Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
doch versprochen...
Also, dann... Wir müssen bis 1962 zurückgehen, mitten in die Wirren des
algerischen Krieges. Nach der Verhaftung der Generäle dachte ganz Frankreich,
daß damit alles überstanden sei. Und das war es auch tatsächlich. Aber nur,
weil das sogenannte ,Schwarze Triumvirat’ — das heißt, die drei Köpfe des
Kommandos ,Omega’... des letzten Kommandos nämlich, deswegen wurde es mit dem
letzten Buchstaben des griechischen Alphabets bezeichnet — , also, nur weil
dieses Schwarze Triumvirat zerschlagen wurde, bevor es zuschlagen konnte. Die
drei Männer, bekannt unter den Decknamen ‚Jasmin’, ,Flugzeug’ und ,Weizen’,
waren bis dahin von den Generälen im Zaum gehalten worden. Nach der Verhaftung
ihrer Chefs dann hatten sie völlig freie Hand. Es waren gefährliche
Revolutionäre, und den Behörden war es sehr wohl bekannt, daß sie eine
furchtbare Bedrohung darstellten. Kurz vor der Verkündung der Unabhängigkeit,
im Juni 1962 genau, fand in Algier ein wichtiges Treffen statt. Dort sollten
die drei Männer sowie die Köpfe und Mitglieder verschiedener Aktionsgruppen die
Führer einer moslemischen, der F. L. N. feindlich gesonnenen Partei treffen, um
einen Bündnispakt zu schließen. Damit sollte zum letzten Kampf geblasen werden.
Das Treffen fand statt, endete jedoch in einem Desaster. Jemand hatte die
Verschwörer verraten. Ordnungskräfte und Geheimpolizei umstellten das
‚konspirative’ Gebäude und verhafteten die ganze Gesellschaft. ‚Weizen’ wurde
dabei getötet, weil er sich mit der Waffe in der Hand seiner Festnahme
widersetzt hatte. Jasmin“ und ,Flugzeug’ begingen später im Gefängnis
Selbstmord. Die anderen essen noch auf Staatskosten Wasserlinsen in allen sechs
Ecken Frankreichs. Das ist alles.“
    „Und was hat Dacosta damit zu tun?
Denn ich nehme doch an, daß es einen Zusammenhang zu ihm gibt, oder?“
    „Ja, es gibt einen. Dacosta hatte
Glück. Er sollte ebenfalls an dem Treffen teilnehmen, ist aber mit seinem Wagen
unterwegs auf Straßensperren und Abriegelungen durch die Polizei gestoßen,
mußte Umwege fahren und gelangte nicht mal an den Versammlungsort. Noch auf dem
Weg erfuhr er von der Verhaftung der ganzen Bagage. Er reagierte wie alle
andern. Alles war aus und zu Ende, es gab keine Hoffnung mehr. Dacosta hielt
sich verborgen. Später gelangte er, zusammen mit anderen bedauernswerten
Flüchtlingen, nach Frankreich... Außer ein paar Eingeweihten weiß niemand, daß
der spurlos verschwundene X... Verzeihen Sie, Burma, aber ich sehe keinen
Grund, Ihnen seinen Decknamen zu nennen... daß dieser X und Justinien Dacosta
ein und dieselbe Person ist. Und außerdem“, fügt er lachend hinzu, „ist Dacosta
seit dem Verrat in Algier auch nicht mehr derselbe.“
    „Keine billigen Scherze, bitte“, sage
ich. „Reden wir lieber nicht um den heißen Brei herum. War er es, der seine
Freunde verraten hat?“
    Dorville antwortet nicht sofort. Er
räuspert sich geräuschvoll, so als hätte er einen Kloß im Hals. Dann ruft er
aus:
    „Um Himmels willen! Was fällt Ihnen
ein?“
    „Mir? Nichts. Ich habe nur eine Frage
gestellt.“
    „Herrgott nochmal! Meinen Sie, ich
würde ihm dann noch die Hand geben?“
    „Ja, ja, schon gut! Schließlich kennen
Sie ihn besser als ich. Ich finde nur, daß er durchaus danach aussieht.“
    „Früher sah er nicht ,danach’ aus. Das
ist erst später gekommen. Einige unserer Landsleute haben ihn geschnitten.
Diese Geschichte mit den Straßensperren und Umwegen hört sich ja wirklich ein
wenig seltsam an... Dacosta hat unter den unausgesprochenen Verdächtigungen
sehr gelitten... Er grübelte und grübelte... und fragte sich schließlich, ob
ihn nicht tatsächlich eine gewisse Schuld traf. Er ist davon überzeugt, daß er
die Katastrophe hätte verhindern können, wenn er rechtzeitig zu dem Treffen
gekommen wäre.“
    „Und man hat nie herausgekriegt, wer
der Verräter war?“
    „Nein, nie. Die Leute, die sich in
Algier getroffen haben, kannten sich nicht alle untereinander... Um auf Agnès
zurückzukommen: Ihr verächtliches, unverschämtes Benehmen ihrem Vater gegenüber
läßt darauf schließen, daß sie Zweifel an seiner Unschuld hat. Anders kann ich
es mir nicht erklären.“
    „Könnte das auch der Grund für ihre
Flucht aus dem Vaterhaus sein? Aus Scham darüber, was Dacosta ihrer Meinung
nach getan haben könnte?“
    „Das wäre eine These. Es muß aber noch
andere Gründe geben. Sehen Sie, die Banknote zum

Weitere Kostenlose Bücher