Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers
verschränkten Armen und eiskalten Füßen auf dem Beifahrersitz. Die Diskussion über die richtige Innenraumtemperatur ist nach einschlägigen Untersuchungen einer der Hauptgründe für die hohe Scheidungsrate in Deutschland. Mit dem Sitzzonenklimacontroller, den seit geraumer Zeit einige Hersteller im Programm haben, können Paare nun unterschiedliche Temperaturlandschaften für den Fahrer- und den Beifahrersitz erzeugen und sich dann besser über andere Dinge wie Fahrweise, Wegstrecke oder Musikauswahl streiten. Leider treten die beiden Klimazonen relativ schnell in Konkurrenz und versuchen sich gegenseitig zu regulieren. In der Folge drehen die automatischen Systeme immer mehr auf, so dass SIE irgendwann in einer karibischen Sauna und ER in der arktischen Eiswüste weilt. Weitere Konflikte sind also automatisch vorprogrammiert.
Lichtautomatik
Früher galten einfache Kriterien für das Ein- und Ausschalten des Abblendlichtes: Tagsüber ist es hell, nachts ist es
dunkel, in der Dämmerung entscheidet man von Fall zu Fall – oder nach dem Mehrheitsverhalten der Entgegenkommenden. Das war natürlich sehr subjektiv und irgendwie nur gefühlt. Heute regiert die präzise Wissenschaft. Mittels der Lichtautomatik Ihres Wagens wird der genaue Lux-Wert des Umgebungslichtes mit der Luftfeuchtigkeit und der zu erwartenden Lichtbrechung multipliziert. Hieraus errechnet die Automatik in einem aufwändigen mathematisch-physikalischen und ISO-genormten Verfahren den optimalen Zeitpunkt der Lichtzuschaltung. In der Praxis heißt das: Tagsüber ist es hell, nachts ist es dunkel, in der Dämmerung entscheidet die allmächtige Automatik von Fall zu Fall – oder nach dem Mehrheitsverhalten der Entgegenkommenden.
Sitzheizung
Diese an sich angenehme Erfindung ermöglicht es, die Gemütlichkeit einer warmen Badewanne auch im winterlichen Straßenverkehr zu erleben. Aber Vorsicht! Der Schein trügt. In Wirklichkeit ist das Aufkommen der Sitzheizung einer der ganz großen Irrtümer der Automobilindustrie. Forscher haben nämlich herausgefunden, dass die permanente Überhitzung des männlichen Gemächts zu Problemen bei der Fortpflanzung führt und damit die Zeugung späterer Käufergruppen von vornherein vereitelt.
Standheizung
Vorbei die Zeiten, in den man winters mit tauben Händen zunächst den Eiskratzer abbrach und dann mit der Hülle seiner Lieblings-CD die Wagenscheiben notdürftig freikratzte. Der moderne Autofahrer kann bereits beim Frühstück vom Küchenfenster aus mittels Fernbedienung im 300 Meter weiter geparkten Fahrzeug das gleiche Klima wie im heimischen Kaminzimmer erzeugen. Noch luxuriösere Varianten bieten eine
Zeitautomatik, die dem Fahrzeug bereits um vier Uhr morgens kräftig einheizt. Abgesehen davon, dass es sich hier um ein schweres Klimavergehen handelt, das mittelfristig Eisbären, Pinguine und die Bewohner tropischer Inseln obdachlos macht, sollten Sie vor Benutzung dieser Einrichtung auch überlegen, welche Lebensmittel Sie abends aus Bequemlichkeit im Wagen zurückgelassen haben. Anderenfalls sprudelt Ihnen möglicherweise ein blasenwerfender Fleischsalat entgegen, der bereits seine Plastikschale gesprengt hat und sich nun auf Ihrem Beifahrersitz breitmacht.
Tankcontroller
Diese Nebenfunktion des Bordcomputers ist ein kleines mathematisches Wunder: Ihr Tank fasst 50 Liter Benzin, und Ihr Wagen hat einen Verbrauch von sieben Litern auf hundert Kilometer. Nach herkömmlicher Berechnung würde dies einer Fahrtstrecke von guten 700 Kilometern entsprechen. So weit Dreisatz und Schulmathematik. Ihr Tankcontroller lebt jedoch in einem Paralleluniversum, in dem völlig andere physikalische Gesetze gelten. So können Sie mit der genannten Tankfüllung nach Angaben der Automatik ab Flensburg bis nach Marokko fahren (eventuell auch zurück). Sollten Sie sich beseelt und in Sicherheit wiegend tatsächlich auf diesen Weg begeben, beginnt der Rechner bereits auf der Höhe von Würzburg kleinere Brötchen zu backen. Vermutlich reicht der Sprit nun doch nur bis zu den Dolomiten (ohne Steigung). Üerraschenderweise stranden Sie nach zufällig genau 700 Kilometern auf dem Standstreifen der A3, natürlich mit dem maximalen Abstand zur nächsten Notrufsäule, im Funkloch und ohne Reservetank und Schutzbrief, dafür inmitten eines einsamen Waldgebietes. Danke, Tanke!
Alle gegen Grützner
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