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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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ich?«
    Der Arzt hielt mitten im Rezeptschreiben inne und kratzte sich verblüfft am Kopf. Solche Fragen schienen ihm fremd zu sein.
    »Und Ihre Mutti?«
    »Die arbeitet zehn Stunden am Tag.« Wie alle Muttis in unserem Lande, und das sollten Sie eigentlich wissen!, hätte ich am liebsten gesagt, traute mich dann aber doch nicht.
    »Ihr … Mann?!«
    »Der ist beim Militärdienst.« Beschissenerweise, verkniff ich mir. Willkürlicherweise, ebenso. Weil unser Land ausgerechnet jetzt darauf besteht. Statt mir meinen Mann zu lassen, den ich im Moment deutlich nötiger brauche als unser Vaterland. Ach, Bernd! Mir schossen die Tränen in die Augen. Von meinem allergischen Hautausschlag hatte ich ihm lieber erst gar nicht berichtet.
    »Na, dann werden wir mal meinem Freund Oberst feldwebel Heidenegger einen netten kleinen Brief schreiben!«
    Sofort nahm der Arzt sein Diktiergerät zur Hand: »Lieber Genosse Jürgen, hoffe, Dir und Hannelore geht es gut. Ich freue mich auch schon wieder auf unseren nächsten Urlaub zu viert am FKK -Strand von Pützelwerda. Vor mir sitzt eine Patientin namens Angela Hädicke, die kann ihr Kind nicht mehr pflegen wegen Hautverätzungen dritten Grades an beiden Händen. Bitte deshalb darum, ihren Mann, den Gefreiten …« Der Arzt drückte auf die Stopptaste und sah mich über seine Brille hinweg fragend an. »Na? Wie heißt denn der tüchtige Staatsdiener?«
    Wie? Der wollte jetzt allen Ernstes kraft seiner jovialen Genossenfreundschaft … Ja, GING denn das?
    »Bernd?« hörte ich mich überrascht sagen. Meinte der wirklich MEINEN Bernd? Meinen geliebten fröhlichen unkomplizierten, stets gut gelaunten … Ein riesiger Seufzer wollte meiner Brust entweichen, doch ich konnte ihn gerade noch unterdrücken. »Gefreiter Bernd Hädicke, drittes Bataillon der Ulbricht-Kaserne, leierte ich wie eine Schülerin eifrig herunter. »Aber mein Mann HATTE gerade erst vor sechs Wochen zwei Tage frei!«
    Das würden die NIEMALS erlauben. Nie, nie, nie …
    Der Arzt setzte sein Diktat unverdrossen fort und wollte mir zum Abschied beherzt die Hand schütteln, als er in letzter Sekunde davon Abstand nahm.
    »Lassen Sie sich das von meiner Sekretärin abtip pen, und bringen Sie das Schreiben selbst zum zustän digen Wehrkreiskommando der Nationalen Volksarmee. Sie wissen ja, wo das ist, Stalinallee, Ecke Karl-Marx-Platz, fünfter Stock. Gute Besserung.«
    Wie in Trance trabte ich mit meinen brennenden Händen am Kinderwagengriff durch die abgasverpestete Stadt und brachte dieses kostbare Schreiben zur Kaserne.
    Sie würden Bernd doch nicht … Sie würden ihn doch nicht etwa … FREI geben? So lange, bis meine Hände verheilt waren? Nie im Leben! Vorher würde Genosse Honecker sich mit dem Papst auf eine Maiandacht im Odenwald treffen!
    Zu Hause angekommen, nahm ich Anja mit zusam mengebissenen Zähnen auf den Arm. Was konnte denn meine Anja dafür, dass meine Hände quasi eine einzige offene Wunde waren? Sie tat doch nur das, was alle Kinder tun: in die Windel machen! Wenn das nicht NORMAL war! Mir entfuhr ein Schluchzen, das gleich zeitig ein hilfloses Kichern war. Sie würden Bernd nie und nimmer … Sie würden ihn nicht wirklich …
    »Glaubst du, sie lassen den Papa raus?«, fragte ich mein erschöpftes Stinkerchen.
    Ihre Antwort war ein knatternder Pups.
    Na bitte. »Worauf du einen lassen kannst!«
    Mit der vagen Hoffnung, bald von Bernd unterstützt zu werden, schlief ich ein.
    » Bernd?« Ein Geräusch an der Wohnungstür ließ mich plötzlich senkrecht im Bett sitzen. »Bist du das?«
    »Nee, der Weihnachtsmann!«
    »Bernd!« So schnell war ich noch nie aus dem Bett gesprungen.
    Mit zitternden Händen, die nachts im lindernden Vaseline-Verband steckten, versuchte ich, den Riegel der Wohnungstür aufzuschieben. »Au … AUTSCH …, tut das weh!«
    »Ja, was verbarrikadierst du dich denn wie in einem Atombunker?« Bernd kam strahlend zur Tür herein: »Hast du mich etwa nicht erwartet?« Spaßeshalber öffnete er den Wohnzimmerschrank. »Versteckst du vielleicht einen Liebhaber?«
    »Bernd!« Ich hüpfte im Nachthemd auf und ab. Gerne hätte ich vor Freude in die Hände geklatscht, aber so masochistisch war ich nun auch wieder nicht.
    »Du bist es wirklich! Du bist es tatsächlich!«
    »Ja, klar!« Bernd drückte sein rot gefrorenes eiskal tes Gesicht an meine erhitzte Wange. »Sie haben mich rausgelassen! Genosse Hädicke, abkommandiert zur Hilfe im Haushalt!« Er stand stramm und schlug die Hacken

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