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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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Kasse drei hatte geschlossen. Harald entschied sich für Kasse zwei. »Seltsam, das ist nicht gelistet«, meckerte die Kassiererin vor sich hin. Harald registrierte, dass die junge Mutter fünf Stangen Zigaretten, zwei Beutel Chips sowie einige Alcopops erstanden hatte. Die schwarzhaarige Angestellte im gelben Hosenanzug hielt anklagend eine Flasche Weißbier mit »Cherry-Pianola«-Geschmack gegen das Licht. »Ist nicht drin im System. Nehmen Sie doch was anderes«, verlangte sie verzweifelt.
    »Da macht mein Macker tierisch Stress«, lehnte die Mutter umgehend ab.
    Die Mitarbeiterin fuchtelte wild mit dem Scanner herum. »Ich versuch’s noch mal mit manueller Eingabe.« Langsam tippte sie den Barcode ab. Harald begann wieder zu wippen. Er musste wohl oder übel in Osnabrück Bescheid geben, dass es später werden würde. Die manuelle Eingabe brachte nicht das gewünschte Ergebnis, fluchend zog die kettenrauchende Mutter ab, ihren gesamten Einkauf auf der Theke zurücklassend. Nun begann die Kassiererin mit stoischer Ruhe, jeden einzelnen Artikel wieder auszubuchen.

    Hoffnungsvoll schaute Harald zur Kasse eins, doch dort hatte sich die Gesprächssituation zwischen der Mitarbeiterin und dem Graumelierten nicht verändert. »Hören Sie, ich habe es verdammt eilig, können Sie das nicht später tun?«, drängelte Harald.
    »Tut mir leid, die Kasse ist blockiert, solange ich den Vorgang nicht beendet habe. Ich bin gleich bei Ihnen«, flötete die Gelbe und vertiefte sich in den Kassenautomaten.
    Eine Minute vor halb zwölf schaute sie mit verschämtem Lächeln wieder auf. »So. Das war’s. Diese Technik immer... Was kann ich für Sie tun?«
    »Ach nichts, gar nichts«, bellte Harald. »Ich würde nur gerne bezahlen. War mir nicht klar, dass der Erwerb von Treibstoff ungefähr dieselbe Zeit in Anspruch nimmt wie die Einreiseprozedur nach Nordkorea.«
    »Ich war da noch nie, dauert das wirklich so lange?«, fragte die Schwarzhaarige mit ehrlicher Anteilnahme.
    Harald stöhnte auf und reichte der Frau seine Kreditkarte. »Die zwei bitte.«
    »Haben Sie von unserem Service-Guide einen Beleg erhalten?«, fragte die Kassiererin.
    »Ja«, antwortete Harald mit eisernem Blick.
    »Oh. Und wollen Sie den nicht mit abgeben?«, fragte die Mitarbeiterin mit leichtem Entsetzen in der Stimme.
    »Nein«, knurrte Harald. Einen Moment lang verharrte die Kassiererin fassungslos, dann gab sie sich offenbar einen Ruck, öffnete eine Schublade und zog ein Formular heraus, das sie Harald wortlos über die Theke reichte. Jetzt war die Fassungslosigkeit auf Haralds Seite. »Was zum Teufel...?«, setzte er an. Ausdruckslos starrte die Kassiererin Harald an
und spulte dann herunter: »Offenbar waren Sie mit unseren Serviceleistungen nicht zufrieden. Wir sind stets bemüht, unseren Kundendienst zu verbessern. Mit dem Ausfüllen dieses achtseitigen Formulars helfen Sie uns, Fehler ausfindig zu machen und zu beheben.«
    »Nein. NEIN«, schrie Harald. »Was zu viel ist, ist zu viel. Ich werde keinen Fragebogen ausfüllen. Sie werden jetzt den Bezahlvorgang abschließen, und dann werde ich dieses Irrenhaus verlassen. Es ist doch ein Wunder, dass dieser Saftladen noch nicht pleite ist. Schauen Sie nur an die Nachbarkasse. Der Herr stand schon dort, als ich hereinkam- und er ist immer noch nicht fertig!« Beifall heischend blickte Harald zu dem Graumelierten. Harald war jetzt so sehr in Fahrt, dass er gar nicht bemerkte, dass sein Nachbar ärgerlich den Kopf schüttelte. »Los, sagen Sie denen, dass man hier nicht bedient wird«, schrie Harald und rüttelte am Anzug des Mannes. Der schob jedoch sichtlich verärgert Harald zur Seite, strich sein Jackett glatt und meinte mit kalter Stimme: »Bitte hören Sie auf, uns zu stören. Wir sind mitten im Beratungsgespräch.«
    »HAHA, das ist gut«, entfuhr es Harald. »Bestimmt beraten Sie, welche Sorte Benzin man Ihnen in Rechnung stellt. Und prüft alles noch mal gründlich im Computer nach...«
    Die Augen des Mannes verengten sich, doch dann plötzlich wurden seine Gesichtszüge etwas milder.
    »Gütiger Gott... Sie tanken doch nicht etwa hier?«, fragte er, jetzt mit ernster Besorgnis.
    Harald stutzte. »Äh... natürlich. Was sonst? Ich meine, was machen Sie denn hier?«
    Der Graumelierte schaute Harald lange an, machte einen
tiefen Atemzug und sagte dann mit ruhiger Stimme: »Wir gehen meine Baufinanzierung durch, meine Beraterin hier«- er zeigte auf die gelbberockte Dame an Kasse eins- »hat eine

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