Wenn nur dein Lächeln bleibt
er dir blöd kommt, bekommt er es mit mir zu tun!«, sagte er grinsend. »Wir zeigen ihm Anja. Dann hat er den Beweis! So gut wie jetzt war die noch nie drauf.«
Im Wartezimmer lief ich nervös wie ein Tiger im Käfig auf und ab. Mir war richtig schlecht! Bernd saß mit Anja auf dem Schoß vollkommen gelassen da, las ihr aus einem Kinderbuch vor und schaukelte mit dem Fuß auch noch Sabines Kinderwagen.
»Na, hast du Schiss?«, fragte er, als ich zum wieder holten Mal hinter der Tür mit der Aufschrift »Da men« verschwand.
»Ja«, zischte ich ihm ins Ohr. Die anderen Patienten mussten ja nicht unbedingt mithören. »Er kann mich zur Schnecke machen! Entweder er verschreibt Anja sofort wieder die ärgsten Hämmer, oder er zeigt mich sogar an. Wegen Nichteinhaltung der ärztlichen Vorschriften!«
»Oder wegen Gotteslästerung«, murmelte Bernd.
Der hatte Nerven! Aber dafür liebte ich ihn auch so.
»Wenn er mir ein Rezept ausstellt, löse ich es einfach nicht ein«, murmelte ich fest entschlossen. »Oder ich fresse die Dinger selbst.«
Als wir endlich zum mächtigen Dr. Wolf vordrangen, versteckte ich mich wie ein schüchternes Kleinkind hinter dem Rücken meines Mannes. Dr. Wolf konnte das ganze Zimmer mit seinem Lachen zum Wackeln bringen. Aber wenn er schimpfte, brachte man sich besser in Sicherheit.
Bernd legte Anja auf den Behandlungstisch wie ein kostbares Geschenk. Er glühte förmlich vor Vaterstolz.
»Na, Doktor? Was fällt Ihnen auf?«
»Sie ist ja heute gar nicht verschleimt!«
»Genau! Und was fällt Ihnen noch auf?«
»Bernd!«, zischte ich.
»Sie ist ja gar nicht mehr apathisch!«
»Genau. Und raten Sie mal, woran das liegt.«
»An den neuen Tabletten, die ich ihr beim letzten Mal verschrieben habe!«, polterte Dr. Wolf. »Ich WUSSTE , dass es diesmal die richtigen sind!«
»Falsch. Sie nimmt ÜBERHAUPT keine mehr.«
»Bernd!«
»Sie nimmt …« – Dr. Wolf fuhr zu mir herum – »… überhaupt keine mehr?« Ungläubig sah er mich an.
»Nein«, flüsterte ich.
»Erklären Sie mir das.« Plötzlich war seine Stimme gefährlich leise.
O Gott, am liebsten wäre ich im Erdboden ver sunken. Dr. Wolf sah mich eindringlich an.
»Bitte«, sagte er ganz ruhig. »Ich höre.«
»Das richtet sich wirklich nicht gegen Sie, Herr Doktor Wolf. Wir haben Ihre Behandlungsmethoden stets zu schätzen gewusst …«, stammelte ich und kämpfte mit den Tränen. Hilfe suchend sah ich Bernd an. Der saß ungerührt neben Anja auf der Liege.
»Schatz, nicht übertreiben.«
»Ja, und wir haben Ihre Anweisungen jahrelang stets korrekt befolgt. Aber dann habe ich …« Und nun sprudelte es nur so aus mir heraus: Ich erzählte ihm alles. Sogar dass ich den Verdacht gehabt hatte, er würde Anja als Versuchskaninchen missbrauchen, weil er sie sowieso schon abgeschrieben hatte. Wenn er mich zusammenfalten oder anzeigen wollte, sollte er das tun. Es ging Anja besser, und nur darauf kam es an. Erschöpft stand ich schließlich vor ihm. »So. Das war’s«, murmelte ich schuldbewusst und hielt den Atem an.
Stille. Außer Anjas Stöhnen war nichts zu hören. Sie spürte meinen Stress. Sicher hätte sie mir gerne beigestanden. Hätte sie sprechen können, hätte sie vielleicht gesagt: Wissen Sie was, Sie Eierloch? Meine Mama hat genau das Richtige getan. Mir geht es so gut wie noch nie! Endlich bin ich nicht mehr voller Schleim und muss um mein Leben röcheln. Endlich nehme ich meine Umgebung wieder wahr. Wissen Sie, wie schön es ist, wieder am Leben teilnehmen zu können?
Die Luft schien zu brennen. Warum sagte er denn nichts? Warum brüllte er denn nicht los?
»Soll ich Ihnen mal was sagen?« Die Augen des Arztes hatten plötzlich einen ganz neuen Ausdruck. »Ich habe auch schon oft daran gedacht, die Medikamente abzusetzen.«
»Nein!«
»Aber wenn Anja einen erneuten Krampfanfall bekommen hätte, hätten Sie mich vielleicht angezeigt.«
Bernd und ich starrten Dr. Wolf an. »Wir hätten … WAS ?«
»Und dann hätte ich Berufsverbot bekommen«, sagte Dr. Wolf leise. »Das Risiko konnte ich nicht eingehen.«
»Aber wir hätten Sie doch nie im Leben angezeigt!«
»Das kann man bei uns nie so genau wissen, nicht wahr?«, sagte der Arzt lächelnd. »Ich freue mich mit Ihnen, dass es Anja so gut geht. Sie haben genau richtig gehandelt, liebe Frau Hädicke. Sie sind eine starke tapfere Frau!«
»Wem sagen Sie das«, meinte Bernd und zwinkerte mir fröhlich zu.
»Sollte Anja jemals einen Krampfanfall
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