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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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auf einmal kamen der ganze Frust, der ganze Schrecken der letzten Tage in mir hoch. Jäh fiel ich dem freundlichen Dr. Schwan thaler um den Hals und küsste ihn auf die Wange. »Entschuldigung!« Ich lachte unter Tränen. »Aber meinen Mann haben Sie ja nicht reingelassen!«
    »Oh, bitte!«, sagte der Arzt. »In diesem Fall natürlich gern.«
    Ich riss die Tür zum Wartezimmer auf und schrie:
    »Bernd, wir bleiben schwanger!«

20
    W ährend der Schwangerschaft war ich glücklich und gelöst. Dr. Schwanthaler, mein neuer Freund aus der Frauenklinik, untersuchte mich regelmäßig, und jedes Mal gab er mir grünes Licht.
    Bernd war erst recht überglücklich: »Da hätte ich am Vatertag ja doch noch ein zweites Bier trinken können!«
    Als mein Bauch sich rundete, erntete ich von Passanten noch mehr böse Blicke, wenn ich Anja im Rollstuhl vor mir her schob.
    »Damit nicht genug, dass sie schon ein behindertes Kind hat, jetzt legt sie es gleich noch mal drauf an!«
    »Bei den Erbanlagen soll die lieber die Beine zusammenkneifen!«
    Aber das kannte ich ja alles schon.
    Dr. Schwanthaler hatte ins Schwarze getroffen. Am zweiten Weihnachtstag kam unsere Sabine gesund und wohlbehalten auf die Welt. Es war ein Wunder! Ein unglaubliches Wunder!
    »Für diese große Freude können Sie mich gern von jedem Weihnachtsessen der Welt wegholen«, sagte er bewegt, als er mir meine Tochter in die Arme legte. »So wie Sie und Ihr Mann kann gar kein Weihnachtsbaum strahlen.«
    Dr. Schwanthaler hatte nicht nur eigenhändig die Entbindung vorgenommen, sondern auch dafür gesorgt, dass ich diesmal ein schönes Einzelzimmer erhielt, in dem ich mein Baby bei mir haben konnte.
    Bernd kam jeden Tag nach der Arbeit und konnte sein Glück kaum fassen. Wenn unsere Sabine ihre winzigen Händchen um seinen starken Finger schloss und sich regelrecht daran festklammerte, stieß er mit bewegter Stimme aus: »Die Kleine weiß schon genau, wer ihr Vater ist!«
    Am Neujahrsmorgen um sieben Uhr brachte ich Anjas Schwesterchen mit nach Hause. Die lag noch im Bett. Ich legte ihr das Baby auf den schlafwarmen Körper. Vielleicht würde sie gleich spüren, dass Sabine etwas ganz Besonderes, Kostbares war? Auch und gerade für sie?
    Doch das erhoffte Jauchzen, das aufgeregte Armwedeln und Strahlen in Anjas Augen blieb aus. Im Gegenteil. Apathisch starrte Anja an die Wand.
    »He, Süße! Was ist los? Bist du mir etwa böse, dass ich dich eine Woche allein gelassen habe?«
    Keine Antwort. Keine Reaktion. Mit weit aufgerissenem Mund starrte Anja Löcher in die Luft.
    Ich führte ihr ganz sanft die Hand und ließ sie die zarte Babywange streicheln. »Das ist Sabine, dein Schwesterchen!«
    Anjas Hand zuckte zurück. War das eine kontrollierte oder eine unkontrollierte Bewegung? WOLLTE Anja ihre kleine Schwester nicht? Dabei hatte ich sie pausenlos in die Vorbereitungen mit einbezogen, sie zum Fläschchenkauf mitgenommen, sie beim Herrichten der Wiege zusehen, sie alle Babyartikel fühlen und riechen lassen. Ich hatte die Spieluhr für sie aufgezogen, ihr die winzigen Strampler gezeigt, die sie selbst vor sieben Jahren getragen hatte. Oft hatte ich ihren kleinen Kopf auf meinen Bauch gelegt, damit sie die Kindsbewegungen und den Herzschlag wahrnehmen konnte.
    »Sie braucht Zeit«, sagte Bernd, der hinter mir stand, und pustete mir zärtlich in den Nacken. »Madame beliebt eifersüchtig zu sein!« Er lachte glücklich. »Das ist bei Kindern ganz normal!«
    Ich drehte mich fragend zu ihm um. »Das wäre die allererste normale Reaktion von Anja!«
    »Wir werden es schon noch herausfinden«, meinte Bernd und machte sich bereits daran, Kaffeewasser aufzusetzen.
    Nun begann eine unvorstellbar stressige Zeit. Bernd musste ja nach kurzer Zeit wieder arbeiten, und ich war mit den Kindern in der Wohnung allein. Es war das reinste Chaos. Windeln waschen musste ich nun für zwei, beide Kinder mussten jeden Abend gebadet werden. Natürlich kochte ich auch noch für Bernd, erledigte den Haushalt und die Einkäufe. Täglich the rapierte ich Anja weiterhin. Die meiste Zeit aber nahm das Füttern in Anspruch. Wenn ich Sabine nicht gerade stillte, flößte ich Anja Flüssignahrung mit dem Teelöffel ein. Damals hielt man sich noch strikt an einen Vier-Stunden-Plan, aber dafür dauerte das Stillen vierzig Minuten. In denen ich nicht mal eben aufspringen und mich um Anja kümmern konnte! Spür te sie das? Besorgt sah ich zu dem teilnahmslosen Kind hinüber, das mit abgewandtem Gesicht

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