Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Einschaltquoten bekommen.«
»Ich gebe Ihnen meine Adresse, damit Sie mir einen Boten schicken können«, entgegnete Fran barsch. Sie hoffte, daß sie so wütend klang, wie sie sich fühlte.
»Ich verbinde Sie mit meiner Sekretärin. Auf Wiedersehen, Miss Simmons.«
Nach dem Telefonat stand Fran auf und ging zum Fenster. Eigentlich wurde sie in der Maske erwartet, aber sie brauchte zuerst Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Sie verabscheute Philip Matthews von ganzem Herzen, ohne ihn zu kennen. Allerdings mußte sie auch zugeben, daß er aufrichtig bemüht war, Molly zu beschützen.
Fran ertappte sich bei der Frage, ob jemals versucht worden war, eine andere Erklärung für Gary Laschs Tod zu finden. Mollys Eltern und Freunde, Philip Matthews, die Polizei, der Staatsanwalt, der sie angeklagt hatte – sie alle waren von Anfang an von ihrer Schuld überzeugt gewesen.
Und ich ebenfalls, dachte Fran. Vielleicht sollte man mal von einer anderen Voraussetzung ausgehen.
Molly Carpenter Lasch hat ihren Mann Gary Lasch nicht getötet , sagte sie sich und ließ die Worte auf sich wirken. Sie überlegte, wohin das wohl führen mochte.
27
N achdem Annamarie Scalli am Freitag nachmittag ihren letzten Patienten versorgt hatte, ging sie sofort nach Hause. Ihr graute schon vor dem endlos langen Wochenende, das vor ihr lag. Seit sämtliche Fernsehsender am Dienstag morgen über Molly Laschs Haftentlassung berichtet hatten, hatten die meisten von Annamaries Patienten mit ihr über den Fall sprechen wollen.
Ihr war klar, daß die alten Leute damit keine Absicht verfolgten und daß sie nichts von ihrer Verwicklung in die Angelegenheit ahnten. Ihre Patienten waren ans Haus gefesselt und hatten keinen anderen Zeitvertreib, als sich immer wieder dieselben Nachrichtensendungen und Seifenopern anzusehen. Ein Verbrechen, das in der
näheren Umgebung passiert war, bedeutete einfach eine willkommene Abwechslung. Schließlich handelte es sich um eine wohlhabende junge Frau, die den Mord an ihrem Mann abstritt, obwohl sie sich des Totschlags schuldig bekannt und deshalb einige Jahre im Gefängnis verbracht hatte.
Die alte Mrs. O’Brien vertrat die radikale Ansicht, ein untreuer Ehemann habe nichts Besseres verdient. Mr. Kunzmann hingegen meinte, als mittellose Schwarze wäre Molly Lasch sicher zu zwanzig Jahren verurteilt worden.
Gary Lasch war es nicht wert, seinetwegen auch nur einen Tag im Gefängnis zu sitzen, dachte Annamarie, als sie die Tür zu ihrer Parterrewohnung aufschloß. Ein Jammer, daß ich damals nicht klug genug war, das zu merken.
Ihre Küche war so klein, daß die Kombüse eines Flugzeugs daneben geräumig gewirkt hätte. Da Annamarie wußte, daß es sie nur deprimieren würde, in alten Erinnerungen zu kramen, beschloß sie wegzufahren. Es fiel ihr nur ein Ort ein, an dem sie Trost finden konnte. Lucy, ihre ältere Schwester, wohnte noch in ihrem ehemaligen Elternhaus in Buffalo. Seit dem Tod ihrer Mutter besuchte Annamarie sie nur noch selten, doch an diesem Wochenende mußte es sein. Nachdem sie ihre Einkäufe weggeräumt hatte, griff sie zum Telefon.
Eine Dreiviertelstunde später warf sie die rasch gepackte Reisetasche auf den Rücksitz ihres Autos und ließ, inzwischen ein wenig besser gelaunt, den Motor an. Die Fahrt war zwar lang, aber das störte sie nicht, denn so hatte sie wenigstens Zeit zum Nachdenken. Sie empfand hauptsächlich Reue. Vor allem bedauerte sie es, daß sie nicht auf ihre Mutter gehört und daß sie so naiv gewesen war. Und sie verabscheute sich selbst, weil sie sich auf Gary Lasch eingelassen hatte. Wenn sie sich doch nur stärker bemüht hätte, tiefere Gefühle für Jack Morrow zu entwickeln.
Warum hatte sie nicht wahrhaben wollen, wie lieb sie ihn inzwischen gewonnen hatte?
Wieder schämte sie sich, als sie sich an sein Vertrauen und seine Zuneigung erinnerte. Sie hatte Jack Morrow wie alle anderen an der Nase herumgeführt. Niemand hatte vermutet, daß sie eine Affäre mit Gary Lasch hatte.
Obwohl sie erst nach Mitternacht ankam, hatte ihre Schwester Lucy den Wagen gehört und erwartete Annamarie an der Tür. Überglücklich griff Annamarie nach ihrer Tasche, und kurz darauf fiel sie ihrer Schwester in die Arme. Nun würde sie wenigstens ein Wochenende lang keine Gelegenheit haben, in Grübeleien zu versinken und sich auszumalen, daß alles auch ganz anders hätte kommen können.
28
E rschrocken fuhr Edna Barry am Samstag morgen aus dem Schlaf hoch. Heute wollte die Reporterin
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