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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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gerade den doppelten Rittberger geschafft hatte. Dabei waren es nur gekrabbelte Zentimeter im Vierfüßlerstand!
    Als meine kleine Leistungssportlerin ihren Vater in der Tür stehen sah, meinte ich sogar so etwas wie ein triumphierendes Lachen zu erkennen: Was regt ihr euch denn so auf?, schien sie zu glucksen. Ich packe das schon. Dauert halt etwas länger!
    »Sie … krabbelt?«
    »Na ja, mit meiner Hilfe …« Ich hielt ihr natürlich mit beiden Händen den Popo in die Höhe.
    »Und diese Griffe hat dir ein Arzt gezeigt?«
    »Ja, die Therapeutin! Je länger und je öfter ich mit ihr diese Übungen mache, umso mehr übernehmen die gesunden Gehirnzellen die Aufgabe, ihre Muskeln zu stimulieren«, erklärte ich übereifrig.
    Meine Glückshormone tanzten Wiener Walzer. Na gut, zugegebenermaßen hatten wir eine wunderbare Nacht gehabt. Zum ersten Mal seit einem Jahr hatte ich wieder in Bernds Armen gelegen, ihn gespürt, seinen Duft inhaliert, seine weichen Lippen geschmeckt. Endlich hatte ich mich wieder einmal fallen lassen können und war im siebten Himmel gewesen. Es tat so unendlich gut, die Last der Verantwortung mit ihm teilen zu dürfen, auch wenn es nur für zwei Tage war. Wieder als begehrenswerte junge Frau wahrgenommen und geliebt zu werden! Mit einem erwachsenen Menschen zu sprechen und zu lachen. Als wir noch am selben Nachmittag Arm in Arm durch die Frühlingsluft schlenderten und den Kinderwagen vor uns herschoben, hätte ich am liebsten aller Welt zugerufen: »Was wollt ihr eigentlich? Wir sind doch normal! Wir sind ein ganz normales, glückliches Paar! Mit einem ganz normalen, glücklichen Krabbelkind!«
    Bernd drückte mich fest an sich. So fest, dass ich ihn auch noch spürte, als er längst wieder in seinen Bus gestiegen war. Der Bus hinterließ eine Wolke stin kender Abgase, ich aber konservierte Bernds Duft in meiner Erinnerung.

11
    » M eine Güte, wie sehen denn Ihre Hände aus?«
    Der Hautarzt schob sich die Brille in den schütteren Haaransatz und starrte entsetzt, ja sogar eine Spur angewidert, auf meine vereiterten Handflächen. »Wie um alles in der Welt ist es denn dazu gekommen?«
    »Ich muss mich ganz allein um ein schwerbehindertes Kind kümmern und mache mir Tag und Nacht Sorgen …«
    »Aber gute Frau, davon platzen doch die Handinnenflächen nicht auf!« Der Arzt zog seinen Bürostuhl zu sich heran und ließ sich schwer darauffallen. »Lassen Sie mal sehen … Haben Sie sich mit irgendetwas verätzt?«
    »Nun ja, das Waschpulver ist natürlich sehr scharf …« Und keinesfalls von derselben Qualität wie das schäfchenweiche West-Waschpulver, das ich nur aus dem Fernsehen kenne, hätte ich am liebsten noch hinzugefügt, verkniff es mir aber lieber. Nachher würde der Arzt mich noch an irgendwen verpfeifen.
    »Ich muss täglich Wäsche waschen, sie mehrfach spülen, auswringen und schließlich im Hof aufhängen.«
    »Ja, haben Sie denn keine Waschmaschine?«
    »Wir sparen darauf. Noch zwei oder drei Jahre, dann könnte es klappen …« Ich räusperte mich verlegen. Meine Hände waren eine einzige offene Wunde, sodass mir schon die leichte Berührung durch die prüfenden Finger des Arztes die Tränen in die Augen trieb.
    »Das heißt, Sie waschen die Windeln täglich mit der Hand?«
    Der Doktor presste die Lippen zusammen, während er sich meine wunden Hände mit der Lupe genauer ansah. »Mit diesem … ähm … scharfen Zeugs?«
    »Ja. Hinzu kommt die tägliche Putzarbeit. Wissen Sie, ich trainiere täglich drei bis vier Stunden mit meinem spastisch gelähmten Kleinkind auf dem Fußboden. Und da es um die Abwehrkräfte meines Kindes auch nicht so gut bestellt ist, putze ich täglich mit einem ebenso … scharfen Putzmittel die gesamte Wohnung. Einen Staubsauger haben wir nämlich auch nicht.«
    »Das lassen Sie mal schön sein!«, polterte der Arzt und schüttelte tadelnd den Kopf: »Das hier ist eine eitrige Entzündung aufgrund einer Verätzung. Wenn Sie so weitermachen, kann sich die Haut nie erholen. Ich verschreibe Ihnen jetzt eine lindernde Salbe, und Sie behalten jetzt drei Wochen lang die Hände in einem sterilen Verband. Dann lassen Sie viel frische Luft daran. Und machen Sie sich mal nicht so viele Sorgen, junge Frau«, redete er väterlich auf mich ein. »Die psychische Belastung tut ein Übriges und verlangsamt den Heilungsprozess …«
    »Herr Doktor«, unterbrach ich den wohlmeinenden Mann. »Ich habe ein schwerbehindertes Kind. Wer soll es versorgen, wenn nicht

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