Wenn nur noch Asche bleibt
„Der Mönch soll dein Partner werden? Ist das dein Ernst?“
„Bescheuert, was? Was kommt als Nächstes? Der Terminator? Der Vernichter? Wer oder was ist dieser Mönch?“
Violet räusperte sich mehrmals. Und als sie schließlich antwortete, spielte sie auf verräterische Weise mit ihrem Amethystring herum. „Sein Name ist Agent Daniel Natali. Wir nennen ihn nur den Mönch. Er arbeitet nicht mehr regulär im Department, sondern wird nur noch für spezielle Einsätze hierher beordert.“
„Aha, und welcher spezielle Einsatz hat ihn heute hierher beordert?“
„Gar keiner. Die monatliche psychologische Sitzung stand an. Wobei unsere Psychologin nach einer Sitzung mit dem Mönch selbst einen Psychologen bräuchte. Sie hat eigentlich nur zwei Namen für ihn. Mistkerl und Psychopath.“
Elena kratzte sich mit dem Zeigefinger am Kinn. „Was ist los mit dem Kerl?“
„Vor fünf Jahren starb seine Frau bei einem tragischen Unglück“, antwortete Violet. „Es hat ihm das Herz gebrochen, also kehrte er Portland den Rücken und verschwand für mehrere Jahre nach China. Man sagt, er hätte dort irgendwo im Nirgendwo die härteste Shaolin-Ausbildung über sich ergehen lassen, die einem Ausländer jemals zugedacht wurde. Natürlich weiß ich das nur über Dritte, daher kann ich es dir nicht als Tatsache verkaufen. Fakt ist, dass Natali Dinge drauf hat, die nicht normal sind. Abgesehen davon, dass er über die Moral eines Leistenkrokodils verfügt.“
„Nicht normal?“ Elena pfiff die Akte X-Melodie und schnupperte an ihrem Latte macchiato. „Wie aufregend. Meine Mutter sagte mal, die Wirklichkeit müsse von Monty Python erschaffen worden sein. Anders könne man sich ihre makabre Idiotie nicht erklären.“
„Ich mache keine Witze“, blaffte Violet. „Frag seine SRT-Kollegen. Sie können dir eine Menge erzählen.“
„Erzähl du es mir.“
Die Augen ihrer Freundin funkelten, als hätte sie nur auf diese Bitte gewartet. „Es ist keine drei Wochen her, dass das SRT-Team einen Amokläufer verfolgte“, nuschelte Violet verschwörerisch. „Dieser Typ hatte elf Menschen in einem Einkaufszentrum niedergemäht und versuchte zu türmen. Als der Kerl über die Schnellstraße lief, kapitulierten unsere Männer. Abgesehen von Natali. Er folgte dem Kerl wie ein Bluthund, und als ihn ein Auto erwischte …“, sie gab eine Kunstpause zum Besten, „passierte nichts.“
„Nichts? Was meinst du mit nichts?“
„Er flankte einfach über den Wagen hinweg.“ Violets Augen wurden untertassengroß. „Keine Ahnung, wie so was möglich ist. Das muss eine Art Matrix-Einlage gewesen sein. Die Karre hatte laut Aussagen wenigstens fünfzig Meilen drauf, aber am Ende landete der Fahrer wegen Schock im Krankenhaus und Natali erfreute sich bester Gesundheit.“
„Aha. Und dann?“
„Nichts und dann.“
Elena nippte an ihrem Kaffee und schob ihr Herzklopfen auf zu viel Koffein. „War das alles? Mehr hast du nicht auf Lager?“
„Doch.“ Violet schwoll die ohnehin üppige Brust. „Im letzten November wurde das SRT-Team gerufen, um einen entführten Jungen zu befreien. Er hockte in einem Erdloch, das luftdicht mit einer Betonplatte verschlossen war. Wegen ausgegangenen Sauerstoffs ging es um jede Sekunde, und ehe die Typen mit dem Gerät anrücken konnten, hatte Natali die Platte mit der Faust zertrümmert. Du weißt schon, wie in diesen Shaolin-Shows. Einmal durchatmen, kurz konzentrieren und dann – krawumm! Als wäre sie aus Zuckerwerk.“
„Krawumm?“ Elena kicherte in ihre zur Faust geballte Hand. „Eins muss man eurem Laden hier lassen. Ihr seid echt gut drauf. Wo liegt euer beschlagnahmter Drogenvorrat? Ihr bedient euch regelmäßig, stimmt’s? Darf ich auch?“
„Ich spinne mir nichts zusammen. Du kannst jeden hier fragen. Ein paar behaupten sogar, er hätte Telekinese drauf.“
Elena prustete los. „Wer daran glaubt, hebt bitte meinen rechten Arm.“
Violet zuckte mit den Schultern. Der Sinn des Witzes war ihr offenbar entgangen. „Mir doch egal, was du davon hältst. Es ist, wie es ist. Die beste Geschichte ist allerdings die Sache mit dem Undercover-Einsatz.“
„Erzähl.“
Violet glühte vor Eifer. „Pass auf, das war so: Man schleuste Natali in eine dieser japanischen Mafia-Organisationen ein. Du weißt schon. Drogen, Zuhälterei, Erpressung, Betrug. Das ganze Paket. Niemand außer ihm wagte einen solchen Einsatz. Die Typen machten jedem den Garaus, der auch nur ansatzweise Verdacht
Weitere Kostenlose Bücher