Wenn nichts mehr ist, wie es war
Ihnen tatsächlich. Es gibt noch eine andere Geschichte, die ich gerne hören würde. Leider wurden wir im Gefängnis nur sehr spärlich informiert.“ Mit einem viels a genden Blick schaute Susa n na Jérémie ernst an.
„Ja, ich denke, ich weiss was Sie me i nen.“
„Gut. Dann erzählen Sie. “ Und als hätte sie Jérémie s Gedanken gel e sen fügte sie noch an: „ Und sagen Sie auf keinen Fall, dass Sie das nicht dü r fen.“
„Dann tu ich das nicht. Vielleicht k önnen Sie mir sogar noch von Nu t zen sein, wenn Sie besser informiert sind.“ Er erzählte von den Tabletten, von der fehlenden Prägung , von seinem anfängl i chen Verdacht und schliesslich sogar von dem Flughafenpolizi s ten. „Er hat I hren Mann namentlich erwähnt und mir dami t im Nachhinein noch zusätzlich einen handfesteren Grund für I hre neuerliche Festnahme g e liefert.“
„Larissa Depruit ist hier?“ Susanna konnte ihre Unruhe kaum ve r bergen.
„Ja. Warum?“
„Kann ich mit ihr sprechen?“
Jérémie spürte, dass sich in Susannas Haltung etwas verändert hatte. Instinktiv entschied er sich aber dafür, sie nicht darauf anz u sprechen, sondern einfach zu sehen was geschehen würde. Ohne sie aus den A u gen zu lassen, hob er den Telefonhörer an sein Ohr. „Irene? Hol mir Larissa ins Verhörzimmer. Danke.“ Er legte den Hörer wieder auf. „G e hen wir.“
Sie erhoben sich und verliessen das Büro. In Susannas Gehirn ratte r te es wie in einer Uhrenfabrik. Auf dem Flur begegneten sie Irene, die den Verhörraum verliess. Verwundert musterte sie S u sanna. Jérémie deutete ihr aber an, kein Wort zu sagen. Daran hielt sich Irene und ve r schwand.
Larissa sass , den Kopf in die Hände gestützt , am Tisch und star r te die hölzerne Tischplatte an. Jérémie liess Susanna den Vortritt, die das Angebot annahm, dann allerdings n achdenklich vor der Tür stehen blieb und Larissa einfach nur a n schaute , ohne dass diese Notiz davon nahm. Dann straffte Susanna ihre Schultern und betrat den Raum mit erhob e nem Kopf.
„Guten Tag , Larissa.“
Jérémie war sich nicht sicher , ob es nur daran lag, dass die Sti m me , die Larissa ansprach weiblich war oder daran, dass sie genau von dieser Stimme angesprochen wurde. Aber in S ekundenschne l le schreckte Larissa hoch und es schien, als wär e jede Faser ihres Körpers zum Z e r reissen gespannt.
„Susanna…“ Eine Schlange hätte nicht giftiger zischen kö n nen.
„Ihr kennt euch also?“ Jérémie ging um den Tisch he r um und lehnte sich lässig mit verschränkten Armen an die Wand.
„Beiläufig.“ Larissa wusste, dass das nicht sehr glau b würdig klang.
„Es ist schon ewig her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Wie ist es dir in all den Jahren ergangen?“ Die gespielte Überhe b lichkeit vermochte die Lücken in Susannas selbstsicherem Auftr e ten nicht ganz schlie s sen.
„Stell dir vor, alles war gut, bis deine Sippe wieder einen Fuss in diese Stadt g e setzt hat.“
„ Wenn wir schon dabei sind, alte Geschichten aufzuwä r men, ich bin hier, um an dein Herz für Jake zu appellieren. Er braucht deine Hi l fe.“
„Tatsächlich? Und wer hat Henry geho l fen?“
„Larissa, was mit Henry geschehen ist , tut mir ehrlich leid. Von Eh e frau zu Ehefrau möchte ich dir auch mein Beileid und meine Hoffnung für deine Zukunft aussprechen. Aber du weißt genaus o gut wie ich, dass es früher oder später so hat kommen mü s sen. Obwohl ich gehofft habe, dass er nach so langer Zeit endlich die Finger davon hatte lassen kö n nen.“
Tränen traten in Larissas Augen, ihre Verbitterung war kaum zu überhören. „Du hast gut reden! Dein Mann ist da s selbe Wrack!“
„Nein , das ist er nicht und das weißt du. Larissa, bitte, wenn du in dir noch irgendwo ein wenig der alten Gefühle für Jake wiederfi n den kannst, dann hilf ihm. Ich weiss, dass meine Bitte nach so langer Zeit, nach allem was passiert ist, für dich unerhört kli n g en muss , aber ich habe keine andere Wahl.“
„ Ich hätte nie gedacht, diesen Tag einmal zu erleben, an dem die wunderschöne, be liebte Susanna bei mir bettelt.“ Für einen A u genblick schien Larissa ihren kleinen Tr i umph auszukosten. „Wie dem auch sei, e s ist sowieso alles verloren, also kann ich genauso gut noch einige mit in den A b grund ziehen.“
„Das darfst du nicht sagen. Henry ist an der Vergangenheit ze r brochen, du bist stärker. Das warst du schon immer. Nichts ist verloren. Im Gegenteil.
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