Wenn nicht jetzt, wann dann?
durchtränkte Wege. Immer wieder muss ich um Riesenpfützen herumgehen, an Miniflüssen entlanglaufen und Matschwüsten mit schlickeriger, rotbrauner Erde durchqueren.
Als ich endlich im nächsten Ort, Padornelo, ankomme, gibt es dort nur von Kuhmist verschmutzte Straßen und Wege, einen frei laufenden Riesenschäferhund, der mich jagt, und eine Herberge, die bereits voll ist. Privatquartiere sehen sehr suspekt und muffig aus. Inzwischen ist es fast 17.00 Uhr, ich bin nass und müde. Jedoch treffe ich hier einen Pilgerbekannten aus León wieder, mit dem ich ein Schwätzchen halte und der sich entschlossen hat, hier in der Herberge zu bleiben. Auch er ist vom Wetter nicht begeistert und meint etwas sarkastisch, dass er, wenn er das vorher gewusst hätte, sicher einen Taucheranzug nach Spanien mitgenommen hätte. Mit Humor ist eben alles besser zu ertragen!
Trotzdem entscheide ich, weiterzugehen, und es geschieht ein Wunder: Gegen 18.30 Uhr finde ich kurz vor dem nächsten Ort eine private Herberge, in der ein sehr schönes Zimmer frei ist. Die Wirtin, eine freundliche Frau meines Alters, begrüßt mich herzlich, nicht ohne ein wenig mitleidig auf meine völlig durchnässte Kleidung zu blicken. Mir ist inzwischen alles egal; ich bin angekommen und habe eine Bleibe. An und für sich hatte ich heute vorgehabt, einen Pausentag einzulegen, doch daraus ist nichts geworden.
So verbringe ich den Abend im Gasthaus, ruhe mich aus und esse zum ersten Mal ein Pilgermenü für 8,50 €. Dieses besteht aus einer Hühnersuppe mit Nudeln, die sich hervorragend zum inneren Aufwärmen eignet. Danach gibt es Salat mit gebratenem Rindfleisch und als Nachtisch tarta de Santiago, einen sehr schmackhaften Mandelkuchen. Dazu werden Brot und Rotwein gereicht und sind im Preis inbegriffen. Dieses schmackhafte und reichliche Essen belebt mich wieder, und als dann noch zwei finnische Frauen vom Nachbartisch, englisch sprechend, mit mir Konversation suchen, bin ich voll zufrieden mit diesem anstrengenden Tag, trotz des schlechten Wetters.
18. Tag:
Biduedo- Sarria (24 km), 22. Juni
Beim Blick aus dem Fenster sehe ich wieder Regen und Nebel, alles grau in grau. Einen erneuten Tag im Regen stehe ich nicht durch, nachdem ich schon seit drei Tagen im Regen herumlaufe. Also entscheide ich mich, mit dem Bus nach Sarria zu fahren.
Im Bus sitzend, treffe ich dann auch diverse Bekannte wieder, denen es offensichtlich ähnlich geht wie mir. Einige wollen gleich bis Portomarín weiterfahren, aber ich entscheide mich für Sarria. Dort angekommen, führt mich der Weg erst einmal wieder nach oben, denn oberhalb der historischen Altstadt befinden sich die Pilgerherberge und diverse private preisgünstige Quartiere. Es ist eben 11.00 Uhr, als ich mein Zimmer anmiete, sodass der Tag noch vor mir liegt.
Dieser Ort hat nicht viel Erwähnenswertes, aber ich kann einkaufen, waschen, Geld aus dem Automaten ziehen und mich endlich ausruhen! Außerdem erstehe ich ein Andenken-T-Shirt, dunkelblau, mit den Namen meiner Stationen des Jakobsweges, das ich gerne als Erinnerung mitnehmen möchte. Nach einer ausgedehnten Pause auf meinem Zimmer werde ich am späten Nachmittag dann doch wieder unternehmungslustig, besichtige noch die Reste der Befestigungsmauern der alten, inzwischen zerstörten Burg und das riesige, alte Magdalenenkloster, welches sich am Ortsausgang, hoch oben auf dem Berg, befindet. Hier grenzt ein großer Friedhof im spanischen Stil an, den ich mir ansehen möchte. Dort betrachte ich Grabplatten aus Marmor und auch Steinwände, in denen Grabplatten übereinander eingefügt sind. Offensichtlich sind hier keine Erdbestattungen üblich, sondern Urnen werden in oder neben Grabplatten gestellt.
Wie durch ein Wunder reißt am frühen Abend die Wolkendecke auf, und die Sonne lugt heraus. Das lässt hoffen auf Tage mit besserem Wetter. Ich genieße also die wenigen Sonnenstunden, sitze draußen im Straßencafé vor meiner Unterkunft und freue mich über Gesellschaft. Hier treffe ich die beiden Pilger wieder, mit denen ich in El Acebo schon gesprochen und die ich dort fotografiert hatte. Heute Abend fühle ich mich ausgeruht. In einer interessanten Gesprächsrunde in deutscher Sprache genieße ich die Zeit in Geselligkeit. Jedoch wird es nach dem Sonnenuntergang kalt, und wir bevorzugen die geschützte Wärme des Lokals. Die Zeit vergeht wie im Fluge, und als ich gegen 23.00 Uhr in mein Zimmer gehe, bin ich sehr zufrieden, fröhlich und aufgekratzt und
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