Wenn Tote schwarze Füße tragen
den Kerl nicht übermäßig
zu beeindrucken. Abschließend verpaßt er mir einen kräftigen Nackenschlag, Marke
Fallschirmspringer. Ich gehe zu Boden, lande direkt neben meinem Hut. Glocken
läuten, und sechsunddreißig Feuerwerkskörper explodieren in meinem Schädel.
Ton-Licht-Show für Nestor! Leider kann ich sie nicht lange genießen. Eine
Sekunde später verliere ich das Bewußtsein.
Herzlich willkommen in der Heimat!
Der Späher, die Blondine und der
aufrechte Zeuge
Daß Dacosta, mein Klient wider Willen,
ein Sägewerk betreibt, ist sein gutes Recht, aber kein hinreichender Grund,
meinen Schädel mit einer Stichsäge zu zersägen. Bei genauerem Hinhören erkenne
ich jedoch, daß es gar keine Säge ist, sondern das Telefon, dessen Läuten sich
in meinen Kopf bohrt.
Es ist Tag, und die Sonne brennt
unbarmherzig auf die Stadt herab. Ich bin schweißgebadet. Vollständig angezogen,
aber nicht gerade anziehend und schon gar nicht temperamentvoll liege ich auf
dem verrutschten Teppich meines Hotelzimmers, genau an der Stelle, an der ich
aus den Latschen gekippt bin. Meine Bewußtlosigkeit muß wohl direkt in Schlaf
übergegangen sein, ohne daß ich es bemerkt habe. So etwas ist mir auch noch nie
passiert! Gegen neuartige Erfahrungen kann man nichts machen. Auch gegen das
Telefonklingeln kann man nichts machen. Ich rapple mich mühsam hoch, und mit
beträchtlicher Anstrengung, sicherem Blick und unsicherer Hand gelingt es mir,
den Hörer abzunehmen und so das läutende Ungetüm zum Schweigen zu bringen.
„Hallo!“ seufze ich und lasse mich auf
mein Bett sinken. „Guten Tag, Monsieur. Eine Dame möchte Sie...“
„Aber ich möchte keine Dame. Schicken
Sie sie weg. Ich habe keine Dame verlangt.“
„Entschuldigen Sie, Monsieur, aber die
Dame verlangt Sie. Am Telefon. Madame Lambert.“
„Na schön, dann geben Sie mir die
Dame... Hallo, hier Nestor Burma.“
Ich sehe auf meine Armbanduhr. Ich
schaffe es sogar, die Stellung ihrer Zeiger zu erkennen. Es ist kurz nach zehn.
„Guten Morgen, mein Lieber“, säuselt
eine Altstimme mit pied-noir- Akzent. „Hier Laura Lambert. Habe ich Sie
aus dem Bett geworfen?“
„Nicht direkt. Aber ich lag ganz in
der Nähe... Wie geht es Ihnen?“
„Ich habe das Gefühl, daß ich Ihnen
diese Frage stellen muß. Sie machen einen ziemlich benommenen Eindruck.“
„Ich bin benommen. Bestimmt der
plötzliche Klimawechsel... oder der Absinth von Vater Dacosta.“
„Mein Gott! Haben Sie das abscheuliche
Zeug etwa getrunken?“
„Ja, und gleich zweimal: zum ersten
und zum letzten Mal. Das schwöre ich beim Leben von Marisa Mell.“
„Wer ist Marisa Mell?“
„Die verführerische Schönheit aus Ziel:
foo Millionen. In dem Film...“
„Verschonen Sie mich mit Ihren Schönheiten!
Reden wir lieber von ernsthafteren Dingen. Heute früh habe ich Dorville
angerufen, um ihn daran zu erinnern, daß er Sie vom Bahnhof abholen wollte. Von
ihm erfuhr ich, daß Sie bereits hier sind und sogar noch spät in der Nacht mit
Dacosta über die Sache gesprochen haben.“
„Stimmt.“
„Ich freue mich, daß Sie keine Zeit
verlieren. Sobald Ihre vorübergehende Unpäßlichkeit... äh... vorübergegangen
ist, werden Sie sich der Sache bestimmt entschlossener widmen als diese beiden
Waschlappen Dorville und Dacosta, nehme ich an! Die zwei machen mir Spaß! Wenn
ich ihnen nicht den Marsch geblasen hätte, würden sie immer noch dasitzen und
auf ein Wunder warten. Ich mußte mich beinahe mit ihnen prügeln, damit sie Sie
endlich anriefen.“
„Ja, Herr Feldwebel“, murmelte ich.
„Wie? Was brummen Sie da in Ihren
Bart?“
„Nichts, nichts... Ich habe nur
gegähnt. Nicht sehr höflich von mir, entschuldigen Sie. Aber ich schlafe noch
halb.“
„Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen!
Ich wußte nicht, daß Sie nicht auf dem Damm sind. Allerdings hätte ich Sie
ohnehin nicht später anrufen können. In einer Viertelstunde reise ich ab, um
ein paar Ärzte im nächsten Departement zu besuchen. Vor Sonntag oder Montag
komme ich nicht zurück. Vor meiner Abreise wollte ich Ihnen danken, daß Sie
sich so schnell herbemüht haben, und Ihnen viel Glück wünschen. Ich mache mir
Sorgen wegen Agnès... Was kann ihr wohl passiert sein? In letzter Zeit ist sie
der väterlichen Autorität zu sehr entglitten, aber im Grunde ist sie ein liebes
Mädchen. Die Sache bereitet mir ein wenig Kopfschmerzen. Aber zu wissen, daß
Sie den Fall in die Hand nehmen, beruhigt mich. Wenn ich
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