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Wenn nichts mehr ist, wie es war

Wenn nichts mehr ist, wie es war

Titel: Wenn nichts mehr ist, wie es war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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rösse, bleibt meist nur wenig Raum für Rückschläge. Deshalb muss man es beinahe wie ein Kind soweit möglich vor Unheil bewa h ren . Aber ich habe versagt.
    In einer Art Abschiedsritual liess ich den Blick noch einmal über das Gebäude gle i ten und dachte zurück, zu dem Tag, an dem der Investor H. D. m ein Architekturbüro betrat und mir den Umbau des mehrstöck i ge n , vernachlässigte n Gebäude s am Rande der Altstadt Nizzas zu einem Mehrfamilienhaus anbot. Zuerst wollte ich ablehnen und dabei hätte ich es auch belassen sollen . Aber vor langer Zeit hatte ich mir geschwo ren, niemals die harzigen Anfä n ge und die damit einhergehende Dankbarkeit für jede n noch so kle i nen Auftrag zu vergessen . Denn am Ende waren es genau diese genutzten Chancen, die mich soweit g e bracht hatten. Also habe ich das Projekt dann doch ang e nommen. Ich dachte, ich wollte damit symbolisch für das mir zuteil gewordene Glück danken . In zw i schen denke ich allerdings auch , dass ich dieses Haus zu einer Art persönlichem Denkmal m a chen wollte , was absolut hochmütig war . Welche Ironie. Während mein Grossvater immer sagte, dass das Glück zerbricht, wenn man es zu fest hält, erinne r te meine Grossmutter in jeder Lebenslage da r an, dass Hochmut vor dem Fall kommt. Beide sollten Recht behalten . Denn a ls ich dem Haus den Rücken kehren wollte, gab es einen ohrenbetä u benden Knall und das Gebäude stürzte wie ein Kartenhaus in sich zusammen . Noch bevor ich realisierte, was g e schehen war, wurde ich von der übermächtigen Druckwelle erfasst und einfach zu B o den geschleudert. Das letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich irgendwo hart aufschlug . Übe r all war Staub und Ich konnte weder At men noch meinen Kö r per fühlen.
     
    Gebannt starrten Beth und Silvan auf den Bildschirm. Wie hypn o tisiert flogen die Augen von Zeile zu Zeile und sogen die Inform a tionen in sich auf. Es waren bereits einige Stunden verga n gen, seit s ie und Silvan die Bibliothek betreten hatten, aber keiner von be i den nahm das Dahinfliessen der Zeit richtig wahr. Sie hatten viel Unglaubliches herausgefunden und mit dem Beginn der Reche r chen begann auch Beths Gefühlswelt immerzu von massloser U n gläubigkeit und Entsetzen über unendliche Fassungslosi g keit zu unbegreiflichem Unverständnis und tiefer En t täuschung zu schwanken. Diese Gefühle spiegelten sich in ihrem Gesicht wi e der, als wäre sie ein offenes Buch. Das Stirnrunzeln wich grossen traurigen Augen und diese wiederum mussten sich dann dem u n gläubig geöffneten Mund anpassen. Doch dieser Artikel war de r jenige, der mit Abstand am meisten Emotionen au s löste.
     
    Um der durch die Anstrengung provozierten Austrocknung entg e gen zu wirken, kniff Beth ihre Augen fest zusammen und blieb einen Moment einfach ruhig si t zen . Silvan, der sich nach einer gewissen Zeit einen Stuhl herangeholt und sich neben sie gesetzt hatte, sah sie besorgt von der Seite an . „Alles in Or d nung?“
    „Ich glaube nicht.“ Es war nicht mehr als eine kühle Festste l lung.
    „Und du hast von alledem nichts g e wusst?“
    „Nein, ich hatte keine Ahnung.“
    „Okay, ich kann mir vorstellen, dass du jetzt entweder absolut g e fühlstaub geworden bist oder sich ein grosses schwarzes Loch vor dir öffnet, in das d u hineinzufallen drohst. Oder beides. Da r um gehen wir jetzt hier raus, setzen uns an einen ruhigen Ort, essen etwas und tri n ken eine grosse Tasse warmen Kaffee . Dazu erzählst du mir deine Geda n ken und Rückschlüsse.“ Silvan stand auf und fasste Beth am Arm, um ihr zu signalisieren, dass er ein N ein nicht duldete. Ein ferngesteuerter Roboter hätte die automatischen B e wegungen von Beth kaum besser ausführen können. Der Druck auf ihrem Arm lösten eine Reihe mechanisch ausgeführter Bew e gungen aus, so als hätte jemand einen Startknopf gedrückt. Kurze Zeit sp ä ter standen sie wieder an der frischen Luft und liessen sich nur zu gerne von der Sonne blenden und deren wohltuende Wärme durch jede Faser des Körpers gle i ten.
    „Ja, ich glaube , Essen ist gut.“ Es waren die ersten Wo r te aus Beths Mund, seit Silvan sie zum Aufstehen g e drängt hatte.
    „Gut, dann komm.“
    Sie mussten nicht weit gehen, um eine passende Lokalität zu fi n den. In dem kleinen verträumten Kaffee war viel mit Holz gearbe i tet wo r den, was ihm eine angenehm warme Atmosphäre verlieh. Beth stellte fest, dass es genau perfekt f ür diese Art von Gespräch

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