Wenn nicht jetzt, wann dann?
wollte, dann könnte sie höchstens einen der kleinen Geschenkkartons erwerben, in denen die funkelnden Juwelen verpackt wurden. Wobei die wahrscheinlich noch nicht einmal käuflich waren. Bei Juwelier Winter bekam sie schnell das Frühstück-bei-Tiffany-Gefühl. Wenn sie die Winters als Kunden haben könnte, würde sie in eine völlig andere Galaxie katapultiert werden. »Keine Angst«, murmelte Liz zum Anrufbeantworter. »Ich werde immer wieder gerne eine intime, nette Hochzeit unter der heimischen Kastanie organisieren.« Für ein paar bunte Flipflops genügte das allemal. Aber Juwelier Winter. Das bedeutete Manolos. Oder Stuart Weitzmans. Oder am besten gleich jeweils ein Paar von beiden. Und sie wusste auch schon genau welche. Sie wischte sich die Krümel vom Mund, richtete sich gerade auf, lächelte breit, um dynamischer zu klingen, und wählte die Nummer, die Herr Winter ihr hinterlassen hatte.
Sehr zuvorkommend entschuldigte er sich nochmals, dass er vor der Vergabe des Auftrags mit ihr selbst sprechen wolle. Seiner Tochter sei Liz wärmstens empfohlen worden, man habe regelrecht von ihr geschwärmt, aber gerade die Tatsache, dass sie allem Anschein nach besonders »angesagt« sei, ließe ihn aufhorchen, ob sie denn auch mit den eher klassischen Anforderungen, die seine Familie an eine Hochzeitsplanerin stellte, Erfahrung habe.
Liz versicherte, dass sie Aufträge sowieso grundsätzlich nur nach persönlichen Gesprächen annehme. Schließlich handele es sich um den schönsten Tag im Leben einer Braut und um einen sehr wichtigen Tag für die betreffenden Familien, und sie würde die Planung nur übernehmen, wenn sie sich sicher sei, den gewünschten Stil und Geschmack komplett treffen und alles zur besten Zufriedenheit aller Beteiligten ausführen zu können. Egal um welchen Stil es letztendlich ging, an diesem Tag musste alles perfekt sein.
Als sie aufgelegt hatte, holte sie tief Luft und stieß einen Jubelschrei aus. Morgen um elf Uhr gaben sich Juwelier Winter und seine Tochter Nina die Ehre, sie in ihren Geschäftsräumen in der Mörikestraße aufzusuchen. Morgen um elf!
Liz sah sich im Spiegel an und dachte, dass sie dann unbedingt etwas anderes anziehen müsse als heute. Etwas Seriöseres. Vielleicht müsste sie sogar noch einkaufen gehen, um etwas richtig Winter-Seriöses zu erstehen. Dieses Kleid ging schon einmal gar nicht. Sie trug ein grüngrau dschungelgemustertes Wickelkleid, darunter blitzte ein rotes Hemdchen hervor, und weil ihre graue Strumpfhose in der Wäsche war und ihre grüne Strumpfhose eine böse Laufmasche hatte, hatte sie die lilaschwarz gestreifte Strumpfhose angezogen. Das Rot ihres Lippenstifts ähnelte zwar entfernt dem Rot ihrer Schuhe, doch sie sah insgesamt kunterbunt aus. Die Riemchen am Knöchel ihrer dunkelroten Lederpumps erinnerten sie immer an Mary Poppins, ihren absoluten Lieblingsfilm, weshalb sie die Schuhe nach einer ihrer ersten geplanten Hochzeiten für viel zu viel Geld gekauft hatte. Wenn sie doch nur auch den Aufräumzauber von Mary Poppins beherrschte, dann könnte sie jetzt einfach losträllern, ein bisschen tanzen, dazu mit den Fingern schnipsen, und ihr Laden wäre für morgen vorbildlich aufgeräumt und sie vorbildlich angekleidet. Man sollte mehr Schwarz tragen, dachte sie, als sie in den Spiegel sah. Da passte wenigstens immer alles zusammen, und man sah einfach elegant aus. Außerdem machte Schwarz so schön schlank. Andererseits, sie betrachtete sich kritisch im Spiegel, war dann eben immer alles so schwarz.
Liz nahm lieber ein quietschbunt gemustertes Tuch vom Treppengeländer, das zu der kleinen Galerie auf halber Höhe ihres Ladens führte, band sich ihre dunklen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und schlug ihren Kalender auf. Sie musste alle Anrufer zurückrufen und dringend die Einladungen für die jungen tt-Schmitts aus der Druckerei holen. Sie betete, dass ihr Drucker, Herr Frank, sie nicht für dt-Schmidts gesetzt hatte, aber wie sie ihn kannte, standen die Chancen fünfzig zu fünfzig. Eine Francine d’Harnoncourton-Beaulieu würde er garantiert fehlerfrei setzen. Die häufigsten Fehler unterliefen ihm bei den ai- oder ei-Meiers, die dann letzten Endes doch mit Ypsilon geschrieben wurden. Da sie ihn schon lange kannte, gab sie ihm die Aufträge immer früh genug, damit noch genügend Zeit für Korrekturen war. Sie gab zu, dass sie schon das eine oder andere Mal überlegt hatte, den Drucker zu wechseln. Aber sie mochte Herrn Frank. Er
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