrersitz zurück. Aus den Augenwinkeln stellte er fest, dass er einen Stau von mindestens einem Kilometer Länge verursacht hatte. »Nichts wie weg«, schoss es ihm durch den Kopf, und er trat aufs Gas.
    Nichts geschah. Harald atmete tief durch. »Ok«, rief er.
»Was ist jetzt?« Es hupte wieder. Harald hätte losheulen können, aber das wäre zum einen sehr unmännlich und zum anderen wohl auch nicht hilfreich gewesen. Hinter diesem neuerlichen Problem konnte doch nur die bösartige Sonne stecken, und da lag Harald völlig richtig, denn genau in diesem Moment schaltete sich das Fahrerinformationssystem wieder zu, was immerhin eine auf Arabisch vorgetragene Heavy-Metal-Variante von »Yesterday« unterbrach.
    »Sie erhalten nun die Auswertung der Tagesstatistik«, sagte das System. »Sie sind 2,7 Kilometer gefahren mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38 Stundenkilometern...«
    »Weiter«, schrie Harald und drehte wie ein Verrückter am Motorschlüssel, ohne eine Wirkung zu erzielen. Es half alles nichts. Während es um ihn herum hupte, spulte drinnen das System nutzlose Informationen ab. Harald erfuhr, wie oft er links beziehungsweise rechts geblinkt hatte, das durchschnittliche Insassengewicht (102 Kilogramm, wie er verärgert zur Kenntnis nahm), den absoluten, den durchschnittlichen und den leider nicht erzielten, idealen Benzinverbrauch.
    »Wünschen Sie einen Ausdruck dieser Daten?«, fragte das System.
    »Nein«, flüsterte Harald tonlos, nicht einmal mehr verwundert, dass diese sprechende Technikhölle auch drucken konnte.
    Es pochte erneut an die Scheibe. »Ach, du mich auch...«, fuhr Harald hoch. Dann blickte er in ein Gesicht mit sehr kurzgeschorenen Haaren und sehr schlechter Laune. Neben seinem Wagen stand nämlich ein bullig wirkender Streifenpolizist.
Im Rückspiegel entdeckte Harald den hinter ihm stehenden zugehörigen Streifenwagen. Ihm rutschte das Herz in die Hose, nervös öffnete er die Tür, die dem Polizisten vor die Knie schlug.
    »Mensch, zulassen hier auf der Straße«, befahl der Vierschrötige.
    »Ich find aber den Fensterschalter nicht«, wimmerte Harald durch den offenen Türschlitz.
    »Sie sind verpflichtet, sich vor Fahrtantritt mit den technischen Einrichtungen Ihres Wagens vertraut zu machen«, bellte der Polizist. »Oder ist das etwa gar nicht IhrAuto?Warum stehen Sie hier mitten auf der Fahrbahn? Führerschein und Fahrzeugpapiere!«
    »Die Kofferraumklappe ging auf«, startete Harald den aussichtslosen Versuch einer Entschuldigung.
    »Aha, nicht korrekt verriegelt. Fahrlässig also...«, schnalzte der Beamte zurück. »Jetzt machen Sie mal ein bisschen dalli.«
    Harald nestelte an seinem Jackett herum, zog die Brieftasche heraus und fingerte nach seinem Führerschein.
    »Machen Sie mal die Musik leiser, ist ja fürchterlich, das Gedudel«, verlangte der Polizist, »was ist das überhaupt für ein Zeug?« Er schaute Harald noch misstrauischer an. Harald steckte den Führerschein durch den Türschlitz und gab zerknirscht zu, dass er auch den Lautstärkeregler nicht fand. »In der Mitte vom Lenkrad«, sagte der Polizist beiläufig, während er verkniffen Haralds Fahrerlaubnis studierte. Jetzt sah Harald endlich die beiden Funktionstasten und drückte gierig das Minuszeichen. Endlich Ruhe! Unbewegt sah ihn der Polizist an: »Mein Schwager hat auch so einen. Völlig
überdreht das Teil. Aber andere Farbe... Wo sind die Fahrzeugpapiere?«
    Ja, wo waren die Fahrzeugpapiere? Harald schwitzte. In seinem – berechtigten – Ärger hatte er diesem Hanswurst von Autoverkäufer natürlich nur mit halbem Ohr zugehört. Der hatte irgendwas...
    »Wo sind nun die Papiere?«, blaffte der Polizeibeamte immer ungeduldiger. »Hören Sie, das hier ist alles äußerst verdächtig. Sie stehen mitten auf der Fahrbahn einer Bundesautobahn, kennen sich offenkundig mit dem Fahrzeug nicht aus und hören Talibanmusik. Wenn Sie nicht augenblicklich Ihre Papiere vorzeigen,

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