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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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es war langweilig. Ein billiger Schreibtisch, ein Computer, ein wuchtiger Schrank, zwei Stühle und ein Ledersessel, der zum Fenster gedreht war und in dem jemand saß, dessen auf dem Fensterbrett ruhende Füße in glänzenden, schwarzen Schuhen steckten. Elena sah eine blaue Tasse auf dem Tisch stehen. Auf ihr prangte in weißer Schrift: Kentucky Fried People.
    „Agent Natali? Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?“
    „Jetzt nicht“, kam es trocken. „Ich esse.“
    „Schön für Sie.“ Elena nahm einen Stuhl, schob ihn vor den Schreibtisch und setzte sich. Seine Stimme klang interessant. Weich, dunkel und angenehm. Er hätte Meditations-CDs besprechen sollen. Ihr Blick schweifte durch das Zimmer und erkannte ein weiteres vielsagendes Detail. Neben der Tür hing ein auf antik getrimmtes Metallschild, auf dem geschrieben stand:
Andere zu kontrollieren, erfordert Kraft. Sich selbst zu kontrollieren, erfordert Stärke
.
    „Ich kann es selbst kaum erwarten, in die Pause zu verschwinden.“ Vor ihr saß ohne Frage eine harte Nuss. Aber sie hatte schon ganz andere Exemplare geknackt. „Leider wird mir das erst gestattet, nachdem ich mit Ihnen geredet habe. Der Lieutenant hat Sie als meinen neuen Partner auserkoren.“
    Elena verstummte und wartete das Ergebnis ihrer Schockmethode ab. Die Stille gerann zu dicker Melasse. Der Mann, den man den Mönch nannte, sagte nichts. Er bewegte sich nicht. Aus irgendeinem Grund verursachte ihr das eine Gänsehaut. Sie sah es förmlich vor sich – sein fassungsloses, sich um mehrere Facetten verdüsterndes Gesicht.
    „Nur um das klarzustellen“, setzte sie eilig hinzu, „ich bin davon nicht begeistert. Leider lässt man mir keine Wahl. Entweder ich ermittle mit Ihnen gemeinsam oder man feuert mich.“
    Plötzlich kam Bewegung in den Ledersessel. Leise quietschend drehte er sich, bis Elena dem Mönch in die Augen blickte. Unwillkürlich schnappte sie nach Luft. Oh nein, nicht auch noch das. Das machte alles viel schwieriger. Sehr viel schwieriger. Verdammt.
    Das Verblüffen schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Agent Natali starrte sie an, als hätte sie sich vor seinen Augen aus einer glitzernden Wolke herausmaterialisiert. Für einen Moment schien es, als fiele er bei ihrem Anblick aus allen Wolken, doch so schnell dieser Ausdruck in sein Gesicht getreten war, so schnell verschwand er auch wieder.
    Er war weitaus jünger als erwartet. Ehefrau … tragisches Unglück … jahrelange Ausbildung am Ende der Welt. Das implizierte eine ganze Handvoll Jahre, ergo hatte ihre Vorstellung das Bild eines mindestens Vierzigjährigen kreiert. Daniel Natali aber konnte nicht älter sein als fünfunddreißig.
    Ein weiteres Problem: sein Aussehen. Er trug einen dieser teuren, schwarzen Anzüge, die Männer mit Stil und Geschmack bevorzugen, sofern sie über das nötige Kleingeld verfügen. Brioni, italienischer Stil. Kombiniert wurde dieser Anzug mit einem weißen Hemd, in dessen Ausschnitt ein kleiner, silberner Anhänger baumelte. Offenbar stellte er einen dieser kunstvollen chinesischen Buchstaben dar.
    Die Haare des Mönches waren kinnlang und meisterten die Gratwanderung zwischen unordentlich und verwegen mit Bravour. Dunkelbraun wie Espresso. Seine Haut tendierte wie ihre eigene ins Karamellfarbene und besaß eine sinnliche, exotische Weichheit. Idiotischerweise kam Elena der Gedanke, dass sie rein farblich wunderbar harmonierten.
    Natali. Woher stammte dieser Nachname? Italien? Spanien?
    Und diese Augen. Verdammt, sie waren zum Niederknien. Nussschokoladenbraun. Weich und schmelzend, doch zugleich durchdrungen von scharfer Herausforderung. Ihr Blick wanderte tiefer – und entdeckte den Stumpf seines linken kleinen Fingers. Mein Gott, die Geschichte war also wahr.
    „Ich … ähm …“ Ihr Augenmerk heftete sich eine Spur zu hastig auf die silberne Creole, die in seinem linken Ohr steckte. „Es tut mir leid, aber …“
    „Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?“ Der Mönch zeigte ein schiefes Grinsen. „Ich weiß nicht, warum, aber diese Reaktion löse ich bei Frauen häufiger aus.“
    Elena klappte der Kiefer nach unten. Sein Blick verriet diebische Lust an Provokation und riss ihr den Boden der Schlagfertigkeit unter den Füßen weg. Verdammt, seit Jahren hatte es kein Mann geschafft, sie in Konfusion zu stürzen, und jetzt führte sie sich auf wie ein eingeschüchterter Teenager. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, schob ein wenig das Kinn vor und blickte dem Mönch fest

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