Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
einmal einzuschlafen. Das war etwa zwei oder drei Stunden, nachdem die Attacke angefangen hatte. Immer noch liefen all meine körperlichen Funktionen auf Hochtouren.
Dann kam die Angst
Etwa zu diesem Zeitpunkt, nachdem all meine Bemühungen, mich wieder zu beruhigen, gescheitert waren, kam die Angst. Wenn ich heute zurückblicke, dann habe ich von dem, was damals geschah, eine recht klares Bild. Aber zum damaligen Zeitpunkterschien mir alles sehr verworren, und es war mir vor allem sehr, sehr unangenehm. Viele meiner Ängste bezogen sich auf die Zukunft. Sie gehörten zu einer Kategorie, die man als »Was-wäre-wenn-Ängste« bezeichnen könnte:
– Wenn meine Organe in diesem Tempo Weiterarbeiten würden, dann könnte ich nie mehr einsehlafen. Ich könnte meine Arbeit nicht mehr ordentlich machen. Ich würde meine Stelle verlieren, man würde mir kündigen, und ich könnte nicht mehr für meine Familie sorgen.
– Wenn meine Organe in diesem Tempo Weiterarbeiten würden, dann wäre ich mir ständig meines Herzschlags und meiner Atmung bewusst und könnte mich nicht mehr auf das konzentrieren, was man als klinischer Psychologe machen muss – meinen Patienten sorgfältig zuhören, aus dem, was sie sagen, das Wesentliche heraushören, herausarbeiten, womit wir uns in der nächsten Sitzung beschäftigen sollten und so weiter. Ich könnte auch keine Vorlesungen mehr halten und keine Artikel mehr schreiben.
– Wenn ich mir ständig meines Herzschlags und meiner Atmung bewusst wäre, dann könnte ich nie mehr zur Ruhe kommen; mein Leben wäre kaum noch lebenswert.
Ich arbeitete in den nächsten Tagen weiter, auch wenn ich nicht sehr gut auf meine Patienten eingehen konnte – die Angst und die unangenehmen körperlichen Empfindungen, die mir ständig bewusst waren, machten es mir schwer, mich während der Sitzungen zu konzentrieren. An einem dieser Tage fand in Aberdeen eine Jahresversammlung niedergelassener Psychologen statt, und ich sollte einen kurzen Forschungsbericht vortragen. Ich schwitzte sehr, stöhnte häufig und musste immer wieder nach Luft ringen, versuchte jedoch, das während des Vortrags möglichst zu überspielen. Ich frage mich, ob irgendeiner meiner Kollegen gemerkt hat, wie schlecht es mir ging.
Außerhalb der normal-menschlichen Erfahrungswelt
Ich erinnerte mich nun an etwas, das ich Panikpatienten oft hatte sagen hören – dass sich Außenstehende nicht vorstellen können, wie quälend diese Erfahrung für sie ist. Nun verstand ich, was sie meinten.
Mehrere Wochen lang wurde all mein Denken und Fühlen von der Angst durchdrungen, dass ich nun für immer in diesem Zustand bleiben würde; dann folgte eine längere depressive Phase, in der ich mein Leben als völlig sinnlos empfand. Monatelang schlief ich nur sehr wenig. Ein- oder zweimal kam mir während dieser Zeit der Gedanke, dass diese Erfahrung genau das war, was ich mir unter der Hölle vorstellte. Die »normalen« Ängste, die ich zuvor manchmal verspürt hatte (Prüfungsangst, Angst vor dem Zahnarzt oder davor, einen Vortrag zu halten), waren in keiner Weise mit dem zu vergleichen, was ich nun erlebte. Meine bisherigen Erfahrungen reichten nicht aus, um es zu verstehen und zu verarbeiten. Ich schien eine völlig andere Gefühlswelt betreten zu haben.
Dem Sturm trotzen
Während dieser ersten Woche, als ich so darniederlag, fiel mir ein Gleichnis ein, das Jesus erzählt hat – das Gleichnis von dem weisen Mann, der sein Haus auf den Felsen baute. Als das Unwetter kam, blieb das Haus fest stehen. Obwohl ich mich so elend fühlte und innerlich völlig aus dem Gleichgewicht gekommen war, blieb mein Glaube an Gott fest. Ich konnte weiterhin zu ihm beten (ich betete sogar mehr, als ich das sonst tat) und seine Stimme hören. Ich hielt mich an Gottes Nähe, an seiner Realität fest. Es gab für mich nur die Gegenwart, nur den Moment – ich wusste nicht, ob ich darauf hoffen konnte, jemals geheilt zu werden, jemals wieder fröhlich zu sein.
Ich hätte diese Erfahrung nicht besser beschreiben können als mit dem Bild eines Felsens in der Brandung. Etwas sehr Wichtiges, Zentrales in meinem Leben war stabil geblieben, obwohl so vieles zerbrach; diese Tatsache trug später auch wesentlich zu meiner Heilung bei.
Heiße Kartoffeln
Als ich persönlich mit diesem Problem konfrontiert wurde, wusste ich bereits sehr gut über Panikattacken und die sie begleitenden Symptome Bescheid. Ich hatte sie meinen Patienten immer wieder
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