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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Malou
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Alter, vorbei und spricht mich auf Englisch an. Wir laufen ein Stück zusammen, englisch redend, und sie erzählt mir, dass sie aus Kanada, 65 Kilometer von Toronto entfernt, kommt. Seit drei Jahren ist sie in jedem Jahr in Europa, stets für circa drei Monate, in denen sie mit dem Rucksack (Backpack) läuft und immer in Jugendherbergen übernachtet.
    Wir kommen intensiv ins Gespräch, über den Weg, über Kanada, über Deutschland, und es macht mir Spaß, mich mit ihr zu unterhalten. Sie lobt mein Schulenglisch, und ich bin froh, dass ich immer noch damit Konversation machen kann. Auch erzählt sie mir, dass sie von Europa fasziniert ist, da sie hier in Europa so viele geschichtsträchtige alte Bauten besichtigen kann, was in Kanada unmöglich ist, da dort die ältesten Bauten aus dem 19. Jahrhundert stammen. Schließlich ruft sie jemand mit dem Namen Marianne, und offensichtlich hat sie ihren Pilgerfreund wieder getroffen, mit dem sie Ende Mai in Saint Jean de Pied de Port gestartet ist. Beide freuen sich und haben viel zu erzählen. Marianne verabschiedet mich mit den Worten: »Nice to have met you, have a good camino!«, und so laufe ich, durch unser Gespräch beschwingt, allein weiter.
    Alle zwei Stunden etwa mache ich Pause — Rucksack ab, trinken und bei Bedarf eine Kleinigkeit essen. Heute steht Banane auf dem Speisezettel, nahrhaft und einfach zu handhaben.
    Die Sonne steht hoch, es ist schon warm, aber noch nicht so heiß, als ich Portomarín ereiche. Zuerst sehe ich die große Brücke über dem Stausee des Rio Miño, und dann geht es wieder nach oben. Auch dieser Ort liegt auf einem Berg, sodass sich ein traumhafter Blick auf den Stausee ergibt.

    In der kleinen Stadt angekommen, bewundere ich eine schlichte Backsteinkirche und setze mich erst einmal in den Schatten, um auszuruhen und zu trinken. Sobald ich wieder Kraft geschöpft habe, suche ich mit dem Werbezettel, den ich gefunden habe, mein Quartier, das ich für 10,50 €, mit Bad auf dem Flur, sauber und schön, mit Blick auf den Stausee beziehe. Ausruhen ist angesagt, und ich schlafe zufrieden ein, bevor ich dann mein Baguette aus dem Rucksack esse, um danach die kleine Stadt zu erkunden.
    Mein Weg führt mich in die Kirche, die mitten auf einem großen Marktplatz steht. Jedoch ist das Innere dieser Kirche, besonders der Altarbereich, im Gegensatz zu vielen anderen, wie z. B. den Kathedralen in Burgos und León, nicht prunkvoll vergoldet, sondern schlicht, und die bunten Glasfenster leuchten in Blautönen, von der Sonne durchflutet.
    Hier bekomme ich heute von einer freundlichen jungen Dame meinen Pilgerstempel, und das Fotografieren ist hier, im Gegensatz zu vielen anderen Kirchen, erlaubt, was mich sehr freut. Ansonsten gibt es im neuen Portomarín nur wenige alte Häuser, was dadurch zu erklären ist, dass das alte Portomarín 1962 im Stausee verschwunden ist. Damals hat man nur sehr wenige Bauwerke vorher abgebaut und an neuer Stelle akribisch und Vorbild getreu wieder aufgebaut. Jedoch ergeben sich in diesem Ort viele wundervolle Ausblicke auf den Stausee, sodass ich im Grünen im Park sitze und mich an diesem wundervollen Bild nicht satt sehen kann. Das Wasser schillert in der Tiefe in allen möglichen Grün- und Blautönen in der Sonne, überspannt von der langen Brücke, über die ich vorhin gelaufen bin.

    Heute Abend esse ich wieder einmal das Pilgermenü, das hier nur 6,50 € kostet. Dieses besteht aus einer Vorspeise nach Wahl, bei der ich mich für einen grünen Salat mit Oliven, Tomaten, mit Thunfisch entscheide. Dazu gibt es drei große Stücke frisches Mischbrot und ein Getränk nach Wahl, entweder Rotwein oder Selters. Da ich heute mit zwei Pilgerbekannten esse, bestellt der eine den Rotwein und ich die Selters, und wir teilen. Als Hauptgericht habe ich diesmal poto ausgewählt, drei Stücke gebackenes Fischfilet, die mit Pommes frites serviert werden. Als Nachtisch bestelle ich wieder einmal tarta de Santiago, den leckeren Mandelkuchen, den ich schon kenne. Also in diesem Lokal stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis, und der Blick auf den Stausee ist atemberaubend.
    Meine beiden Tischnachbarn sind dieses Mal aus Deutschland, Nähe Köln und Nähe Leipzig. Beide erzählen etwas von ihrer Geschichte, beide laufen diesen Weg, um nach dem Verlust von lieben Angehörigen wieder »den Kopf frei zu bekommen.« Beide Herren haben sich auf dem Weg kennengelernt und laufen inzwischen schon so manche Teilstrecke zusammen. Man trifft sich

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